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Montag, 16:49 nachmittags

Seit der Regen sich in einen Strom verwandelt hat, höre ich keine Schritte mehr im Gebäude. Wahrscheinlich verlässt niemand freiwillig das Auto. Ich drückte den vorderen Teil meines Schuhs in eine Schlammpfütze nicht weit von mir, versuche das Wasser in Richtung Abfluss zu ziehen. So vertreibe ich meine Zeit.

Als die Tür doch aufgeht, ducke ich meinen Kopf instinktartig, um nicht erkannt zu werden. Ein Typ, der zwischen Schlammpfützen auf dem Boden eines öffentlichen Duschraums hockt, ist eine Sache. Ein Popstar allerdings, eine ganz andere. Nasse Schuhe quietschen auf dem Boden und ich sehe auf die schwarzen Adidas-Sneaker, schlammdurchtränkt und schmuddelig. Ich warte darauf, dass der Mann wieder geht und sich nur in der Tür geirrt hat, aber er bleibt so am Eingang stehen. Ich weigere mich, hochzusehen. Erst als ich sehe, wie ein Kapuzenpullover vor mir auf den Boden fällt, runzele ich die Stirn und sehe auf.

Louis steht vor mir, den Blick sorglos auf eine der Duschkabinen gerichtet, während er sich auszieht. Ich verziehe mein Gesicht. Seine Gleichgültigkeit macht mich wieder wütend.

„Hast du dich beruhigt?", fragt er.

„Warum sollte ich nicht ruhig sein?", erwidere ich sarkastisch.

„Gut." Er lächelt. „Gehen wir duschen?"

„Geh du ruhig."

„Du hast mir vorhin versprochen, dass du mitkommst."

„Ich hab gar nichts versprochen."

Louis zieht sein T-Shirt aus und steht oberkörperfrei vor mir. Er ist von oben bis unten mit Regen durchnässt und zittert, so wie ich. Trotzig sehe ich ihn an und er sieht zurück. Dann kniet er sich vor mir hin und zieht mir die Kapuze vom Kopf. Er strubbelt mir durch die Haare. „Sei nicht so kompliziert. Komm mit duschen."

Er steht wieder auf und schlüpft aus seinen Schuhen. Während er sich seine Jeans auszieht, murmelt er vor sich hin.

„Ich weiß nicht, wie viel Geld du hast, aber ich habe gerade genug für eine Kabine, also kommst du am besten sofort mit rein. Das spart Wasser."

Fassungslos sehe ich ihm zu, wie er sich jetzt auch die Unterhose auszieht, dann die Socken. Er legt seinen Klamottenberg auf den widerlichen Plastikstuhl. Seine Gleichgültigkeit ist unglaublich. Er fischt eine Münze aus seiner Jeans und öffnet die Tür zur Kabine. Seine nackten Füße rutschen über den dreckigen Boden. „Kommst du?", ruft er ungeduldig. Ich warte. Louis macht keine Anstalten, die Dusche anzumachen. Er meint das wirklich ernst. Denkt er, ich kann das nicht? Denkt er, ich würde hier ewig sitzen und Trübsal blasen und mir Sorgen machen und zu verklemmt sein, um mit meinem besten Freund zusammen zu duschen?

Ich atme wütend die Luft aus, die ich angehalten habe. Wenn er das kann, kann ich das schon lange. Mir ist eisig kalt, als ich aufstehe und meine Schuhe in eine Ecke kicke. Ich ziehe mich schnell aus, werfe meine Klamotten lieblos auf den Haufen. Ich sehe auf den Boden, auf meine Füße, fahre mit dem großen Zeh durch eine Wasserlache. Ich zögere nicht und denke auch nicht nach. Wenn es Louis so egal ist, dann soll es mir eben auch egal sein.

Ich öffne die Duschtür. Die Kabine ist eng. Louis steht mit dem Rücken zu mir und geht ein Stück zur Seite, damit ich neben ihm Platz habe. Er sieht mich nicht an, sondern schiebt bloß die Münze in den Geldschlitz der Dusche. Er drückt auf einen Knopf und im nächsten Moment prasselt kaltes Wasser auf uns nieder.

„Scheiße", fluche ich und gehe einen Schritt zurück. Louis lacht. Er dreht an dem Rädchen herum, bis die Temperatur aushaltbar ist. Ich halte etwas Abstand von ihm, während das Wasser auf seinen Kopf plätschert. Ich sehe auf unsere Füße.

if my heart beats any harderWhere stories live. Discover now