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Ich stehe immer noch geschockt und mit gleichzeitig verletzten Gefühlen vor der Haustür, sehe abwechselnd in die Augen von Harry und dieser Braunhaarigen. Ohne ein weiteres Wort sagen zu können, drehe ich auf dem Absatz kehrt und verlasse das Grundstück. Nein, ich versuche nicht zu weinen. Doch Harry war es wert, also fing ich an zu weinen während ich mir ein Taxi rief. Zehn Minuten musste ich warten bis es angekommen ist und mich zu Anne bringt. Ich besuche sie. Wenn Harry andere Dinge vorhat und keine Zeit für seine eigene Mutter findet, übermittle ich eben die gute Nachricht. Während der Fahrt telefoniere ich mich dem Radio und Fernsehen. Dad hat die sechzehntausend Euro wirklich schon gespendet und ich weiß gar nicht wie ich ihm dafür danken soll. Es ist eine Menge Geld, dass er das einfach auf die leichte Schulter nimmt, ist nicht selbstverständlich.

Im Krankenhaus angekommen verstecke ich mich erst einmal auf der Frauentoilette. Bevor ich zu Anne gehe, möchte ich frisch und glücklich wirken, was zwar schwer sein wird, aber machbar ist. Ich sehe wirklich schrecklich aus, mit roten, geschwollenen Augen und roter Nase. Harry ist einer der Menschen in meinem Leben, die mir zwar unglaublich wichtig sein können, aber auch nur durch eine Tat oder ein Wort alles zerstören können. Dass er mit einem anderen Mädchen ins Bett gestiegen ist, nur weil ich auf Abstand gehen wollte, ist eine Frechheit. Eines ist mir klar; wenn Anne wieder gesund ist und ich ausgezogen bin, war es das mit Harry und mir.

Mit einem leichten Klopfen an Annes Tür gehe ich hinein. »Hi Anne.« Ich zwinge mir ein Lächeln auf, versuche glücklich und unverletzt zu wirken. Immer wieder kommt das Bild in meinem Kopf auf, wie diese Brünette die Treppe runter kommt und sich mit dem Kopf an Harrys Schulter lehnt. So wie es tat, als er uns am nächsten Morgen Eier mit Speck machte.

»Marisa, schön dich zu sehen!«, sagt sie, schwach aber stärker, als sie am Telefon klang. »Hast du Harry nicht gefunden?«
Oh doch, ich habe Harry gefunden. Mit einer anderen, in deinem Haus.

»Ja. Er ist zu Hause und hat anscheinend gestern zu viel getrunken. Sonst nichts, er scheint müde zu sein.«, spreche ich, unterdrücke den stechenden Schmerz in meiner Brust. Harry hat einiges in mir zerstört, was er wieder geradebiegen muss, wenn ich ihm etwas bedeute.

After The Sunset | h.sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt