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Das unendliche weit erscheinende Zelt der Sterne erstreckte sich über den grenzenlosen Himmel, das ich durch das verschlossene Fenster meines Zimmers betrachtete. Der Mond setzte dem Ganzen in der Mitte als großer, mächtig erscheinender Punkt die Krönung auf und als ich an dieses Wort dachte, musste ich einmal lautstark seufzen.
Morgen würde es soweit sein. Ich würde meinem künftigen Volk vorgeführt werden, wie ein Prestige Objekt behandelt und damit man mich begaffen konnte. Es würde nur für wenige Minuten sein, aber das war alles, was für mich morgen zählte.

Der wichtigste Tag meines Lebens.

So unangenehm dieser Gedanke auch war, genauso sehr freute es mich in gewisser Weise auch. Ich konnte dem Volk zeigen, dass ich existierte; dass die Thronfolge und der Name meines Vaters gesichert waren und ich ihnen ein guter, künftiger Herrscher sein wollte. Aber Tatsache war einfach, dass man es anders hätte regeln können, als mich fast zwei Jahrzehnte lang zu verstecken.
In gewisser Weise konnte ich die Angst meiner Mutter nachvollziehen, denn seitdem ich beinahe bei meiner Geburt das Leben gelassen hatte, war mein Körper eher schwächlich gesonnen. Es musste nur einmal unangenehm durch die Gemäuer ziehen und mein Körper fing sich eine Erkältung ein, aber trotz allem hätte sie doch ehrlich sein können und mich nicht verbergen müssen, als wäre ich ein Gefangener.

»Jeongguk.« Die schneidende Stimme meiner Mutter ging mir durch Mark und Bein und ließ mich zusammenzucken, sodass ich sofort von dem schmalen Fenstersims sprang und mich in ihre Richtung drehte. Wie eine echte Königin schritt sie auf mich zu, das lange, karmesinrote Gewand dabei hinter sich herziehend und das strenge Gesicht zu einer kühlen, gleichgültigen Miene verzogen. Sie hatte mir nie die Liebe einer Mutter geschenkt, zumindest wusste ich dank meiner geliebten Bücher, dass es normalerweise so sein sollte. Aber ich wollte mich nicht allzu sehr beschweren, denn immerhin hatte ich sie noch. Und andere Menschen vielleicht nicht.

»Geh endlich schlafen«, verlangte sie harsch und verschränkte die Arme unterhalb ihrer Brust. Es war nicht verwunderlich, dass ich sie nicht hatte kommen hören, denn der dunkle, eigentlich royalblaue Teppich verschluckte jedes Geräusch. Aber eigentlich sollte sie mich nicht erwischen, denn wenn sie wusste, dass ich noch wach war, würde es sicher in einer Bestrafung enden.

»Ja, Eure Majestät«, erwiderte ich ergeben und senkte kurz meinen Kopf, sodass ich mir unbeobachtet auf meine Unterlippe beißen konnte. Ich litt bereits mein ganzes Leben lang unter ihrer egozentrischen Herrschaft und wenn man sich unsere Familienverhältnisse genauer ansehen würde, würde man auch erkennen, dass eher meine Mutter dieses Land regierte als mein Vater. Vermutlich wirkte es ein wenig lächerlich, wenn man daran dachte, dass mein Vater und ich uns einer Frau beugten, aber sie war unglaublich gerissen, hinterhältig und manipulativ. Man wollte sie nicht als Feind und ich wollte mich nicht beschweren, dass sie sich nach etlichen Diskussionen doch darauf eingelassen hatte, mich zumindest für fünf Minuten dem Volk vorzuführen.

Trotz allem war mein Vater ein guter Herrscher und besaß ein unglaublich großes Herz. Ich wollte dem Volk zeigen, dass sie mit mir einen ebenso gutmütigen König erwarten konnten und allein dieser Gedanke war Grund dafür, dass ich trotzdem lächeln konnte. Ich wusste, dass mein Vater mein engster Vertrauter sein würde - anders als meine Mutter, die schon immer ihre Frustration an mir ausgelassen hatte.

»Dann beweg dich!«, riss sie mich aus meinen Gedanken und packte mich im nächsten Moment an meinem Arm, um mich unsanft hinter sich herzuziehen. Sie schob mich in Richtung meines riesigen Bettes, bohrte dabei ihre langen Fingernägel in mein Fleisch und ließ mich deshalb leise aufzischen. Das würde man vermutlich einige Tage noch erkennen können. Mein nächtliches Gewand trug ich bereits, sodass ich mich in das Bett legen konnte, nachdem sie mich dorthin bugsiert hatte. Ohne ein nettes Wort oder vielleicht eine warme, mütterliche Geste zu verlieren, wandte sie sich um und öffnete die Tür meines Gemachs, um dieses zu verlassen.

»Du verlässt, bis dich morgen jemand holt, nicht dieses Zimmer«, befahl sie mir noch, schlug im nächsten Moment die Tür zu und ließ mich zusammenzucken. Wieder biss ich mir leicht auf die Lippe, um ein Schluchzen zu unterdrücken und drehte mich auf die Seite. Zu weinen hatte ich längst aufgegeben und eigentlich wollte ich doch auch stark sein; ich musste es. Schließlich würde ich irgendwann König sein.

Aber wann würde das sein? Wann könnte ich frei sein? Und vor allem endlich genau der Mensch sein, der ich auch sein wollte?

𝐅𝐨𝐫𝐛𝐢𝐝𝐝𝐞𝐧│ᴊɪɢɢᴜᴋWhere stories live. Discover now