63 || Ganz ohne Verletzung. Ganz ohne Mord.

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Ohne länger zu warten, folgte ich dem Geräuschpegel und rannte die teilweise eingebrochenen Treppenstufen hinauf. Jede einzelne Stufe knarzte und quietschte unter mir. Meine Atmung wurde immer flacher und mein Herz pochte immer lauter und schneller, je näher ich dem Geschrei kam.

Und plötzlich landete ich in einem Kampf zwischen Sinan, Paola und Dereck. Letzterer hielt das gefundene Amulett fest umschlossen in seiner Faust, während er immer wieder ihren Angriffen auswich. Ich konnte erkennen, dass er bereits zu geschwächt war, um selbst austeilen zu können.

Ratlos darüber, wie ich ihm helfen sollte, sprang ich auf Sinans Rücken, woraufhin er das Gleichgewicht verlor und auf mich fiel. Ich stöhnte unter seinem schweren Körper auf und klammerte mich fest an ihn. Was ich damit bezwecken wollte, wusste ich auch nicht so genau, aber ich musste Dereck irgendwie helfen.

"Sieh mal einer an", knurrte Sinan und mit einer blitzschnellen Drehung saß er auf meinem Becken und blickte schmunzelnd zu mir herab. Ich hörte, wie Paola Dereck gegen die Wand schleuderte und dieser erneut vor Schmerzen aufschrie.

Mit einem Ruck riss Sinan meinen Arm auf meinen Rücken, sodass ich die Zähne fest aufeinander biss und versuchte, den ziehenden Schmerz zu unterdrücken. Wenn er mir die Knochen brechen würde, dann wäre ich erst recht nutzlos.

"Hast du mich vermisst?", raunte mir Sinan ins Ohr und ich spürte, wie dicht sich seine Lippen an meinem Ohr bewegten. "Weißt du, wenn dein Freund uns das Amulett wieder gibt, bist du aus dem Schneider, Brenda. Ganz ohne Verletzung. Ganz ohne Mord."

Er verfestigte seinen Griff und drückte meinen Arm noch höher, worauf ich mit den Schmerzen zu kämpfen hatte. Ich hielt den Atem an, als Sinan mit seinen spitzen Zähnen leicht in mein Ohrläppchen biss.

"Ich muss trotzdem zugeben, dass ich hungrig bin", murmelte er gehässig. Ich konnte seine feuchte Zunge an meinem Hals spüren.

Auf einmal wurde Sinan von Dereck weggerissen und die beiden landeten in einem blutigen Kampf. Denn Sinan konnte Dereck mit seinen Klauen an der Schulter schwer verletzen.

Die beiden Todesengel widmeten ihre volle Aufmerksamkeit dem Jungen, der das Amulett immer noch in der Hand hielt. Er würde es um keinen Preis hergeben - selbst wenn er dafür draufgehen müsste. Verzweifelt starrte ich auf meine Kette und fragte mich, warum Lucifer sich nicht langsam mal auf den Weg machte.

Die Todesengel haben Dereck nun in die Ecke getrieben. Ich suchte nach einem brauchbaren Gegenstand, den ich einem von ihnen an den Kopf hauen könnte. In diesem Moment baute ich mit Dereck Augenkontakt auf und er schleuderte mir das Amulett entgegen.

Leider habe ich damit überhaupt nicht gerechnet, denn ehe ich meinen Arm anheben konnte, zischte es an meinem Kopf vorbei. Direkt hinter mir zerschmetterte es an der Wand in tausend Stücke. Erschrocken starrte ich auf die Wand, an der die rote Flüssigkeit - das Blut des Todesengels - hinab lief.

"Fuck!", schrie Paola, die ebenso dahin starrte und ihren eigenen Augen wohl nicht trauen konnte. Der Situation nach zu urteilen, musste das Sinans Amulett gewesen sein. Denn er schaute von mir zu Dereck und wurde von Paola beschützt, die sich wie eine Mauer vor ihm aufbaute.

"AUF IHN!", brüllte mich Dereck an und stürmte ohne eine weitere Sekunde zu verlieren auf Sinan los. Der Junge war nun geschwächt. Der Todesengel mochte noch in seinem Körper sein und ihn steuern, allerdings existierte keine Lebensquelle mehr, von der er sich ernähren konnte.

Außerdem rannte die Zeit. Wenn wir Sinan wirklich umbringen wollten, dann mussten wir uns beeilen. Im schlimmsten Fall würde das Amulett heil und vollständig den Weg zurück zu ihm finden, wie es Lucifers Amulett damals auch bei mir getan hatte.

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