Tag 2.3

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Es war schwerer als gedacht das Knurren verstummen zu lassen, als wäre es ein Instinkt, der sich nicht abstellen ließ und über den er keine Kontrolle besaß, aber es irgendwie half es, dass Ace vor ihm am Boden lag und keine Gefahr darstellte. Trotzdem musste er sich schlussendlich selbst auf die Zunge beißen, um durch den kurzen Schmerz wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Blut schoss aus der kleinen Wunde an seiner Zungenspitze, die er kreiert hatte und füllte seinen Mund mit einem metallischen Geschmack, der anders als sonst nicht auf Abscheu seinerseits stieß. Im Gegenteil, er schluckte es geradezu gierig hinunter und etwas Dunkles in seinem Inneren gierte bereits nach mehr, als Aces Stöhnen ihn aus seinen Gedanken riss.

Der Schwarzhaarige war erschöpft in sich zusammengesunken, hatte sich auf die Seite gedreht, während sein Brustkorb sich bei jedem Atemzug heftig hob oder senkte. Seinen Kopf presste er dabei auf den kühlen Waldboden, wobei Lancer seine vorherige Haltung deutlich besser gefallen hatte. Beinahe entkam ihm wieder ein Knurren, doch er schluckte es im letzten Moment hinunter. Ace war immerhin nicht sein Feind. Vorsichtig kniete er sich neben den Schwarzhaarigen und wollte diesem das verschwitzte Haar von der Stirn schieben, als Ace seine ausgestreckte Hand zur Seite schlug.

„Fass mich nicht an!", schrie er rau und atemlos, als würde ihm die Luft zum Sprechen fehlen. Tatsächlich beruhigte sich sein Atem nur äußerst langsam. Untypisch für Ace der eigentlich bestens trainiert war.

„Was ist los mit dir?", erwiderte Lancer verärgert, „Ich will dir nur helfen."

„Ich brauche deine Hilfe nicht", zischte Ace und versuchte sich mit aller Macht aufzustemmen, aber seine zitternden Arme und Beine verrieten seine Schwäche. Aus einem Reflex heraus wollte Lancer ihn irgendwie stützen, damit er bei seinem lächerlichen Versuch aufzustehen nicht hinfiel, aber als seine Hände sich Ace erneut näherten, drehte besagter seinen Kopf zu ihm. Als das Mondlicht auf Ace's Pupillen fiel und sie Lancer entgegenfunkelten, fielen seine Hände kraftlos und jeder Spannung beraubt herab und baumelten nutzlos an seinen Seiten. In all den Jahren ihrer Bekanntschaft hatte Lancer viele Ausdrücke von Ace kennengelernt. Er wusste, wie sich die Stirn des Schwarzhaarigen in Falten legte, wenn er wütend war oder wie seine Lippen sich kräuselten, wenn er sich über etwas amüsierte. Aber er hatte ihn noch nie so gesehen wie jetzt. Dieser Ausdruck auf Aces Zügen war ihm fremd. Wenn er ihn hätte beschreiben müssen, so hätte er gesagt, dass ihm in diesem Moment pure Angst entgegenblickte. Aces Augen waren geweitet, beinahe so, als würde er sich vor Lancer fürchten. Doch Lancer musste sich in seiner Einschätzung irren, es musste etwas anderes als Angst sein, denn wenn er eines in den Jahren gelernt hatte, dann dass Ace so etwas wie Angst so gut wie gar nicht kannte.

Plötzlich brach der Schwarzhaarige den Blickkontakt ab und wuchtete sich fluchend auf die Beine, während ihm Lancer langsam und verblüfft folgte und sich ebenfalls aufrichtete. Er wusste nicht, wie er sich verhalten, geschweige denn was er sagen sollte. Es erschien ihm nicht richtig, seine Vermutung laut auszusprechen. Ace würde sich ohne Zweifel verschließen oder ihn für verrückt erklären, wenn er versuchen würde, ihn auf seinen angstvollen Blick anzusprechen. Also verharrte er unschlüssig, bis Ace selbst das Wort erhob.

„Wir müssen zurück", sagte er und sah dabei zu Narvik. Weil dieser noch immer bewusstlos war, würden sie ihn wohl oder übel tragen müssen. Ace hatte vollkommen recht damit, dass sie schnellstmöglich den Rückweg antreten sollten, nicht nur damit Narvik versorgt wurde, sondern auch um zu verhindern, dem Wolf noch einmal zu begegnen, auch wenn Lancer sich ziemlich sicher war, dass das Tier sie nicht weiterverfolgen würde. Ohne zu zögern lief er zu Narvik, griff mit seinen Armen unter seine Kniekehlen und Schultern und hob ihn hoch, nicht ohne Aces missmutiges Brummes zu bemerken.

„Ich hätte ihn auch tragen können."

„Nimm es mir nicht übel", entgegnete Lancer, „aber du pfeifst noch immer bei jedem Atemzug. Das muss sich jemand ansehen und bis das nicht erfolgt ist, werde ich ihn tragen."

Aces Miene brach Bände und Lancer wusste, dass ihm die passenden Widerworte wohl schon auf der Zunge liegen mussten, doch er verkniff sie sich. Ob es damit zusammenhing, dass noch immer eine Spur Furcht sein Gesicht schmückte, konnte Lancer nicht sagen. Ohnehin wurde ihm für den gesamten Rückweg jede weitere Möglichkeit genommen, aus Ace's Gesichtsausdruck zu lesen, als dieser die Führung durch den Wald übernahm und Lancer ihm einfach mit Narvik in den Armen hinterherlief. Sie brauchten für den Rückweg deutlich länger, was vor allem an Narvik lag, der Lancers Tempo deutlich einschränkte. Irgendwann wurde das Mondlicht langsam weniger und von der aufgehenden Sonne abgelöst, doch das war ihnen nur recht, denn es erleichterte ihnen die Orientierung. Als sie schließlich wieder aus dem Wald heraustraten, erwartete sie bereits ein ganzer Haufen an Wächtern, die offenbar Ausschau nach ihnen hielten. Kaum, dass man sie erblickte, liefen sie auf sie zu und nahmen Lancer Narvik ab, um ihn in ein Krankenzimmer zu bringen.

„Was ist im Wald passiert?", fragte ein anderer sofort und Lancer wollte ihm gerade antworten und dem Soldaten von dem Wolf berichten, als Ace ihm zuvorkam.

„Nichts", sagte der Schwarzhaarige mit stoischer Gelassenheit. Jede Spur von Angst hatte er im Wald zurückgelassen, jetzt wirkte er wieder wie sonst. Ruhig und arrogant und hätte Lancer nicht gewusst, dass er log, er hätte es nicht gemerkt. Natürlich hätte er dem Schwarzhaarigen widersprechen und dem Soldaten die Wahrheit sagen können, aber er hielt sich zurück und nickte bloß stumm. Es musste einen Grund für Aces Lüge geben und er würde sich hüten, sie auffliegen zu lassen, bis er den Grund dafür nicht kannte. Leider trennte man sie danach, um sie beide ebenfalls zu untersuchen, so dass er Ace erst später danach würde fragen können.

Bei den Untersuchungen kam in Lancers Hinsicht nicht viel zu Tage, außer, dass er erstaunlicher Weise quasi über Nacht einiges an Muskelmasse zugelegt hatte. Man schob dies darauf, dass es eine Auswirkung des Wolfs-Gen war, die sich zuweilen sprunghaft zeigen konnten. Lancer verschwieg dem Arzt das erneute Auftauchen seines Knurrens, das er zum Glück wieder im Griff hatte. Dabei gab sich der Arzt alle Mühe, ihm möglichst viele Informationen über die vergangene Nacht zu entlocken. Immer wieder stellte er Fragen und Lancer versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Seine Erzählungen hielt er sehr allgemein und berichtete, wie sie zuerst durch den Wald gelaufen waren, bis sie Narvik auf der Lichtung gefunden hatten. Der Wolf tauchte in seinen Erzählungen natürlich nicht auf und er konnte nur hoffen, dass Ace bei einer ähnlichen Version blieb, sonst war es wohl nur eine Frage der Zeit, bis man ihrer Lüge auf die Schliche kommen würde.

Als man ihn endlich entließ, wartete Ace bereits auf dem Flur. Seine angespannte Haltung spiegelte die von Lancer wieder und ließ darauf schließen, dass man auch ihn ordentlich verhört hatte.

„Wir müssen reden", sagte Lancer ruhig, aber entschlossen. Die Fragen würden noch kein Ende finden. Er musste Aces Beweggründe verstehen, sonst würden sie schneller von diesem Projekt ausscheiden, als ihm lieb war. Es ging schließlich um viel, er konnte und wollte sich einen Auswurf nicht leisten, doch er wusste auch, dass von Aces Seite mehr dahintersteckte.

„Ich weiß", erwiderte dieser leise, „aber nicht hier." Und damit nickte er Lancer zu, um ihm stumm zu signalisieren ihm zu folgen und führten ihn anschließend in den Speisesaal, wo die anderen frühstückten.

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Ace will den Vorfall im Wald also verschweigen. Jemand eine Idee warum? :P


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