Kapiel 14: Nathan

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  „Nathan ist nicht hier." 

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 Bei den Worten stockte mir der Atem.
Wo ist er? Ist ihm was passiert? Hat Valentin ihn getötet oder einer der anderen?
Panik überfiel mich und ich sah Adam, der immer noch regungslos auf der Treppe stand eindringlich an.
"Er ist noch nicht hier.", verbesserte sich Adam, der meine Panik wohl mitbekommen hatte und sich entschuldigend am Hinterkopf kratzte. "In deinem Zimmer findest du Sachen, bedien dich gerne.", fügte er noch hinzu.  Ich blickte an mir herab. Ich trug nur ein langes schwarzes T-Shirt, welches mir bis zu den Knien ging und definitiv nicht mir gehörte. Wärme sammelte sich in meinen Wangen. Mit einem roten Kopf lief ich, ohne ein weiteres Wort direkt an ihm vorbei in mein Zimmer.

Bestimmt 20 Minuten wühlte ich in den Klamotten, die im Kleiderschrank und in der Kommode verstaut waren. Ich fragte mich nicht mehr, wie sie dahin gekommen waren, mich wunderte eigentlich nichts mehr.  Einige Kleidungsstücke waren aus dem Zimmer, in das mit Valentin gesteckt hatte. Übelkeit überkam mich bei dem Gedanken an die Zeit in seiner Gefangenschaft. Die Gedanken verflogen jedoch, als ich einige Sachen aus meiner Wohnung erkannte. Meine Lederjacke, einige meiner Shirts und mein schwarzer Lieblingshoodie. 

Ich schnappte mir den Hoodie, eine blaue Jeans, frische Unterwäsche sowie meine weißen Converse und ging zu der Tür, rechts von meinem Bett, hinter der ich das Badezimmer vermutete.
Es war ein sehr schlichtes, aber großes Bad und als ich die Badewanne entdeckte, ließ ich direkt Wasser ein. 

Als das heiße Wasser meinen nackten Körper umhüllte, schloss ich meine Augen und versuchte mich zu entspannen. Es war als würde ein Stück der Last und des Drecks abgewaschen werden.
Ich dachte über alles nach, was geschehen war und dann wanderten meine Gedanken zu ihm. Nathan. Zu dem Traum. Zu diesen dunklen, grünen Augen. Ich merkte wie mein Herz schneller schlug. Er hatte mein Leben gerettet. Er hat mich da rausgeholt. Er hatte mich vor Liam beschützt und vor Valentin.

Ich band meine nassen Haare zusammen, als ich aus der Badewanne stieg und mir eines der super weichen weißen Handtücher umwickelte, die am Rand des Waschbeckens lagen.

Ich schlüpfte in meine Sachen und öffnete die Tür. 
Vor Schreck stolperte ich ein paar Schritte zurück. Eine dunkle Gestalt saß auf meinem Bett und ließ sich durch die Dunkelheit im Zimmer kaum erkennen. Obwohl sitzen konnte man es nicht nennen. Die Gestalt war in sich zusammengefallen und sah als würde sie gleich tot vom Bett kippen.

"Isa...", hauchte die Stimme kaum hörbar und schaffte es nicht meinen kompletten Namen auszusprechen.
Doch ich erkannte seine Stimme sofort, hockte mich vor ihm hin und legte meine Hände auf seine Knie.
"Was ist los mit dir?", fragte ich besorgt. Er war blass, blasser als sonst, seine Kleidung war zerrissen. Ich blickte in seine Augen, doch das schön Grün war umhüllt von einer gefährlichen Dunkelheit. Er sah mich erschöpft an, er sah aus wie der Tod.
Ich hatte Angst, doch ich verharrte regungslos vor ihm, blickte in seinen Augen und wartete ab, was er sagen würde.
"Mir geht es nicht so gut.", murmelte Nathan, der wie ein Häufchen Elend vor mir saß. Ich kämpfte gegen das Gefühl, ihn in den Arm zu nehmen. Er tat mir so schrecklich leid.
"Kann ich dir irgendwie helfen?", wolle ich nun von ihm wissen. Ich musste irgendwas für ihn tun, er hat so viel für mich getan.
"Ich muss gehen.", erwiderte er und wich fast wegen der Schroffheit in seiner Stimme zurück. Das tat weh. Nathan versuchte sich aufzurappeln, versagte aber kläglich und sackte wieder in sich zusammen. "Sag mir, wie ich dir helfen kann. Bitte.", forderte ich ihn auf. Meine Hand strich über seine Wange und er zuckte fast unmerklich zusammen.
"Ich muss heilen, ich hab mich verletzt, aber ich wollte dich sehen." Mein Herz macht einen Satz. Ich betrachtete ihn in seiner Gesamtheit, er war wunderschön. Selbst jetzt, wenn er echt aussah, war er echt wunderschön. Alles an ihm.
Ich verscheuchte meine Gedanken schnell.  
"Ich brauche Blut."
Mein Herzschlag verlangsamte mich und ich wieder unsanft daran erinnert, was er war, was passiert war und in was für einer Gefahr ich mich eigentlich die ganze Zeit befand. Ein Anflug von Angst überkam mich, aber ich wollte es ihm nicht zeigen. 
Ich dachte über Möglichkeiten nach, an Blut zu kommen. Ich könnte jemanden auf der Straße... nein, wahrscheinlich eine schlechte Idee. Gibt es da irgendeine Nummer, die man anrufen kann?
Ich überlegte hin und her, doch es kam nur eine Lösung für das Problem und die gefiel mir überhaupt nicht.

Nun nahm ich sein Gesicht in beide Hände, atmete tief durch und sagte etwas, von dem ich nie geglaubt hätte, dass ich es jemals sagen würde."Du kannst von mir trinken. Nimm mein Blut."
Die Vorstellung machte mir Angst, doch ich war es ihm schuldig. Er hat soviel für mich getan. Er wird mich töten. Ich bin es ihm schuldig. 

Zu meiner Überraschung schüttelte Nathan heftig den Kopf. "Das geht nicht, ich kann nicht.", erwiderte er. Er schien über das Angebot überrascht zu sein, doch es hörte sich auch an, als wenn Angst in seiner Stimme mitschwang. Ich verwarf den Gedanken.
Entschlossen stand ich auf und sah mich suchend im Zimmer um. Das könnte gehen. Ich steuerte direkt auf das Waschbecken im Bad und nahm den Gegenstand, den ich gesehen hat. 
Es gab einen Knall und Glas splitterte. Nathan sah gestockt und verwirrt zu mir auf.
Ich nahm eine der Scherben von dem Glas, das ich runtergeworfen hatte und lief zurück zu Nathan.
"Nein, nein tu das nicht! Bitte.", flehte er nervös und rutschte an das Kopfende des Bettes, weg von mir.
Ich setze mich ruhig gegenüber von ihm auf das Bett und setzte die Klinge an meiner Halsschlagader an.
Das wird wehtun.


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