Alexander Teil33

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Mehr als alles andere in diesem Moment wünschte sich Callum, dass er irgendwie entspannen könnte. Jems Eltern schienen ein sehr liebevolles, herzliches Paar zu sein. In jedem Fall freuten sie sich über Jems Besuch und nahmen ihn wie selbstverständlich und überaus freundlich mit auf. Aber die Katze war auch noch nicht aus dem Sack. Was würden sie dann tun oder sagen? Cal versuchte, nicht nervös auf dem Sofa vor und zurück zu wippen, während Jem den Verkehr auf dem Weg hierher beschrieb und sich dann nach seinem Großvater und der Schwester erkundigte. Seine Mum schenkte inzwischen Tee ein und sein Dad verteilte großzügig Scones auf feinem Porzellan mit englischen Rosen. Callum hatte noch nie Scones gegessen, jedenfalls nicht so. Mit geklumpter Creme und Erdbeermarmelade. Er wartete ab, bis er sicher war, dass man die Dinger mit den Händen essen durfte. „Das schmeckt lecker", sagte er etwas unsicher, ob das auch ein Kompliment war.

„Da freut sich unsere Miss Jensen sicher darüber", gab Mary- Beth zurück.

„Wie geht's Jensen?", kam Jem zu Hilfe, „sie ist unsere Haushälterin auf der Farm."

„Ach, ganz gut. Sie ist schon wieder Großtante geworden. Das muss das vierte oder fünfte Mal sein. Ich kann leider weder backen, noch kochen und hab auch keine Zeit dafür", ergänzte sie dann für Cal, „die Pferde, du verstehst."

Cal nickte, als würde er das tatsächlich. Bei all dem hatte er jedoch keine Ahnung, wie man den Bogen dorthin spannen könnte, wo Jem den beiden verriet, dass sie zusammen waren. Als nächstes ging es um Jems Arbeit. Seine Mum hätte gern ein paar signierte Exemplare von Jems letzten Roman als besonderes Geschenk. Cal musste zugeben, dass er noch nichts von Jem gelesen hatte, was leider stimmte. Dann kamen sie auf Alexanders Arbeit zu sprechen. Er hatte sich vorgenommen, weniger an der Uni zu arbeiten und mehr Fälle anzunehmen, für die er auch zuhause arbeiten könnte. Gemeint war damit ganz offensichtlich, dass er mehr auf der Farm wohnen sollte. „Du kennst mich doch, Bessie, wenn ich keinen kniffligen Fall vertreten kann, langweile ich mich und dann bin ich unausstehlich." Bei dieser Gelegenheit schaute Jems Dad zu Cal herüber. Das war wohl sowas wie ein Stichwort gewesen, verfehlte jedoch seine Wirkung bei dem jungen Mann. „Wenn du so neugierig auf den Fall von Jems Freund bist, dann geht bitte ins Arbeitszimmer", bemerkte Bessie, „ich will noch ein bisschen was von Jem hören. Bestimmt gibt es was Neues." Alexander blickte wieder zu Callum, der das jetzt nur zu gut verstand. „Na dann, sollen wir?" Callum nickte. Er schaute kurz zu Jem, der ihm einen bekräftigenden Blick schenkte. „Du machst das schon", sagte er zu Cal. Dann ging der mit Jems Vater ins Zimmer nebenan.

Das Arbeitszimmer war beeindruckend. Es gab eine Regalwand voll mit Büchern, Urkunden und Bilder hingen an den Wänden und der Schreibtisch sah aus, als könnte man darunter den Einsturz des Hauses problemlos abwarten. Dort nahm Alexander Platz, deutete für Cal auf den bequemen Sessel davor und kramte dann als Erstes Zigaretten hervor. „Willst du eine?" Cal schüttelte den Kopf. Geraucht hatte er nie, seltsam eigentlich. „Stört's, wenn ich?" Alexander schien das so zu meinen.

„Nein, nein. Ist mir egal."

„Also dann", sagte Dad und steckte sich eine an. „Jem hat mir bei unserem Telefonat erzählt, dass du in Schwierigkeiten steckst."

„Was hat er erzählt?"

„Es geht um versuchte Vergewaltigung, sexuelle Nötigung, mindestens. Das Problem ist, es steht Aussage gegen Aussage und du bist nicht besonders vertrauenswürdig."

„Das hat er doch nicht so gesagt?" Cal schnappte direkt ein.

„Nein. Er schmückt alles immer aus. Aber jetzt seid ihr ja hier und ich bin gespannt. Er sagte, du hättest in der Vergangenheit Probleme mit Drogen gehabt. Wie lange ist das her?" Alexander begann, sich Notizen zu machen.

Verführt, verirrtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt