Kapitel 5

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Ich holte tief Luft und öffnete vorsichtig die Tür. Ein hübsches Mädchen mit dunklen Haaren und blauen Augen stand von ihrem Bett auf und kam auf mich zu. Ich schätze, sie ist ungefähr in meinem Alter, vielleicht etwas älter.

Sie blieb vor mir stehen und lächelte mich freundlich an. "Hey du musst die Neue sein. Ich bin Alaska! Freut mich dich kennen zu lernen.", sie wollte mich umarmen doch ich wich etwas eingeschüchtert zurück. Sie verstand offenbar. "Wie heißt du?", fragte sie neugierig. "Alissa.", murmelte ich während ich nervös an meinem Verband herumspielte. Ich hatte den Kopf gesenkt und versuchte Alaskas Blick auszuweichen. Mir war nicht nach reden und mein Selbstbewusstsein hatte sich wohl endgültig verabschiedet.

Plötzlich legte Alaska ihre Hand auf meine Schulter. Ich hob erschrocken den Kopf und sah direkt in ihre eisblauen Augen. Sie legte den Kopf schief und lächelte sanft. "Hey ist schon okay. Ich weiß, das ist grade alles nicht leicht für dich aber ich verspreche dir, es wird besser. Du musst mir auch nichts erklären wenn du nicht möchtest okay?", sagte sie mitfühlend.

Ich war überrascht. Ich hätte erwartet, dass sie mich ausfragen würde aber das tat sie nicht. Irgendwie mochte ich sie. Sie zeigte in diesen wenigen Sekunden mehr Verständnis als es sonst jemand jemals für mich getan hatte.

Ich lächelte sie leicht an. "Dankeschön.", sagte ich immernoch etwas schüchtern. "Ähm...wo kann ich meine Sachen abstellen?", fragte ich zögernd und deutete auf meinen Koffer. "Stell sie einfach irgendwo ab. Schließlich ist es jetzt auch dein Zimmer", sagte sie mit einem Grinsen auf dem Gesicht. "Ich werde dir auch morgen noch alles zeigen, damit du dich etwas zurechtfinden kannst. Ach und falls du sonst noch etwas brauchst frag mich einfach.", ergänzte sie mit einem Zwinkern und setzte sich wieder auf ihr Bett, schlug ein blaues Heft auf, nahm einen Bleistift aus dem Mäppchen, welches neben ihr lag und begann  darin zu zeichen.

Ich warf einen flüchtigen Blick auf ihre Zeichnung oder sollte ich eher sagen Meisterwerk? Alaska hatte wirklich Talent. Sie hatte einen Wolf auf das Blatt gezaubert, der so schön war, dass ich wie hypnotisiert darauf starrte.

"Wow", flüsterte ich leise. Alaska hob den Kopf und lächelte mich verlegen an. "Danke.", sagte sie schüchtern. Sie strich sich eine Haarsträne aus dem Gesicht und beugte sich wieder über ihre Zeichnung.

Ich schob meinen roten Koffer zu dem Bett, welches neben Alaskas stand, stellte ihn ab und warf meine Tasche darauf. Mein Blick wanderte durch den Raum. Die blauen Wände waren nicht wirklich mein Geschmack aber ansonsten hätte ich es mir wirklich schlimmer vorstellen können. Es gab ein Bad für jedes Zimmer wofür ich wirklich sehr dankbar war. Neben jedem der drei Betten gab es einen eigenen Kleiderschrank und eine kleine Pinnwand für Notizen. Alles in allem eigendlich ganz süß aber das heißt noch lange nicht, dass es mir hier gefallen wird...

Nachdem ich meine Klamotten in den Schrank einsortiert hatte, beschloss ich mich umzuziehen. Ich schnappte mir ein schwarzes T-Shirt und eine grüne Boxershorts aus dem Schrank und verschwand ins Bad.

Ich versuchte so gut es ging dem Spiegel auszuweichen doch es gelang mir nicht wirklich. Um genau zu sein gelang es mir gar nicht. Ich starrte mein Spiegelbild an. Sie dich nur an. Schau wie fett du bist. Du wirst niemals Freunde finden so lange du so aussiehst.

Die Stimmen in meinem Kopf haben Recht. Ich bin fett, ich habe keine Freunde und ich würde auch keine finden. Und obwohl ich das alles schon längst wusste traf es mich immer wieder. Ich versuchte immer zu verdrängen, dass ich anders war. Oft blieb ich lange wach und dachte nur darüber nach, warum ausgerechnet ich nicht normal sein kann. Warum bin ich anders? Solange ich denken kann, wollte ich immer nur eins: Dazu gehören. Aber das ist nicht möglich, wenn man so ist wie ich...

Ich wendete den Blick vom Spiegel sb und schüttelte den Kopf so als würde ich versuchen, meine Gedanken von mir abzuschütteln. Ich zog mich schnell aus ohne den Spiegel auch nur eines Blickes zu würdigen und sprang unter die Dusche. Ich ließ das warme Wasser über meinen Rücken laufen. Es entspannte mich und ich schloss die Augen.

Dummerweise vergaß ich, den Verband abzunehmen, welcher jetzt komplett durchnässt war. Na super,und ich hatte nicht einmal einen zum Wechseln dabei. Eines stand fest. So konnte ich bestimmt nicht raus gehen, sonst würde Alaska meine Schnitte sehen und das war wirklich das Letzte, was ich noch gebrauchen konnte. Aber mir würde wohl nichts anderes übrig bleiben.

Vorsichtig nahm ich den Verband ab. Meine Schnitte taten immernoch weh doch das störte mich nicht. Erst jetzt bemerkte ich, wie groß und tief sie wirklich waren. Ich erschrak ein wenig bei dem Anblick. Ich hatte noch nie so tief geschnitten. Doch die Tatsache, dass ich keine Hemmung davor hatte, zeigte mir, wozu ich fähig war, wenn ich etwas wollte.

Nachdem ich mich abgetrocknet hatte, zog ich meine Schlafsachen an und kämmte mir die Haare. Ich öffnete leise die Tür und trat aus dem Bad. Ich schlich leise wie Katze und verdeckte mit der rechten Hand meine Schnitte in der Hoffnung, Alaska würde es nicht bemerken. Doch es war zu spät...

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A/N: Sorry, dass es schon wieder so lange gedauert hat aber ich bin grade im Urlaub und hab eigendlich kaum Zeit zum schreiben. Ich hatte schon den größten Teil auf der Hinfahrt nach Spanien geschrieben aber bin halt noch nicht fertig gewesen, deshalb kommt es erst jetzt online. Ich hoffe ihr könnt mir verzeihen.
Wenn euch das Kapitel gefallen hat lasst doch gerne einen Kommentar da oder votet.

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