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Als am nächste Morgen mein Wecker klingelte, fühlte ich mich halb tot.

Gestern Abend hatten Ellen und ich noch bis halb eins telefoniert und über Nathen geredet. Meine beste Freundin glaubte nicht, dass er nur mit mir befreundet sein wollte.
Ich kam mir einfach nur dumm vor. Ob ich wollte oder nicht, er bedeutete mir etwas - mehr als gut für mich wäre.

Wenn er da war fühlte ich mich irgendwie beschützt und als würde sich jemand für mich interessieren. Vorher hatte es sich nicht so real angefühlt, wenn ich jemanden gut fand. Vielleicht lag es daran, dass ich nur etwas auf irgendwelche fremden Jungs projiziert hatte und sie gar nicht richtig gekannt hatte. Ich meine klar, Nathen und ich kennen und gerade drei Wochen, und der Anfang war nicht gerade rosig, aber ich konnte nicht leugnen, dass da etwas war. Aber anscheinend nur von meiner Seite aus.

All die süßen Gesten, die mein Herz schneller schlagen ließen. Wie er gestern meine Hand genommen hatte und mich an sich gezogen hatte. Die Art wie er mich ansah, wenn er mit mir sprach.

Es war so deprimierend wenn man jemanden wollte, der einen nur auf die freundschaftliche Art sah.

Und genau deshalb wollte ich ihm meine Gefühle nicht eingestehen. Würde ich ihm etwas sagen, würde es nichts ändern und es würde nur unangenehm für mich werden, das wusste jeder. Mit Freunden fängt man nichts an. Auch wenn wir vielleicht keine richtigen "Freunde" waren.

Und jetzt wo ich wusste, dass er kein Interesse an mir hatte, sollte ich mich vielleicht einfach distanzieren, bevor ich mich richtig verliebe. Ich würde nur furchtbar enttäuscht sein.

Ellen war der festen Überzeugung ich hätte irgendwas bestimmt ganz falsch verstanden, aber sie war vielleicht einfach naiv. Oder ich bin diejenige die zu naiv ist, denn sonst würde ich insgeheim nicht trotzdem darauf hoffen, dass sie recht hatte.

Ich startete mein Handy und drückte auf den kleinen CD-Player auf meinem Nachttisch und Toploaders Dancing In The Moonlight erklang. Sobald die Musik lief, fühle ich mich viel wacher. Diesen Song hörte ich jeden Morgen, ohne das ging bei mir morgens einfach nichts.

Wie jeden Morgen mache ich mich so schnell wie möglich im Bad frisch und legte ein leichtes Tagesmakeup auf, das aus Augenbrauenauffüllen, ein wenig Foundation und Bronzer bestand, ehe ich zurück ging.
Da es unten noch dunkel war, musste mein Vater ausnahmsweise noch am Schlafen sein, doch ich wollte ihn nicht wecken und schloss schnell  meine Zimmertüre hinter mir.

Ich entschied mich letztlich für einen dünnen gerippten weißen Pulli, dazu einen dicken beigen Schal mit senffarbenen Einsetzungen  und eine dunkle Hose. Dann nahm ich mir mein Handy vom Schreibtisch, schnappte mir den Rucksack  und verließ mein Zimmer.

Ich saß gerade am Frühstückstisch, als mein Handy vibrierte und ich mich vor Schreck beinahe an meinen Cornflakes verschluckte. Als ich erkannte, wer mir geschrieben hatte, setzte mein Herz für einen Augenblick aus, nur um danach ungefähr doppelt so schnell weiter zu schlagen. Es war Nathen.

Hey, ich fahr gleich los, soll ich dich zur Schule mitnehmen?

Hi, oh gerne, das wäre echt lieb.

Er antwortete fast sofort.

Bin in zehn Minuten bei dir, bis gleich.

Jetzt wo ich wusste, dass er gleich kommen würde, um mich einzusammeln, konnte ich meine Cornflakes nicht weiter entspannt essen. Plötzlich war ich wieder total, obwohl es nicht so sein sollte. Wir sind Freunde und nichts weiter als das. Das hatte er mir gestern deutlich genug gesagt.

Nachdem ich mein Essen rein gezwungen und die Zähne geputzt hatte, schlüpfte ich in meine Converse und eine beige Jacke. Nur wenige Sekunden später vibrierte mein Handy erneut. Nathen wartete draußen.

Ice RainWhere stories live. Discover now