23.12.-Karl

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Gute Nacht ihr Lieben,
Weihnachten steht vor der Tür und der Stress hatte mich gefangen... Naja, hier nun das letzte Kapitel von mir. Ich wünsche euch frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr! Danke für die Aufrufe und Sternchen, aber bei den Kommentaren geht noch was oder? Liebste Grüße, fiktiongirl

"Das sieht doch mal richtig gut aus," sage ich ironisch zu meinem Spiegelbild und strecke mir selbst die Zunge raus, um den Gedanken zu vertreiben, der sich in meinem Kopf auszubreiten droht. Es ist die Erinnerung an die Anprobe, bei der Karl mich verarscht hat. Eigentlich hatte ich vor es ihm heute heimzuzahlen und seinen Anzug gegen einen abgrundtief hässlichen Weihnachtsanzug auszutauschen. Doch nachdem sich die Dinge so verändert haben wie sie es getan haben, habe ich mir das Geld gespart.
Ich wuschele mir durch die Haare, die noch nicht fertig sind, sondern wild in alle Richtungen abstehen. Meine Augenringe sind so tief, dass es mich nicht wundern würde, wenn mich jemand für einen Waschbär halten würde. Die Braut wird natürlich zuerst geschminkt und zurecht gemacht. Das hat mir immerhin genügt Zeit verschafft Kaffee zu trinken und etwas zu frühstücken. Luzia war noch nie die große Esserin am Morgen.
Ich schwinge mein Kleid Gedanken verloren hin und her und merke nicht, wie sich die Tür öffnet und meine beste Freundin den Raum betritt, bis ich sie hinter mir stehen habe und sie die Arme um mich schlingt. "Danke, Aurora. Ich weiß nicht wie ich das wieder gut machen soll, aber du weißt gar nicht wie viel es mir bedeutet dich als Freundin zu haben. Danke, dass du mir heute zur Seite stehst und-"
"Hör auf, sonst fange ich richtig an zu weinen," sage ich mit Tränen erstickter Stimme und drehe mich, damit ich sie in eine Umarmung ziehen kann. "Deine Schminke verschmiert sonst noch," sagt sie sarkastisch.
"Warum bist du hier? Solltest du Menschen herumkomandieren?"
"Weil du nicht aufgetaucht bist. Und ich einfach ein paar Minuten mit dir verbringen wollte."
"Die letzten Minuten bevor wir nie wieder zusammen sein können." Theatralisch schlage ich mir die Hand aufs Herz. Wir lachen beide und machen uns auf den Weg, damit meine Ähnlichkeit zum Waschbär verschwindet.

"Was, wenn er doch 'nein' sagt?"
"Wird er nicht."
"Und wenn doch?"
"Wird er nicht."
Luzia, die in ihrem wunderschönen mit Spitze besetzten schmalen Brautkleid aussieht wie eine Elfe, und ich stehen seit rund 15 Minuten diese Diskussion durch. Mittlerweile bin ich genervt und scrolle durch meinen Instagram feed. In wenigen Minuten sollen Theo und sie sich draußen auf dem Hof treffen, weshalb wir halb versteckt in der kleinen Ankunftshalle stehen und warten.
"Was, wenn ich mich verspreche und ICH am Ende 'nein' sage?"
"Wirst du nicht." Ich packe mein Handy in die kleine Umhängetasche und sehe sie mit festem Blick an. Ich kann förmlich spüren wie sie zusammen zuckt. Genau wie ich als kleines Kind, wenn meine Mutter diesen einen bestimmten Gesichtsausdruck hatte.
"Luzia! Du wirst diesen Mann heiraten und er dich. Ihr werdet beide die richtige Antwort geben. Niemand wird sich versprechen. Jetzt atme tief ein und aus, sonst..."
Ich lasse den Satz unvollständig. Einerseits hat es eine sehr dramatische Wirkung andererseits habe ich keine Ahnung was sonst passieren soll.
"Danke," wispert sie nur, streicht sich das Kleid glatt.
"Ich werde noch wahnsinnig! Theo ist total panisch und -", Karl kommt um die Ecke gebogen und, verdammt, er sieht richtig gut aus. Mir bleibt die Luft weg. Sein angeblich roter Anzug ist mitternachtsblau, dazu eine goldene Fliege. Genau wie mein Kleid. Dunkelblau mit goldenen Verzierungen. Verflixt und zugenäht, das muss man meiner besten Freundin lassen, sie hat einen sehr guten Geschmack und ein großartiges Auge dafür, welche Farbe jemand ausgezeichnet steht.
"Wow, du siehst umwerfend aus," rutscht es Karl heraus. Er sieht mich dabei so an, wie ich es immer wollte. Es wäre ein leichtes seinen Augen zu glauben, denn was ich aus ihnen ablesen kann ist... Es ist... Es geht nicht. Der Streit von gestern hat mir eindeutig gezeigt, was er wirklich will. Und das ist alles andere als eine Liebesbeziehung zu mir.
"Was ist mit Theo? Ist er okay?"
Diese Frage wirft mich zurück aus meiner kleiner Blase in die kalte Realität. Das meine ich nicht nur  übertragenen Sinn, es ist wirklich kalt geworden hier im eigentlichen Warmen.
"Luzia!" Karl ruft ihr noch hinterher, doch sie ist schon hinaus gestürmt aus dem Haus. Die Tür hat sie offen gelassen. Das erklärt natürlich die Kälte. Aber was ist hier eigentlich los? Mit hochgezogener Augenbraue sehe ich Karl an, welcher total außer sich zu sein scheint.
"Ich sage dir eins, Zimtstern, ich werde nie, nie, nie wieder Trauzeuge! Warum tun die uns das an, Hm? Noch nicht mal ein paar Stunden halten sie es ohne einander aus. Als könnten die nur in einer Symbiose überleben."
Zimtstern. Er hatte mich Zimtstern genannt. Das ist eigentlich ein gutes Zeichen, oder?
" Kommst du jetzt? Sonst geht dir Trauung ohne uns los. "
" Wäre das so schlimm? "
" Ja... Obwohl eigentlich... Aber es ist mein Bruder... Ach, ich bin verwirrt. Auf jetzt!" Er schnappt sich meine Hand, hakt sie sich unter und zieht mich hinaus zur Kapelle.
Muss ich sein Verhalten verstehen? Ich würde ihn gerne fragen, aber wor geraten in ein Blitzlicht Gewitter. Der Fotograf, die Brauteltern, alle Gäste schießen Fotos von uns.
"So müssen sich also Hollywood Stars fühlen," flüstere ich.
"Stumm lächeln und winken, wir wollen doch hübsch aussehen," zwinkert mir Karl zu.
"Wieso bist du so?"
"Es ist die Hochzeit meines Bruders." Er zuckt nur mit den Schultern. Ich finde keine Zeit für eine Antwort, denn das Brautpaar fordert Aufmerksamkeit. Es geht los. Die kleine Kapelle ist randvoll. Zum Glück sitzen wir vier vorne, die anderen müssen sich alle eng beieinander setzen.
Luzia ist mindestens genauso nervös wie Theo. Die zwei passen einfach perfekt zueinander, warum sollten sie plötzlich ihre Meinung ändern? Ich versteh das nicht. Sie haben sich gemeinsam entschieden zu heiraten und da sollte doch selbstverständlich sein, dass man, wenn man wirklich vorm Altar steht, auch 'ja' sagt.
Der Standesbeamte beginnt zu sprechen. Eigentlich sollte ich zuhören doch mein Blick fällt auf Karl. Es reicht nur ein Anblick seines Profils und ich bin komplett durch den Wind. Egal wie sehr ich mir versuche einzureden, dass ich ihn nicht liebe und ihn haben kann so sehr will mein Herz ihn danach nicht gehen lassen. Es ist wie mit dem Kopf des Drachen damals in der Antike. Schlägt man einen ab, wachsen zwei neue nach. Ich muss mich aktiv darauf konzentrieren zuzuhören. Ein freundliches Gesicht machen muss ich auch, denn ein resting-Bitch-face auf den Hochzeitsfotos will ich nicht haben. Viel lieber würde ich gerne einfach heulen. Einfach heulen. Dazu laute Musik auf den Ohren. Hach, ja, das würde ich wollen.
"So frage ich Sie nun, wollen Sie den hier anwesenden Theodor Schumann heiraten?" Ich bin komplett erschrocken. Ich hätte gerade fast den wichtigsten Teil einer Hochzeit verpasst.
"Ja, ich will."
"Und wollen Sie die hier anwesende Luzia Müller heiraten?"
"Ja, ich will."
Na, bitte es geht doch! Ich grinse über das Brautpaar hinweg Karl an, der die Augen rollt und ebenfalls grinst als wolle er sagen, dass das eben alles umsonst war. Ich nicke kaum merklich und stimme in den Applaus mit ein.

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