TEIL 1

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i'd rather keep it secret

until we

reach it


Montag, 02:01 morgens

Louis' Hand, auf der Innenseite meines Oberschenkels, rutscht ein Stück höher, als er sich zu mir beugt und mich verschlafen nach der Uhrzeit fragt. Es ist spät. Die Sonne ist vor Stunden untergegangen und durch das Autofenster sehen wir nur noch die Spiegelungen unserer müden, fahlen Gesichter und die grellen Lichter der Leitpfosten, die in regelmäßigen Abständen an uns vorbei ziehen.

Ich schiebe den Ärmel meines Pullovers zur Seite und sehe auf die Armbanduhr, die mir mein Vater kurz vor meinem ersten Auftritt geschenkt hat. Sie ist alt und abgenutzt, das Band an den Rändern schon eingerissen. „Kurz nach zwei", flüstere ich zurück.

Louis seufzt leise in mein Ohr. Sein Kopf ist schwer an meinem. Er hat die letzte Stunde geschlafen, den Kopf mal auf meiner, mal auf Nialls Schulter, selten an der Rückenlehne. Er ist gierig nach Körperkontakt, jetzt noch mehr, weil sich die Sommerluft durch den Wind abgekühlt hat. Es ist eine Eigenschaft, die mich wahnsinnig irritiert hat, als wir uns kennengelernt haben. Es passiert meistens, wenn er müde ist. Er scheint dann überall zu sein, scheint sich auszudehnen. Sein Atem ist schwer und auch wenn er bloß neben mir sitzt, bloß an mich gelehnt ist, habe ich das Gefühl, dass er das Auto ausfüllt.

Mein Blick huscht zu seinen Händen. Die Linke liegt unverändert auf meinem Bein. Die Rechte auf Nialls Bein. Ich drücke meine Wange gegen seine warme Stirn und während ich genau dort hinsehe, auf seine Hände und unsere Beine, dreht das Radio automatisch lauter, schaltet die Musik aus, um eine Eilmeldung durchzugeben.

„Das geht wieder an euch Autofahrer, die trotz des Sturms immer noch unterwegs sind. Auf der Linie 3 hat sich der Stau nochmal zeitlich verdoppelt, Grund dafür sind Unfälle. Die Wartezeit beträgt sechs Stunden, es empfiehlt sich dringend, die Umleitungen zu nehmen oder an Raststätten das Schlimmste abzuwarten. Gebt acht auf umstürzende Bäume und behaltet euer Lenkrad gut im Griff. Wir halten euch auf dem Laufenden!"

Ein schiefes Pfeifen folgt. Dann setzt das eben unterbrochene Lied fort, zittrig und störrisch, wie von einer kaputten Kassette. Zayn, vorne auf dem Beifahrersitz, fummelt an dem Frequenzregler herum, um das Rauschen zu dämmen, aber es wird nur noch stärker. Schließlich flucht er und schaltet das Radio aus.

„Mach es wieder an", bittet Liam, der mit beiden Händen das Steuer festhält und den Blick starr auf die Autobahn vor uns gerichtet hat. Ich sehe seine müden Augen im Spiegel. „Ich will keine wichtigen Meldungen verpassen."

„Das Rauschen macht mich wahnsinnig."

Louis atmet aus. Sein Mund liegt dabei so nah an meinem Ohr, dass es alle anderen Geräusche übertönt und ich dem Gespräch nicht mehr folgen kann. Ich spüre den Wind seines Atems an meinem Hals. Meine Nackenhärchen stellen sich auf. Ich lehne mich tiefer in den Sitz und schließe die Augen, lausche seinem Atem, bis sich meiner seinem Rhythmus anpasst und sich der Schlaf über mein Bewusstsein legt. 

if my heart beats any harderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt