Kapitel 7

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Hastig wischte ich mir über die Augen und sah auf. Alle sahen mich mitleidig an. Sofie neben mir legte mitfühlend einen Arm um mich und drückte mich an sich. Ich versuchte mich an einem Lächeln, doch es wurde mehr eine Grimasse daraus. Schnell wechselte Sofie das Thema. „Weißt du, es wird dir hier gefallen! Die Meisten hier sind echt nett, und selbst der König ist wirklich immer höflich zu den Bediensteten!" Dankbar für den Themenwechsel sah ich sie interessiert an.
Der König?

„Jaaa! Sag nicht du weißt nicht wer - Oh, stimmt. Tut mir Leid! Wenn du willst, kann ich dir ein bisschen was über die Königsfamilie erzählen." Interessiert nickte ich und forderte sie damit auf, fortzufahren. „Ok, also: Bis vor vier Jahren hat hier noch König Reynold regiert. Dann ist er leider krank geworden und verstorben. Seine Frau, Königin Linda, hat den Thron an ihren älteren Sohn abgegeben, Prinz Elias. Naja, mittlerweile ist er natürlich König Elias." Sofie hatte aufgehört zu arbeiten und war stattdessen ins Erzählen vertieft. Interessiert fragte ich:
Und wie ist er so?

„Der König?" Ihre Augen strahlten plötzlich, und ihr Gesicht nahm verträumt Züge an. „Oooh, er ist unglaublich! Ein Bild von einem Mann! Alle Frauen im gesamten Königreich sind ihm verfallen! Aber er sieht nicht nur unbeschreiblich gut aus. Er ist auch unglaublich freundlich, gütig, mutig, stark, weise, gerecht und ein wahrer Gentleman. Er ist einfach-" „Perfekt, jaja. Wir wissen es mittlerweile." fiel ihr eine Frau ins Wort. Ich grinste, als ich ihr genervtes Gesicht sah. Eine andere warf ein: „Hildegard, du musst zugeben, dass es stimmt, was das Kind sagt. Er sieht wirklich gut aus, ist stets freundlich und ein guter König!" Die anderen Frauen stimmten mit ein. Dieser König musste ja wirklich toll sein.
Ob ich ihn wohl jemals persönlich treffen würde? Ich wollte mir gerne selbst ein Bild von ihm machen. Zwar zweifelte ich nicht an Sofies Worte, nur schien dieser König irgendwie... zu perfekt für mich.

Und weiter? Hat er eine Frau?

Sofie schüttelte den Kopf. „Nein. Hat er nicht." „Deswegen macht sich unsere Sofie hier immernoch Hoffnungen!" warf jemand ein. Interessiert sah ich wieder zu Sofie. Sie mochte also den König? Ihr Gesicht wurde rot. Schnell fuhr sie fort: „Also nein, er hat keine Frau. Nur seine Mutter und einen jüngeren Bruder." Grinsend sah ich meine Mitbewohnerin an.
Und? Ist er auch so wundervoll und perfekt?

Entsetzt sah sie mich an. „Prinz Kilian?! Überhaupt nicht! Er ist das genaue Gegenteil! Unhöflich, arrogant und... naja ok, er sieht ganz gut aus. Aber das wars auch schon!" Der plötzliche Umschwung ihrer Gefühle kam überraschend für mich. Die anderen Frauen stimmten ihr zu. „Es ist wahr, der Prinz ist nicht gerade ein Vorbild für sein Volk. Es heißt er vernachlässigt seine Pflichten und kümmert sich nur um sich selbst! Statt zu lernen verschwindet er regelmäßig aus dem Schloss und treibt sich wer weiß wo rum!" Ich horchte auf.

Er verschwindet aus dem Schloss?

Sofie nickte. „Jap, er haut ständig ab. Die Wachen versuchen zwar immer, ihn aufzuhalten, aber ohne Erfolg." Schnell schrieb ich: Ich habe gestern einen Jungen über die Schlossmauer springen sehen. Viele Wachen haben versucht ihn aufzuhalten, ihn aber nicht zu fassen bekommen.
Meine Mitbewohnerin nickte. „Das war er vermutlich. So eine 'Prinzenjagd' haben wir hier öfter. Er ist eine absolute Prinzenkatastrophe! Zum Glück sitzt dieser arrogante Schnösel nicht auf dem Thron!" „Sofie, langsam reicht es! Es könnte dich jemand hören..." mahnte eine der Frauen. Maulend gab sie nach und stoppte sich. Nachhakend fragte ich:

Bist du denn einem der Beiden schon mal begegnet?

Sofie verneinte. „Ich bin doch bloß eine Dienstmagd! Wie sollte ich solch hohen Herren begegnet sein!?"
Woher weißt du dann, dass sie tatsächlich so sind, wie du sagst? Sie winkte ab. „Ich habe beide schon oft von Weitem gesehen, oder manchmal auf dem Flur entlang laufen. Vertrau mir, ich habe eine gute Menschenkenntnis! Außerdem berichten andere dasselbe, und die haben schon mit der Königsfamilie Kontakt gehabt. Die müssen es wissen." Dem hatte ich nichts mehr hinzuzufügen, also schwiegen wir alle wieder und gingen unserer Arbeit nach. Dabei musste ich jedoch immer an Sofies Worte denken. War es nicht ungerecht, jemanden im Vorfeld zu verurteilen? Egal auf welche Weise?

Sound of SilenceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt