Kap 10.2 Julia Dortmund, 17. Oktober 2017

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„Doktor Schmelzer, wir bekommen einen Schweizer Profifußballer in die Notaufnahme. Er ist bereits unterwegs."

Ich sah den Professor an.

„Ich weiß. Sein Name ist Marco Bürki. Er ist 24 Jahre alt und ist Verteidiger für den BSC Young Boys. Diese Mannschaft kommt aus Bern in der Schweiz. Er hatte heute ein wichtiges Punktspiel in Luzern, was ebenfalls in der Schweiz liegt. Sein Bruder ist ein Kollege meines großen Bruders Marcel. Marco ist etwa 185 cm groß und ca. 80 kg schwer. Braune Augen und schwarzes Haar. Noch Fragen, Professor? Sie sehen also, das ich über meinen Lieblingsschweizer bestens im Bilde bin und ich habe aufgrund seiner Beschreibung der Unfallsituation bereits eine Verdachtsdiagnose."

Meinem Professor klappte der Kiefer herunter und ging kaum noch zu.

„Ja, ich sehe schon, Sie haben alles im Griff."

„Ja, das habe ich, Professor und ich habe gerade bei der Anästhesie einen Kollegen hinzugezogen, der bereits Vorberechnungen macht, wie viel Narkosemittel wir Marco geben müssen und maximal anwenden dürfen. Allerdings muss Marco nur noch die Angaben zu Körpergröße und Körpergewicht bestätigen. Dann können endgültige Berechnungen erfolgen. Zurzeit sind es vorläufige Berechnungen. Die Daten stehen immer im Spielberechtigungsausweis, auch bekannt als Spielerlizenz. Die Daten werden vier Mal im Jahr überprüft und so aktuell gehalten, zumal ich Zugriff auf eine weltweite Datenbank habe, in der ALLE Lizenzspieler verzeichnet sind und da werden die Daten noch strenger aktuell gehalten. Nämlich wöchentlich."

Nun war mein Professor sprachlos und ging kopfschüttelnd. Marcel kam zu mir und drückte mich.

„Wir haben alles gehört. Wie kamst du zu dem Zugriff auf diese Datenbank? Nicht einmal unser Mannschaftsarzt hat den vollen Zugriff darauf."

„Ich bin als Fachärztin für Sportmedizin und Sportchirurgie bei der FIFA gemeldet. Deshalb habe ich den Zugriff darauf. Meine Facharztlizenz wird ebenfalls sehr regelmäßig und streng geprüft. Immer wenn ich die bestanden habe, wird meine Zugriffsberechtigung verlängert. Jedes Kalenderjahr hat eine andere Farbe. 2017 ist zum Beispiel grün. 2018 wird Orange", erklärte ich und Marcel nickte.

Dann ging er mit der Mannschaft weg und ich wunderte mich so gar nicht über meinen großen Bruder. Der Anästhesist kam zu mir.

„Doktor Schmelzer, die vorläufigen Berechnungen sind fertig. Was ich brauche sind Daten, ob Allergien gegen Medikamente und Narkosemittel bekannt sind. Dann kann ich das Narkosemittel bestimmen."

„In Ordnung, einen Moment bitte."

Er nickte und ich ging, gefolgt von ihm, in mein Büro und setzte mich an meinen PC. Ich öffnete die Datenbank, loggte mich ein und gab als Suchbegriff „Marco Bürki" ein.

„Nein, in der Fifadatenbank sind keinerlei Allergien verzeichnet, Doktor Johanus."

„Fifadatenbank? Wie ist das möglich?"

Seufzend erklärte ich auch ihm, wie schon bei Marcel, wie ich dazu kam und was dafür erforderlich ist.

„Das ist beeindruckend, Doktor", sagte er und ließ mich allein.

Den Datensatz gab er mir und ich heftete diesen sofort sorgfältig in die vorbereitete Patientenakte für Bürki, Marco, 1993/07/10/CH. So waren alle Akten sortiert. Zunächst nach dem Familiennamen, dem Vornamen & dem Jahr der Geburt sortiert. Innerhalb der Geburtsjahre wurde nach Monat und Tag der Geburt sortiert und als Letztes wurde die Länderkennung des Patienten angegeben. In Marcos Fall CH für die Schweiz. So war eine perfekte chronologische Sortierung möglich.

Es dauerte eine Weile und ich kehrte mit der Akte in die Notaufnahme zurück, nachdem ich mich in der Fifadatenbank ausgeloggt und seinen Datensatz ausgedruckt hatte. Auch die war bereits sorgfältig sortiert und abgeheftet worden. Ich hatte mir noch keinen Assistenzarzt ausgesucht. Aber ich tendierte stark zu Jonathan Sommer. Er war wirklich brillant, aber einige Jahre älter als ich.

Ich hatte noch ein wenig Zeit und stöberte durch Instagram und stieß auf Nuris letzte Chataussage. Das war einfach zu süß, um wahr zu sein. Genau das ist es, was ich so sehr am BVB liebe. Die Jungs sorgten sich sogar um die Familienmitglieder ihrer Kollegen. Ob Roman den Chat gelesen hatte? Ob er davon wusste? Ich konnte es nicht mit Bestimmtheit sagen, aber ich wusste, wenn er es liest wird er sich sehr freuen und kann sich glücklich schätzen, solche Kollegen zu haben.

AT: Marco Bürki zu Instagram Roman BürkiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt