45. Gänseblümchen

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Eure Kommentare sprechen mir einfach aus der Seele<3

Die Beerdigung fand an einem Sonntag statt, dessen Himmel, dem Anlass angepasst, mit dunklen Wolken verhangen war.

Der Saal in dem die Trauerfeier gehalten wurde war gefüllt mit Menschen, Menschen die ich zuvor noch nie gesehen hatte, von denen ich Mila noch nie hatte ein Wort verlieren hören.

Die Meisten weinten, umarmten sich, begrüßten sich, trösteten die anderen.

Bei all dem Prozedere saß ich nur stumm auf meinem Platz, Sofie neben mir die still in ihr Taschentuch weinte und sich an meiner Schulter anlehnte.

Die Rede der Aufgelösten Mutter und des routinierten Trauerredners war für mich nicht weniger belanglos wie die duzenden Beileids Bekenntnisse der Menschen die auf mich zukamen und die ich nicht kannte, die von irgendwelchen Freunden von irgendwelche Freunde die auch auf dem Konzert gewesen waren mitbekommen hatten, dass ich direkt am Geschehen beteiligt gewesen war.

Alles prallte an mir ab.

Später am Tag, als all das Förmliche, Gezwungene endlich vorbei war, stand ich draußen an ihrem Grabstein.
Er war schön, ungeschliffen, ein einfacher aber besonderer Brocken reiner weißer Stein.

Blumen bedeckten das ganze Grab.
Rote und weiße Rosen, zartrosa Lilien, duneklviolette Stiefmütterchen.

Am liebsten hätte ich verächtlich gelacht, bei dieser scheinheiligen Scheiße.
Keiner dieser Leute hatte sie anscheinend wirklich gekannt.

„Ich mag keine Blumen" hatte Mila mal gesagt als wir an einem Blumenladen vorbeigelaufen waren.
„Die sind alle so aufdringlich."
„Jedes Mädchen mag doch Blumen." hatte ich darauf geantwortet und sie hatte überlegt.
„Hm... ja Gänseblümchen find ich cool. Die sind so unauffällig aber trotzdem Mega schön. Wenn ich mal n Garten hab werd ich den komplett mit Gänseblümchen vollpflanzen, so das kein Stückchen Rasen mehr zu sehen ist."

Jetzt all die bunten knalligen Blüten zu sehen war wie ein Verrat an dem Mädchen, dessen Asche darunter ruhte.

Ich war so vertieft, das ich nicht merkte wie sich jemand zu mir stellte.
Erst als Bella sich bückte und eine Hand voll gepflückter Gänseblümchen auf den letzten freien Fleck dunkler Erde legte, kam ich wieder zu mir, blinzelte mehrmals und sah sie dann an.

Sie lächelte traurig, mit rot verquollenen Augen, zu mir hoch.

„Danke." flüsterte ich heiser.

Sie nickte nur.

Eine Zeit lang schwiegen wir uns an.
Ich hatte nie viele Worte mit Bella gewechselt, sie war für mich immer nur das Mädchen gewesen, dem Milas Herz gehört hatte.
Und dann irgendwann nicht mehr.

„Du kanntest sie am besten" brach es aus mir heraus, denn die Frage die mich nicht losließ kam wieder in mir auf.

„Irgendwie schon" gab sie zurück, blickte mit leerem Blick auf das Grab.
„Und trotzdem hab ich so vieles nicht bemerkt. Ich war so sehr davon überzeugt zu wissen wer sie war... das ich ihre Liebe nicht registriert habe."

„Aber trotzdem" meine Stimme wurde lauter, fast flehend. „Trotzdem standest du ihr doch am nächsten! Bevor sie... starb" ich musste tief Luft holen um die aufkommenden Tränen die sich wieder anbahnten runter zu schlucken „wollte sie das ich ihr etwas verspreche. Aber... sie konnte mir nicht mehr sagen... was."

Verzweifelt sah ich sie an.

„Ich kann Dir nicht sagen was du ihr Versprechen solltest. Das hätte nur sie tun können." tiefe Traurigkeit lag in diesem Satz der mich traf wie ein Schlag.

„Aber ich bin mir sicher, das Mila gewollt hätte das du weiter machst. Das wir alle weiter leben." Sie legte ihre Hand um meinen Arm, umarmte mich dann fest.

Das war der Moment indem ich die Tränen nicht mehr zurückhalten konnte, und an Bellas zitterndem Körper spürte ich das auch sie weinte.

„Ich vermisse sie." flüsterte ich mit gebrochener Stimme, kraftlos in ihre Halsbeuge.

„Ja, ich auch."

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