Kapitel 74

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Carlo

Ich rannte aus dem Haus und von da an immer weiter. Ich rannte und rannte, bis ich einen kleinen Park erreichte. Erschöpft und zitternd ließ ich mich auf eine Bank fallen und legte den Kopf in meine Hände. Was habe ich nur getan? Ich habe Benno umgebracht! Panik stieg in mir auf. Ich konnte jetzt nicht mehr zurück. Ich konnte meiner Familie nie wieder unter die Augen treten. Ich musste Stuttgart verlassen, besser noch: Deutschland. Ganz weit weg fahren und nie wieder kommen. Mein Herz raste und meine Gedanken überschlugen sich, während ich schwer atmend versuchte, auf mein Leben klar zu kommen. Ich habe meinen eigenen Bruder umgebracht! Lange blieb ich auf der Bank sitzen, Minute um Minute verstrichen. Und immer noch keine Nachricht von Hannah, kein Lebenszeichen von Benno. Ich hatte Angst. Angst vor mir selbst. Der Körper in dem ich steckte war mir mit einem mal so fremd, so abstoßend, als wäre ich in ihm gefangen. Ich war nicht Carlo. Ich war ein Monster! Ich konnte nicht weiter sitzen bleiben, sondern sprang auf und lief wieder los. Meine Lunge brannte und meine Beine waren schwer, aber ich musste einfach laufen. Irgendwie vor mir weglaufen, obwohl ich wusste, dass ich das nicht konnte. Ich konnte nicht vor mir selber weglaufen, das ging einfach nicht. Ich fuhr mir durch die Haare. Ich musste jetzt erst mal runterkommen, nichts überstürzen. Jetzt bloß nicht den Verstand verlieren! Wo sollte ich nur hin? Es war nicht gut, jetzt alleine zu sein, das war mir bewusst. Dann fiel mir etwas ein. Ich lief zu einem alten Freund. Er wohnte nur ein paar Ecken weiter und auf ihn konnte man eigentlich immer zählen. Endlich erreichte ich das schäbige, alte Mehrfamilienhaus, in dem allerdings nur eine Wohnung bewohnt war: die von Daniel.

The story of my life Teil 2Where stories live. Discover now