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Kylie hatte sich schon ewig nicht mehr gemeldet und ich hatte keine Ahnung was ich tun sollte. Ihn kontaktieren half nichts, er hatte mich auf WhatsApp blockiert und auf Instagram ignorierte er meine Nachrichten einfach. Seinen Namen auf Twitter wusste ich nicht und Facebook hatte er schon lange nicht mehr. Er hatte mir jede Möglichkeit genommen, mit ihm Kontakt aufzunehmen.

Was konnte ich also noch tun? Nichts eigentlich, oder? „Vielleicht solltest du einmal bei ihm zu Hause vorbeifahren?" schlug Ian vor. „Ist das dann nicht etwas stalkerhaft? Sowas macht man doch nicht!" erklärte ich und er zuckte mit den Schultern. „Mir fällt aber auch nichts anderes ein, das du tun könntest."

Er hatte recht, es gab eigentlich nichts anderes. „Aber bevor ich dich fahre, musst du was essen. Nur weil dein Freund sich nicht mehr meldet, kannst du nicht einfach aufhören zu essen!" schimpfte er mich. „Ich hab nunmal keinen Hunger, das ist manchmal sicher auch bei dir so, oder?" ich stand vom Tisch auf.

„Und auch wenn du keinen Hunger hast, es ist schädlich für dich, wenn du nichts isst!". Ian bestand tatsächlich darauf, das ich zumindest ein paar Löffel Reis mit Ketchup aß, bevor wir fuhren. Es schmeckte wirklich gut, aber ich fühlte mich die ganze Zeit schuldig. Denn ich hatte mir eigentlich vorgenommen nicht so viel zu essen. Und ich wollte das auch durchhalten!

Als ich aus dem Auto ausstieg und die Tür hinter mir zuschlug, überkam mich schon ein komisches Gefühl, denn die Fenster der Wohnung, in der Kylie lebte, waren nicht mehr mit Vorhängen bestückt, was ich von hier untern gut sehen konnte, denn Kylies Gardinen waren Knallpink und stachen normalerweise sofort heraus.

Ich klingelte bei Kylie, aber dort machte, zu meiner nicht allzu großen Überraschung, niemand auf. Also versuchte ich es bei Kylies Nachbarn, Mister Baker, ein gemütlicher alter Mann, mit hang zur Melancholie und einer Liebe für Alkohol, welcher mir, nachdem ich ihm meinen Namen genannt hatte, aufmachte.

Die Treppen waren so anstrengend wie immer, nur das ich diesmal in jedem Stockwerk eine Pause machen musste, weil meine Beine so weh taten. Ich war wirklich nichts gewohnt, schlimm sowas. Neben meinen schmerzenden Beinen war ein weiterer Faktor dafür, dass ich mich nicht sonderlich beeilte, dass ich Angst hatte, wie Kylie reagieren würde.

Immerhin würde ich einfach so vor seiner Tür stehen, nachdem der geflüchtet war, als ich ihm meine Liebe gestanden hatte. Das war eine peinliche Situation für uns beide gewesen und er wollte sicher Genaus wenig darüber reden wie ich. Aber ich wollte mit ihm darüber reden, denn ich liebte ihn, wie gesagt und es war für mich von größter Bedeutung, dass wir uns wieder verstanden und er mich endlich auf WhatsApp entblockte!

'Vor der Tür stehen und nichts machen hilft nichts Finn!' sagte ich zu mir selbst. Natürlich half es nichts, aber ich hatte Angst davor, zu klopfen. Ganz langsam hob ich meine Hand und klopfte kurz an der Tür. Mein Herz schlug mir bis zum Hals und ich war darauf vorbereitet, gleich Kylie zu sehen, welcher seinen Kopf nach draußen strecken würde, um nachzuschauen, wer geklopft hatte.

Das war aber nicht der Fall. Es passierte gar nichts. Niemand öffnete die Tür, auch wenn ich die nächsten fünf Minuten einfach nur dastand und auf eine Reaktion von drinnen wartete. Vielleicht war er gerade in der Uni?

„Hallo Finn! Holst du deine Sachen?" Kylies Nachbar war aus seiner Wohnung gekommen und lächelte mich freundlich an. „Nein, ich wollte eigentlich zu Kylie, aber er ist anscheinend nicht da. Könnten sie ihm sagen das ich hier war, wenn er wieder von der Uni kommt?" bat ich den älteren Herrn, welcher nur die Stirn runzelte.

„Jetzt verstehe ich auch, was er damit meinte, dass du kommen würdest. Hat er es dir nicht gesagt?" fragte er. „Was gesagt? War es etwas wichtiges?" „Naja, Kylie wohnt hier nicht mehr." bekam ich als Antwort, und musste mich erst einmal am Treppengeländer einhalten. „Was? Warum? Wo wohnt er jetzt?" ich ballte meine Hand zu einer Faust. Er wollte mich also wirklich nie wieder sehen?

Mister Baker trat besorgt an mich heran. „Komm Finn, du solltest dich irgendwo hinsetzen!" rief er mir und führte mich am Arm in seine Wohnung.

„Danke." ich nahm das Glas, welches etwas Whiskey beinhaltete, an mich und trank einen Schluck daraus. Der Schnaps brannte in meinem Rachen, aber er tat gut und mein Bauch fühlte sich warm an. Gar nicht mehr so hungrig wie gerade noch. „Immer wieder gern. Du siehst überhaupt nicht gut aus." er setzte sich neben mich und schüttete sich ebenfalls etwas aus der Flasche in ein Glas.

Mir ging es auch überhaupt nicht gut. Ich konnte nicht begreifen, was ich gerade erfahren hatte. „Erzählen sie mir was passiert ist." forderte ich ihn auf und er holte tief Luft. „Er ist vor etwa einer Woche heimgekommen und hat einfach angefangen, seine Kartons zu packen. Ich habe dann natürlich gefragt was los sei, und als Antwort habe ich nur bekommen, dass ich dir den Karton geben soll, der jetzt in meiner Küche steht.

Er hat mir auch erklärt, dass er jetzt in Minnesota studiert und das er es hier nicht mehr aushält. Naja, junge Leute eben, ständig auf der Suche nach sich selbst, das kennst du bestimmt, oder? Ich habe dann nicht nachgefragt, warum oder wie, aber es war anscheinend etwas, dass schon länger für ihn feststand." erzählte er und ich konnte nur den Kopf schütteln.

„Ich habe ihm doch nur meine Liebe gestanden, das ist schon etwas überreagiert, oder nicht? Warum ist er so? Warum bin ich so? Ich hab es vermasselt!" warf ich mir vor. Nach Minnesota? Das war so weit weg von mir! Und vor allem konnte ich ihm nicht nach da folgen! Das war schrecklich!

Sein Ziel war es anscheinend gewesen, mich vollständig aus seinem Leben auszuschließen, und das hatte er geschafft. Es gab keine Chance zu ihm zu kommen. Obwohl...

„Hallo? Mister Baker? Sind sie da?" jemand kam in die Wohnung und sah uns beide auf der Couch sitzen. „Oh, hallo Finn. Du weißt es jetzt also." Samira lächelte mich ermutigend an. „Wo ist er? Du weißt es! Du musst es wissen!" ich sprang von der Couch auf und warf mich an ihren Hals. „Bitte sag es mir Samira! Bitte! Ich gebe dir alles was du willst! Alles!" bettelte ich, aber sie schüttelte den Kopf.

„Kylie hat mich gebeten, es vor dir geheim zu halten. Er sagt das er schlecht für dich ist, und du etwas besseres als ihn verdient hast!" sie drückte mich von sich weg. „Samira! Du musst es mir einfach sagen!" ich schubste sie von mir weg, sodass sie gegen die Wand stolperte. „Finn, ich muss gar nichts. Und wenn Kylie sagt, er will nicht das du zu ihm kommst, dann tust du das auch nicht!" drohte sie mir.

Enttäuscht ließ ich die Schultern sinken und mich zurück auf die Couch fallen. „Verdammt. Warum seid ihr alle so zu mir?" fragte ich und sie schüttelte den Kopf. „Glaub mir, Kylie wollte dir bestimmt nicht wehtun!" „Ach nein? Vielleicht ist er deswegen auch in einen anderen Bundesstaat geflohen, nur um seine Ruhe vor mir zu haben?" heiße Tränen liefen über meine Wangen und ich war auf der Couch in mich zusammengesackt. Was sollte ich jetzt bloß machen? 

Wanted to be lovedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt