Ankunft

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Die Zugfahrt dauerte mehrere Tage. Das Königliche Protokoll sähe es eigentlich vor für diese Strecke zu fliegen, doch meine Familie hatte sich dem Umweltschutz verschrieben. Meine Eltern hatten dafür gesorgt das nahezu jeder Ort in unseren Königreich mit dem Zug zu erreichen war, doch die Straßen waren immer noch voll von Autos.

Ich genoss diese Fahrt. Ich verbrachte stunden damit aus den Fenstern zu blicken und zu beobachten, wie das Königreich meiner Eltern an mir vorbei glitt. Stätte und Dörfer, Wiesen und Wälder.

Doch so sehr ich mir auch wünschte für alle Ewigkeit in diesem Zug bleiben zu können um nur meinem Schicksal zu entfliehen, der Tag der Ankunft kam unaufhaltsam immer näher. Immer fremder wirkten die Häuser und Stätte die vor den Fenstern vorbei glitten, bis ich mich der Tatsache stellen musste, das ich meine Heimat ein für alle mal verlassen hatte.

Der Zug hatte ein eigenes Ankleidezimmer, ein lächerlicher Luxus auf den ich gerne verzichtet hätte. In einem großem Spiegel konnte ich beobachten wie man mich von Leonora, dem Mädchen das gerne Backte und bei Übernachtungspartys immer am längsten wach blieb in Leonora Davina Estrada, die höfliche, perfekte Prinzessin verwandelte.

Der lila Tüll bauschte sich um mich, als ich von dem Podest, auf dem ich stand, in meine Schuhe stieg. Der Tüll verhinderte, das ich mich bückte, um meine Schuhe selbst zu schließen. Statt dessen war ich dazu verbannt hilflos da zu stehen, während Amelie, meine Zofe, dies für mich tat.

Meine Schuhe klackten leise, als ich den ersten Schritt machte. Nun waren nur noch wenige Schritte zwischen mir und... Das unheimliche war, das ich immer noch nicht wusste was ich von meiner Zukunft zu erwarten hatte. Wovon trennten mich diese wenigen Schritte?

Es war zu spät um zu zweifeln. Es war zu spät um jetzt noch neue Ängste ins Leben zu rufen. Alles, was ich jetzt noch tun konnte, war auf die Tür des Zuges zu zu gehen. Ein Schritt nach dem anderen, bis ich direkt davor stand.

Ich spürte Susans Hand auf meiner Schulter. „Wir haben das oft genug geübt. Ich bin direkt hinter dir, du kannst das" hörte ich ihre Stimme, bevor sie einige Schritte zurück trat. Dann öffnete sich die Tür.

Man hatte einen grünen Teppich ausgelegt. Grün stand für Neubeginn und Harmonie, so viel wusste ich. Eine freundliche Geste, und ein schöner Symbolismus, das wusste ich. Ich wusste allerdings auch das sich das Grün des Teppichs und das Lila meines Kleides bissen.

Ich zwang mich nach Oben zu blicken. Menschen mit grimmigen Gesichtern standen zu beiden Seiten des Teppichs. Verständlich. Ich representierte den Feind. Sie waren mit Geschichten über meine grausame, blutdrünstige Familie aufgewachsen und nun stand ich vor ihnen. Ein Eindringling, ein Wolf auf der Schafweide, ein Kuckuck, bereit seine vergifeten Eier in ihr Nest zu legen.

Trotz meiner Angst blickte ich weiter nach vorne, bis mein Blick auf mein Empfangskomitee viel. An der Spitze stand das Königspaar, die Blicke eisern nach vorne gerichtet, als würden sie die verstimmte Menschenmenge nicht sehen.

Daneben ihr Sohn, mein zukünftiger Ehemann, der eben so wie seine Eltern eisern sein Umfeld ignorierte. Auf der anderen Seite stand seine kleine Schwester. Ich schätzte sie auf neun oder zehn. Auch sie schien die Menschenmenge nicht zu sehen, doch auf ihrem Gesicht lag ein leichtes Lächeln, ein leichter Schimmer von Hoffnung, wie in viele Kinder hatten.

Wie lange stand ich schon hier, in der Tür des Zuges? Zu lange, so viel war sicher. Ich hätte mich längst auf den Weg über den Teppich machen sollen.

Als mein Fuß den Boden berührte dämpfte er das klacken, das diese Schuhe sonst von sich gaben. Es gab kein Geräusch als zum ersten mal seit hundert Jahren jemand aus Esteinko einen Fuß auf Canmunianischen Boden setzte.

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