.:.Naivität.:.

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Erschöpft schwang ich mich von meinem Rappen und übergab einem der Orks das Tier. Tief vor mir verbeugt begrüßten sie mich, doch schenkte ich dem keine Beachtung. Ich hatte etwas anderes zu erledigen, weswegen ich mich schnell die Treppen nach oben schleppte und einen leeren Raum aufsuchte. Der Ritt von mehreren Tagen hatte an meinen Kräfte gezerrt und doch dachte ich gar nicht daran neue zu sammeln. Stattdessen knieten ich mich auf den kalten Stein und legte meine Hände flach auf diesen. Ich schloss meine Augen und konzentrierte mich auf die eine Verbindung. Langsam griff ich geistlich nach dem tief schwarzen Faden, welcher mich mit Sauron verband und mir so unsere Kommunikation ermöglichte. Vorsichtig hangelte ich mich an der Schnur entlang, bis mich ein dumpfes Pochen dazu brachte wieder meine Augen zu öffnen. Mit einem Mal befand ich mich oben auf dem Turm, wo das Auge Saurons über alles wachte. Die Hitze des Feuers schlug mir entgegen und eine dumpfe Erinnerung trat mir vor Augen, wie ich hier bereits gestanden hatte, doch mir die Flammen alles versenkt hatten. Schnell schüttelte ich meinen Kopf, um wieder klar denken zu können, auch wenn mir die vermutliche Erinnerung ein merkwürdiges Gefühl durch den Körper sandte. Hatten ich ein Leben vor dem hier besessen? Oder existiere ich erst, seitdem mir diese Aufgabe auferlegt wurde? Der Elb, er hatte mich gekannt, meinen Namen. Und ich konnte nicht leugnen, dass mir seine blauen Augen ebenfalls bekannt vorgekommen waren.
„Was bedrückt dich?" Holte mich eine tiefe Stimme aus meinen Gedanken und schnell sah ich auf. Das Auge zog sich kraftvoll zusammen, bevor es das Feuer wieder nach außen drückte.
"Warum bin ich gescheitert?" Fragte ich schnell, um ihn den anderen Gedanken nicht sehen zu lassen, doch bedrückte es mich ebenfalls. Niemals hätte ich gedacht, dass wir es nicht schaffen würden und vor allem ich hätte nicht gedacht, dass mir irgendjemand gleich kommen könnten, doch zweimal hatten sie es geschafft mich zu verletzen.
„Du besitzt noch nicht deine vollen Fähigkeiten. Es war eine Art Test und Training dieser Kampf, also liegt es nicht an dir, dass ihr gescheitert seid", erklärte mir die tiefe Stimme Saurons: „Du wirst weiter üben und bei dem letzten, schweren, verhängnisvollen  Kampf siegen."
Nickend blickte ich wieder in die Flamme.
„Du solltest neue Kräfte sammeln", hörte ich ihn noch sagen, bevor sich wieder meine Augen öffneten und ich mich in dem leeren Raum befand.
Kein Muskel meines Körpers ließ sich mehr bewegen, weswegen ich einfach in mich zusammensank und ergeben meine Augen schloss. Von ganz alleine legte sich ein ruhiger Schleier über mich und sofort versank ich in die Welt des Schlafes.

Meine Augen erfassten den weißen Mann, welcher mir bereits in Minas Tirith aufgefallen war. Seine kalten blauen Augen blickten ins Leere und er schien traurig.
„Ich habe ihn in den Tod geschickt", machte er sich den Vorwurf und tiefe Furchen bildeten sich auf seiner Stirn: „Ich habe Freya in ihr Verderben gleiten lassen und schon bald wird es mit ganz Mittelerde geschehen."
„Nein", mischte sich jemand weiteres mit ein und ich riss meinen Kopf zur Seite. Der Mensch vom Schlachtfeld befand sich ebenfalls in der riesigen, weißen Halle und blickte zu dem blendenden Mann.
„Es gibt noch Hoffnung für Frodo... für Freya."
............
Der Platz wechselte und mit einem Mal war all das Weiß verschwunden. Dunkelheit und Grauen ragte sich um mich und Hitze schlug mir entgegen. Meine Füße trugen mich zu dem Abgrund, welcher sich unmittelbar in meiner Nähe befand. Heiße, zäh flüssige Lava wandte sich unter mir und wartete nur darauf alles zu verschlucken, was in sie geriet. Ein Laut brachte mich dazu, dass ich mich umdrehte. Verwundert blickte ich dem kleinen Mann entgegen.
Als würde ich magisch von ihm angezogen werden, fanden meinen Augen den Ring. Sofort wollte ich zu ihm stürmen, doch hielt ich inne. Eine scheußlich aussehende Kreatur näherte sich dem kleinen Mann und hielt dabei einen Stein in der Hand. Bevor er seinen ersten Hieb tätigen konnte fiel ich zu Boden.

Schwer atmend öffnete ich meine Augen und blickte mich um. Verwundert von dem Gesehen griff ich nach dem Faden, welcher mich mit Sauron verband und glitt zu ihm. Von ganz alleine wollte ich ihm davon berichten und nichts konnte sich dagegen wehren. Aus irgendeinem Grund wusste ich bereits, was ich dort gesehen hatte, als wäre es nicht das erste Mal gewesen.
Schnell verbeugte ich mich vor den Flammen, bevor ich mich wieder aufrichtete und zu sprechen begann: „Ich habe ihn gesehen. Den Tod. Den Tod des Ringträgers."
Ich wusste nicht, woher der Name ‚Ringträger' entsprang, doch irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es so stimmte. Zudem hatte ich noch nie zuvor etwas von dem Ring gehört, doch bei dem ersten Blick formten sich Bilder in meinem Kopf, als wüsste ich schon ewig davon.
„Deine Gabe. Lange schien sie verschollen, wie es mir schien, doch ist sie nun zurückgekehrt. Der Hobbit wird scheitern, vertrau mir, ich werde mich darum kümmern, doch mache dich bereit. Feindliche Truppen nähern sich Mordor und du musst meine Streitkräfte anführen."
Sofort nickte ich und wollte die Verbindung unterbrechen, doch stoppte er mich: „Freya. Drei Tage hast du geschlafen. Ich hoffe du fühlst dich bereit."
Erstaunt weiteten sich meine Augen. Drei Tage? Es fühlte sich an, wie eine Nacht, doch schien mich der Kampf mehr mitgenommen zu haben, als gedacht. Vermutlich war es normal, denn Dank meiner Magie bräuchte ich mehr Kraft, als jedes normale Wesen.
„Ich fühle mich mehr als bereit und dieses Mal werden wir nicht scheitern", meine Stimme klang fest und zuversichtlich. Ich war mir sicher, dass wir gewinnen würden. Meine Macht war auf dem Boden Mordors stärker und ich würde konzentrierter handeln. Dieses Mal würde alles gut gehen und schon bald würde Mittelerde unser sein.
—————
„Zu den Toren!" Schrie ich und trieb meinen Rappen auf eine der Anhöhen.
Grinsend betrachtete ich die vielen kleinen Schachfiguren auf meinem Spielbrett und ich war mir sicher, dass ich alle richtigen Züge tätigen würden, sodass wir gewinnen.
Trommeln und Hörner erklangen, die unsere Anwesenheit bestätigten und unserem Auftritt mehr Stärke verliehen. Lachend trieb ich meinem Pferd die Sporen in die Seiten und ritt durch die Menge hindurch. Blitze zuckten und Donner krachten. Trockene Erde wurde durch die Hufen meines Rappens aufgewirbelt und ging in kleinen Wolken wieder zu Boden.
Als ich das riesige Tor erreichte, stoppte ich kurz, bevor ich mein Tier den Berg hinaufschickte, bis ich mich schließlich auf den riesigen Flügeln befand und auf die kleine Armada blickte. Lachend schüttelte ich meinen Kopf und fragte mich, ob sie das tatsächlich ernst meinten. Sie alle würden sterben. Jeder von ihnen.

Fünf der Reiter setzen sich in Bewegung und kamen direkt auf die Mauer zu, was ich mit einem belustigten Lächeln quittierte. Aufgeregt tippelte mein Rappe umher, weswegen ich ihm beruhigt den Hals tätschelte.
„Lasst den Herrn des schwarzen Landes herauskommen!" Brüllte mit einem Mal jemand von unten und sofort identifizierte ich die Stimme, als die des Menschen: „Er soll seine gerechte Strafe erhalten!"
Grinsend sah ich zu ihnen, doch antwortete ich nicht. Allein der Wind dürfte ihnen an den Ohren vorbeiziehen.

Kopfschüttelnd trieb ich mein Pferd entlang des Tores, bevor wir wieder den Boden erreichten und uns an der Spitze positionierten. Mit einer einzigen Handbewegung ließ ich meine Magie ausströmen, die das Tor öffnete. Knatschend setzte sich dieses in Bewegung und nur allmählich traten die beiden Flügel auseinander.
Langsam setzten sich die Soldaten links und rechts von mir in Bewegung, doch blieb ich stehen. Meine Augen fixierten die fünf genau und stoppten bei zwei blauen Augen. Verwundert legte ich meinen Kopf zur Seite, als ich den Blick des Elben wahrnahm. Allerdings drehte dieser sich um, als der Befehl des Menschen kam, dass sie sich zurückziehen sollten.
Das Tor öffnete sich immer weiter und ließ die Pracht meiner Armee erscheinen. Mein Blick ging zu den feindlichen Truppen und sofort roch ich ihre Angst. Ihre nervösen Blicken gingen runter wie Öl an meinem Körper und ein strahlendes Lächeln legte sich auf meine Lippen.
Wieder erblickte ich eine Charaktereigenschaft an den Menschen, die mich würgen ließ: Naivität. Es brauchte nur einen Mann, der wild vor seinen Truppen ritt, schnulzige Worte faselte und sofort waren alle wieder voller Hoffnung und die Angst war verschwunden. Genervt verdrehte ich meine Augen und trieb meinen Rappen langsam an. Im Scheritt folgte ich meinen Soldaten und probierte das hoffnungsvolle Gebrülle zu ignorieren.
„Siehst du das?" Sagte ich leise zu meinem Pferd und lachte: „Wie süß sie sich aufrichten und uns Stärke beweisen wollen, doch wird es ganz schnell mit ihnen zu Ende sein."

Meleth Où les histoires vivent. Découvrez maintenant