Julien {32}

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Am nächsten Tag erhielt ich Mittags eine Nachricht, die ich nicht erwartet hätte.
Sie war von Dima.

Komm gegen sechs vorbei

Das war alles, entsprach allerdings nicht der Normalität.

Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte, jetzt wo ich mir über meine Gefühle relativ im Klaren war.
Allerdings konnte es vielleicht ganz gut tun, mit ihm Mal zu reden, nachdem wir miteinander geschlafen hatten.
Glücklicherweise hat er von meiner Ansprache gegen Rebekah nichts mitbekommen, sonst wäre ich wahrscheinlich schon längst tot gewesen.
Sie war die letzte Person die ich in meinem Leben noch sehen wollte.
Nach vielen Überlegungen entschied ich mich dazu, die Einladung anzunehmen.
Was heißt Einladung, die Nachricht duldete keine Absage.

Bin dabei

Ewa kommt auch

Die Krankenschwester 😏

Genau die

Ok bis später

Als ich erfuhr, dass die Krankenschwester auch da war, überstieg mich ein komisches Gefühl.
Doch nach ein paar Sekunden war es weg bei dem Gedanken, dass ich dann nicht mit Dima über private Dinge reden müsste.
Ich fragte mich wirklich, was er damit bezwecken wollte.
Hatte er Angst mit mir alleine zu sein?
Oder wollte er sie mir nur vorstellen?
Lief da vielleicht was?
Bei dem Gedanken wurde mir übel, doch wenn es wirklich so wäre hätte ich es verdient.
Ich seufzte, sah in den Spiegel und betrachtete meine Augen, deren Augenringe durch ausnahmsweise genug Schlaf viel blasser waren als sonst.
Generell ging es mir eigentlich ziemlich gut und ich war innerlich ruhig.
Ich beschloss guten Gewissens zu Dima zu fahren, ohne schlechte Hintergrundgedanken.

Fünf Stunden später.

Ich war natürlich zehn Minuten zu spät, hetzte mich jedoch nicht.
Dima war das gewohnt, genauso wie ich gewohnt war, dass er meistens zehn Minuten zu früh kam.
Ich stieg die Treppen hoch zu seiner Wohnungstür, blieb jedoch kurz davor stehen.
Wenn ich mich hier dazu entschieden hätte, nicht mit meinem besten Freund zu schlafen wäre vielleicht alles gut gewesen.
Ich seufzte und klingelte.
Ein paar Sekunden später öffnete Dima die Tür.
Er trug eine Jogginghose und MEINEN Lieblingpulli, den ich schon seit ein paar Tagen vermisst hatte.
Ich sah in seinen glänzenden dunklen Augen und wollte ihn begrüßen, doch er unterbrach mich.
»Nicht Aufregen.« sagte er leise und ich runzelte die Stirn.
»Warum?«
»Mach's einfach nicht, okay?«
»Okay.« sagte ich und betrat kurz darauf das Wohnzimmer.
Für einen kurzen Moment dachte ich, ich hätte Halluzinationen, doch tatsächlich:
Rebekah saß gegenüber von mir auf dem Sessel.
»Was macht sie hier?« fragte ich und versuchte meinen bissigen Ton zu unterdrücken, um Dima's Willen.
Doch wahrscheinlich hatte Rebekah ihm schon erzählt, dass ich sie zu Recht beleidigt hatte.

Instinktiv drehte ich mich um und ging wieder zur Tür.
Dima stellte sich vor mich und sagte leise:
»Du hast es versprochen! Bitte, Julien.«
Er setzte seinen Hundeblick auf und ich wurde schwach, weswegen ich mich grimmig auf die Couch setzte.
Dabei ließ ich Rebekah nicht aus den Augen, sie auch nicht mich.
»Hi, ich bin Ewa.« meinte die Krankschwester freundlich und ich gab ihr die Hand.
»Was führt Sie hier her?« fragte ich und Dima verschränkte im Hintergrund die Arme.
»Also, Dima hat mich hier hinbestellt um mich als einzige unabhängige Person um euren Streit zu kümmern. Deshalb bin ich hier. Ich weiß alles, ich habe alles gehört, also könnt ihr mir vertrauen.«
»Wenn du alles weißt, dann weißt du sicherlich auch, dass ich nicht mit Julien reden will!« rief Rebekah sauer und mein Atem verschnellte sich.
Ich war wütend.
Sehr wütend.
»Ja, das ist mir bewusst. Aber trotzdem sollten wir uns alle Mal beruhigen. Schließlich haben Sie einige Sachen gesagt, die Sie sicher bereuen.« meinte Ewa und sah zu Dima, der eher aussah als müsse er sich das Lachen verkneifen.
Plötzlich viel mir ein kleines Detail auf, was sehr gefährlich wurde.
»Woher wissen Sie, was wir bei dem Streit erzählt haben?«
»Dima hat es mir erzählt.«
»Und woher bist du dir sicher, dass du wirklich alles weißt, Dima?«
Er runzelte die Stirn und sagte:
»Ich habe doch alles gehört.«

Mein Magen drehte sich um und meine Sicht verschwamm für einen Moment.

Ich. Liebe. Ihn. Nicht.
Der Sex war gefühllos, das Flirten war nur Spaß und im Krankenhaus habe ich lediglich versucht ihn zu wecken.

»Dima, das was ich am Anfang gesagt habe war...«
»Die Wahrheit. Und das ist okay für mich.« sagte er und nickte.
»Nein, nein. Das ist nicht die Wahrheit.« sagte ich, doch sein Gesicht mir gegenüber änderte sich nicht.
»Das ist schon okay, Julien. Wirklich. Ich komme damit klar. Mittlerweile zumindest.«
Wie aus dem Nichts schaltete sich Rebekah ein.
»Du hast doch gehört was er gesagt hat, Dima. Nur weil es dir auf einmal leid tut heißt das nicht, dass du deinen Schwanz jetzt einziehen musst!«
»Du hast doch keine Ahnung! Rede nicht über Sachen, die du nicht kapierst!«
»Du schaffst es nicht einmal die Wahrheit zu sagen! Immer bist du nur am lügen!«
»Die Wahrheit kann sich auch ändern!«
»Über Nacht ist es wohl kaum möglich, plötzlich für jemanden anders zu fühlen!«
»Doch, es ist möglich. Oder warst du noch nie in jemanden verliebt, Rebekah?«
Dima seufzte plötzlich und stand auf.
»Julien, sag solche Dinge nicht. Nachher bereust du sie. Du bist müde und gestresst.« sagte er.
Ich viel aus allen Wolken.
»Mir geht blendend, ich weiß genau  was ich sage.« sagte ich, Rebekah schnaubte.

»Du lügst wie gedruckt. Die Frage ist nur, warum.« meinte sie abwertend und ich schüttelte den Kopf.
»Du kommst mit der Wahrheit einfach nicht klar, weil du jetzt im Unrecht stehst, richtig?«
»Ich stehe nicht im Unrecht. Du solltest nur aufpassen, dass ich dich nicht umbringe wenn du so einen Quatsch erzählst.«
»Das ist kein Quatsch.«
Alle schwiegen.
Dima war verzweifelt, Ewa schien besorgt und Bekki war nunmal Bekki.
»Kann es sein, dass keiner mir hier glaubt?« fragte ich leise in die Runde.
»Wie auch? Sowas ändert sich nicht über Nacht. Schon garkeine Gefühle. Du drehst die Welt wie du sie gerade haben möchtest und sagst solche Dinge nur, damit du mit Dima ein Problem weniger hast.« zischte Rebekah, ich sah zu Ewa.
»Es ist wirklich verwunderlich. Sie haben doch ausdrücklich gesagt, dass für Dima keine Gefühle übrig sind.« stellte auch sie sich mir gegenüber und ich schüttelte den Kopf.
»Glaubst wenigstens du mir?« fragte ich und sah in Dima's Augen, die mich schon immer irgendwie fasziniert hatten.
Er atmete tief durch und sagte:
»Ich wünschte, du würdest das Ernst meinen. Wirklich. Aber die Wahrscheinlich ist nicht sehr groß, weil du wahrscheinlich genauso verwirrt bist wie ich es bin. Wenn du doch Gefühle für mich hast, warum hast du es nicht gesagt? Ich glaube dir das einfach nicht, Julien. Tut mir leid.«

Ich war allein.
Sich seine Gefühle einzugestehen brachte auch nichts, wenn es niemanden mehr interessierte.
Und es war Rebekah's Schuld.
Sie hatte Dima so davon überzeugt ich lügte, dass er es ihr glaubte.
Ich schluckte und sah Ewa an, die immernoch hin und her gerissen war.
Bekki grinste triumphierend und ich sagte:
»Wenn du jetzt zufrieden bist, es sei dir gegönnt. Du hast es geschafft, dass mein bester Freund mir nicht mehr glaubt. Es ist wirklich alles deine Schuld.«
Sie lehnte sich nach vorne, grinste immernoch und flüsterte:
»Heul doch.«
Jetzt war Dima derjenige, der sich auf meine Seite stellte.
Die Hoffnung hatte ich also nicht verloren.
»Rebekah, jetzt komm Mal runter. Was ist los mit dir? Julien erzählt zwar scheiße, aber das ist an sich schon zu tragisch, um sich darüber lustig zu machen.«
»Du bist genau das selbe Arschloch wie er, Dima! Was soll das jetzt? Fällst du mir in Rücken, weil du Angst vor ihm hast? Stehst du auf seiner Seite jetzt?«
»Zu einem Teil steh ich auf seiner Seite, weil ich ihn liebe, und zum anderen weil ich einen gesunden Menschenverstand habe. Und Julien als gefährlich zu bezeichnen ist krank. Er weiß nichtmal, was er grad  von sich gibt.«

»Ich weiß genau, was ich sage! Warum redest du so über mich obwohl ich im selben Raum bin?« motzte ich nun Dima an und er rollte mit den Augen.
Rebekah fing an zu heulen und stand auf.
»Du fliehst, Julien. Dein Leben ist eine Flucht vor deiner eigenen Persönlichkeit! Und weil du es alleine nicht schaffst, lässt du dir von Dima helfen! Du kannst aber nicht entkommen!« schrie sie und verschwand, Ewa eilte ihr hinterher.

Floh ich wirklich nur vor der Realität und schummelte mich durchs Leben?
Ich wusste es nicht.
Aber mein nächst größeres Problem war, dass Dima und ich nun alleine waren.

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Rebekah ist manchmal ein bisschen zickig, ich weiß 😂
Meiner Meinung nach hat sie sogar Recht mit ihrer letzten Aussage
U can not escape

Escape | [SunDiego X JuliensBlog] [✔️]Where stories live. Discover now