Percy und die Unsichtbarkeit

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»Annabeth, deine Freundinnen sind da!«, rief mein Vater. Ich zuckte zusammen und klappte schleunigst Dädalus' Laptop zu. Gerade noch schaffte ich es, das Gerät unter dem Bett zu verstauen, da öffnete sich auch schon die Tür.

»Was machst du denn da?«, fragte Amy belustigt und deutete mit dem Finger auf mich. Reizend.

»Ich dachte, da wäre eine Spinne über meinem Bett gewesen«, sagte ich und setzte mich langsam auf.

»Und deshalb kriechst du halb unter das Bett?«, hakte Xenia nach, während sie ihren Rucksack abstellte.

»Joa, mein Arzt meinte, ich solle mehr Sport machen. Da dachte ich, man könne es ja mal so probieren«, sagte ich und dehnte zur Unterstützung meine Arme.

»Wie auch immer, lass uns mit dem Referat anfangen.«

In der Zeit, welche die Mädchen für das Hinsetzen benötigten, hörte ich leise Schritte. Ich hatte es geahnt. Er tat es immer und immer wieder.

»Also, was habt ihr rausgesucht?«, fragte ich und runzelte die Stirn, als ich auf mein Blatt starrte. Ich hasste mein LRS.

»Ich habe etwas zur Radioaktivität rausgesucht«, sagte Amy. Just in dem Moment schlug das Fenster auf. Ich war drauf und dran mein Messer zu ziehen, da hörte ich leise Schritte. Wütend biss ich die Zähne zusammen.

»Entschuldigung, aber mein Fenster ist in letzter Zeit etwas ungezogen. Ständig lässt es Wind durch, tut mir wirklich leid«, sagte ich, wobei ich aufstand, in meinen Gedanken das Wort »Fenster« zu »Freund« änderte und mich Richtung Fenster begab. Auf dem Rückweg stellte ich sicher, dass ich Percy auch wirklich schön auf den Fuß getreten war.

Das leise »Aua« bestätigte mich und ich lächelte triumphierend.

»Das ist ja krass! Anna ist mit Tim zusammen«, rief Xenia, welche die ganze Sache anscheinend nicht einmal mitbekommen hatte.

»Toll. Lasst uns weiter machen, ja?«, sagte ich, setzte mich wieder und las meine Notizen vor.

»Also, ein Gray gehört zur SI-Einheit, welche Joule und Kilogramm umgreift. Verwendet wird das Ganze beispielsweise in der nuklearen Medizin, da sie die Masse von Radioaktivität auf einen Körper umschreibt«, ich stoppte kurz, da mir eine gewisse Person in den Nacken atmete. Eine Gänsehaut bildete sich auf meinen Armen, aber ich versuchte, diese zu verdrängen.

»Ja, okay, ich habe da noch ein bisschen was hinzuzufügen, aber lass uns erst einmal weitermachen«, sagte Xenia und lehnte sich an die Wand. Ihr Handy thronte stolz zwischen ihren Fingern. Ich war überzeugt, dass sie dieses Gerät nie auch nur ansatzweise aus der Hand legte. Außer vielleicht beim Duschen.

Während Xenia etwas über nukleare Medizin faselte, tapste Percy zur Tür und öffnete sie langsam. Ich schloss entnervt die Augen. Wie konnte man nur so anstrengend sein? Ich pfiff leise durch die Zähne.

»Alles gut bei dir, Annabeth?«, fragte Amy. Ich nickte nur.

»Ihhh!«, quietschte Xenia plötzlich und sprang auf. Wassertropfen quollen aus der Decke und fanden ihren Weg nach unten direkt auf ihren Kopf. Ich stand kurz vor einem Wutanfall.

»Oh, Mist! Tut mir leid, wirklich! Meine Decke ist undicht«, murmelte ich und zog die beiden Freundinnen aus dem Zimmer.

»Lasst uns was essen, ja?«, fragte ich gespielt fröhlich, rempelte Klein-Percy an und schubste ihn unauffällig in mein Zimmer zurück.

»Äh, ja«, stimmte Amy zu und trottete vor mir sowie vor Xenia die Treppe hinab.

»Wir haben noch Nudeln, wollt ihr welche?«, fragte ich. Klappernd fiel der Topf zu Boden.

»Wir hatten noch Nudeln«, murmelte ich und ballte meine Hände zu Fäusten. Ich lächelte unecht, als ich mich umdrehte und meine beiden Freundinnen anschaute.

»Irgendwelche Essenswünsche?«, fragte ich, während mein Herz schnell pochte. Ich war so kurz davor, auszurasten.

»Wie wäre es mit Pizza?«, schlug Xenia vor, Unbehagen stand ihr ins hübsche Gesicht geschrieben.

»Klar«, sagte ich, wobei ich schon zum Telefon greifen wollte. Allerdings war das Einzige, was ich in die Finger bekam, der Saum eines Shirts. Kurz sammelte ich mich, um Percy nicht zu kreuzigen, dann überspielte ich das Ganze, indem ich nun wirklich das Gerät erwischte.

Mit Leichtigkeit bestellte ich Pizza und lief dann erneut in das verfluchte Zimmer, Xenia und Amy klebten dabei nahezu an meinen Fersen.

»Also, lasst uns weitermachen, bis die Pizza kommt«, bestimmte ich, wobei ich ein blaues Handtuch über dem Wasserfleck auf den Boden warf. Ich hasste meinen tollen Freund.

~

Nachdem wir das Essen erhalten hatten und komischerweise immer mal wieder Pizzastücken von meinem Teller entführt wurden, wollte ich nichts sehnlicher, als Perseus Jackson eine zu scheuern. So sehr, dass mir nicht einmal die winzige Spinne an der Küchenzelle Angst bereitete.

Ich schickte meine Klassenkameraden nett nach Hause und rieb mir voller Vorfreude die juckenden Hände.

Wartend platzierte ich mich in meinem Zimmer, bis die Tür leise knarzte, aufging und niemand eintrat. Ich mimte den bösesten Blick, welcher mir zu gelingen vermochte, was nicht wirklich schwierig war, da ich vor Wut brodelte.

»Perseus Jackson, ich warne dich. Wenn du dich nicht endlich wieder sichtbar machst, werde ich mich mit deiner Mutter verbünden und alte Kinderfotos von dir veröffentlichen!«, fauchte ich. Ein ergebendes Seufzen ertönte, dann flackerte die Luft und mein Freund stand vor mir.

»Alles, aber nicht die Kinderfotos«, lachte er, stoppte jedoch, als er mich genauer betrachtete.

»Nicht lustig«, zischte ich.

»Eigentlich nicht«, gab er zu.

»Ich will gar nicht wissen, warum du seit Neustem unsichtbar durch die Gegend rennst, aber es nervt mich tierisch! Wenn ich allein bin, dann ist mir das egal, allerdings ändert sich das, sobald Fremde oder Freunde hier sind und ich plötzlich erklären muss, warum es im zweiten Stock von der Decke tropft! Ich bin so kurz davor-«, doch weiter kam ich nicht, denn Percy küsste mich.

Verdammt, ich war noch nicht fertig mit ihm.

Percy Jackson One Shots✔️Where stories live. Discover now