Kapitel 15

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Es war die Psychopathin, die Wincent und mich bedroht hatte. Und nun wollte sie wahrscheinlich das zu Ende bringen, was sie schon während des Konzertes vorhatte. Ich wollte mir nicht ausmalen, was sie mir alles hätte antun können.

„Tut mir leid, dass ich das tun muss Kathi...", sagte sie ironisch. Natürlich tat es ihr nicht leid! „Aber ich kann nicht zulassen, dass Wincent etwas mit dir anfängt. Du bist es echt nicht wert. Viel besser wäre es doch, wenn es mit mir zusammen wäre. Wir wären doch ein tolles Paar oder nicht?". Ich schluckte . Ich wusste nicht was sie vor hatte aber es hörte sich so an, also wollte sie mir wehtun oder sonst irgendwas. Ich traute ihr so ziemlich alles zu und das obwohl ich sie nicht kannte. Zumindest dachte ich dass ich sie nicht kannte. Schließlich war ihr Gesicht immer noch von der Kapuze bedeckt.

Ich hoffte einfach nur, dass Wincent bald bei mir war und mir helfen konnte. Apropos Wincent. War er nicht noch am Telefon? Hatte er vielleicht alles mitgehört? Ich konnte nur hoffen. Vorsichtig steckte ich das Handy in meine Jackentasche, ohne dass die Frau es bemerkte. Sie war aber gerade wohl beschäftigt damit, irgendetwas aus ihrem Rucksack zu fummeln. Plötzlich zückte sie ein kleines Messer. Zwar klein aber groß genug um mich bedeutend zu verletzten. Ich spürte wie mir langsam die Tränen in die Augen stiegen.

Ich hatte Angst. Unglaubliche Angst davor was jetzt passieren würde. Die Frau zog mich ins Innere des Waldes. Eine ganze Weile liefen wir in die Dunkelheit hinein. Irgendwann stoppte sie und befahl mir, mich an den Baum zu setzten. Dort band sie sowohl meine Beine als auch Hände mit Schnüren zusammen. Sie redete noch irgendwas von Wincent und ihr, von Liebe, Hochzeit und Kindern doch ich konnte ihr nicht wirklich zuhören. Zu sehr versuchte ich mich auf die Straße am unteren Ende des Waldes zu konzentrieren. Wenn Wincent oder irgendjemand unterm vorbei laufen würde, hatte ich vor um Hilfe zu schreien. Doch niemand kam.

Irgendwann hab ich die Hoffnung auf. Es war zwar noch nicht viel Zeit vergangen, seit ich hier an den Baum gefesselt saß, doch es fühlte sich bereits an wie eine Ewigkeit. Meine „Entführerin" war schon seit einiger Zeit verschwunden. Hatte sie mich nur hier festgebunden und war dann gegangen? Oder holte sie nur irgendwelche Werkzeuge für ihre kranken Vorhaben?

Wieder liefen mir die Tränen die Wangen hinunter. Ich wollte einfach nur hier weg - hatte aber keine Chance mich alleine zu befreien. Also lehnte ich mich wieder an den Baum und schloss für einen Moment die Augen. Es muss mittlerweile schon mega spät geworden sein. Wahrscheinlich weit nach 0:00. Mir fiel ein, dass der Tourbus 00:30 starten sollte. Was wenn Wincent umgedreht war um pünktlich am Bus zu sein? Dann würde ich hier vergeblich auf ihn warten.

Es verging noch einige Zeit und ich muss eingeschlafen sein, denn irgendwann wurde ich von leisen Stimmen geweckt. Ich vernahm Lichtkegel von Taschenlampen im
Wald. Erst konnte ich nicht eindeutig entziffern, was die Stimmen riefen. Doch dann kam mir die Stimme bekannt vor.

W: „Kathiiiiii, Kathi kannst du mich hören? Wo bist du?". Es war Wincent. Sofort war ich hellwach und schrie so laut ich nur konnte. Nur wenige Sekunden später erreichte mich Wincent mit der Polizei im Schlepptau. Überglücklich fiel ich ihm um den Hals, nachdem mich die Polizisten aus meinen Fesseln befreit hatten. Wincent drückte mich ganz fest an sich. Ich genoss die Umarmung in diesem Moment mehr als alles Andere.

Als wir wieder unten an der Straße ankamen, erklärte ich den Polizisten am Auto was passiert war. Wincent hätte sie sofort gerufen und um Hilfe gebeten, nachdem er dank des Telefonats mitgehört hatte was passiert war. Gottseidank. Nach meiner Aussage beschlossen die Polizisten sich im Wald auf die Lauer zu legen und auf die unbekannte Frau zu warten. Schließlich musste sie ja irgendwann wiederkommen, um nach mir zu sehen. Und genau dann wollten sie sie stellen. Wincent und ich hofften, dass das klappen würde.

Da es nicht mehr weit zurück zu Thüringen-Halle war, beschlossen wir den restlichen Weg gemeinsam zu laufen. Nach einer kurzen Weile nahm Wincent wie selbstverständlich meine Hand, warf mir dann aber doch einen fragenden Blick zu. Da ich immer noch unter Schock stand, war ich einfach nur froh ihn an meiner Seite zu haben. Ich nickte deshalb nur und wir liefen Hand in Hand zurück zur Halle.

W: „Ich bin so froh, dass dir nichts schlimmes passiert ist!", unterbrach Wincent irgendwann die Stille. „Ich meine, sie hat dich natürlich an den Baum gefesselt aber dich zum Glück nicht weiter verletzt. Das hätte ich mir niemals verziehen, ey."

Ich schmunzelte über seine süße Aussage. Ja zum Glück hatte sie mich nicht weiter verletzt. Doch am liebsten wollte ich jetzt garnicht mehr daran denken und die ganze Geschichte einfach nur hinter mir lassen. Alles was in Erfurt passiert war sollte auch in Erfurt bleiben!

Zurück an der Halle warteten natürlich schon alle am Tourbus auf uns. Schließlich war es auch schon 2:30 Uhr und wir hätten schon vor zwei Stunden aufbrechen sollen. Wir beschlossen trotzdem, der Crew erstmal nichts von der Psychopathin zu erzählen, in der Hoffnung, dass die Polizisten sie finden würden. Die Crew brauchte sich nicht auch noch Sorgen machen.

Da der erste Teil der Tour nun geschafft war standen 2 Wochen Pause an. Es ging also für uns alle zurück nach Berlin. Ich freute mich auf die Auszeit von dem ganzen Chaos auf der Tour und hoffte, dass ich in diesem zwei Wochen zumindest ein bisschen abschalten und mir klar werden konnte, wie es mit mir und Wincent weitergehen sollte. Denn das war ganz dringend nötig!

Im Bus ging ich direkt nach oben zu den Kabinen, während die Jungs unten noch ein Bier tranken. Das einzige was ich jetzt grad wollte war schlafen, doch ich kamnicht wirklich dazu. Nur wenige Minuten nachdem ich mich oben hingelegt hatte kam Sascha nach oben. Besorgt setzte er sich vor meine Kabine. Er merkte einfach immer wenn etwas nicht stimmte. Schließlich kannte er mich auch schon gefühlt mein ganzes Leben und wir waren schon immer gute Freunde gewesen.

S: „Kathi, jetzt mal ehrlich - was ist vorhin passiert? Beziehungsweise was ist den ganzen Abend passiert?". Sein Ton wurde etwas ernster. „Ich kenn dich schon so lange und es ist kaum zu übersehen, dass irgendwas nicht stimmt. Du weißt, dass du mir alles sagen kannst oder..?"

Ich wusste, dass er recht hatte. Wenn ich ihn nicht alles erzählen konnte, wem sonst? Also begann ich zu erzählen. Von Anfang an. Von den Drohungen gegen Wincent und mich, vom Kuss auf der Bühne, allem was danach im Flur und der Gardarobe passiert war (die Details lies ich natürlich aus), wie ich danach die Hassnachrichten bekommen hatte, daraufhin weggelaufen bin und was danach im Wald passiert war.

Wieder kamen mir die Tränen als ich alles nochmal revue passieren lies. Auch Sascha kämpfte sichtlich mit seinen Gefühlen und wusste gar nicht was er sagen sollte. Natürlich fragte er sofort, ob wir schon die Polizei verständigt hatten, was ich bejahte.

365 Tage - Wincent WeissWo Geschichten leben. Entdecke jetzt