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Am nächsten Tag verschwanden die Sorgen um Yoongi immer noch nicht. In der Uni war ich nicht richtig bei der Sache, weil ich immer Yoongis gequältes Gesicht vor mir sah. Er hatte so ausgesehen, als würde ihn zu Hause die reinste Folter erwarten und ich bereute nun, dass ich ihn nicht nach seiner Nummer gefragt hatte.

Jin war auch keine gute Ablenkungsmöglichkeit, da er die ganze Zeit nur von Namjoon und davon, dass sich dieser mit ihm zum Mittagessen verabredet hatte, schwärmte.

Also entschied ich mich die Vorlesung am Nachmittag einfach ausfallen zu lassen und schon mal nach Hause zu fahren. Ich musste heute sowieso noch ins Café und insgeheim hoffte ich auch dort Yoongi wiederzusehen.

Während ich so durch die Stadt fuhr, kreisten meine Gedanken um den blassen Jungen und fast hätte ich eine rote Ampel übersehen.

Fluchend legte ich eine Vollbremsung hin und schaffte es gerade noch so davor steh zu bleiben.

Als ich weiter fuhr, war ich aufmerksamer und hatte meine Umgebung besser im Blick. Trotzdem traute ich meine Augen kaum, als ich an einer Schule vorbei kam und Yoongi entdeckte, wie er fast schon aus dem Schulgebäude zu sprinten schien. Er musste vor irgendetwas unglaubliche Angst haben, denn er rannte wie von der Tarantel gestochen und mit einem angsterfüllten Gesichtsausdruck zu seinem Fahrrad und sperrte es auf. Ich fragte mich, wovor er so viel Angst hatte, aber kurze Zeit später hatte ich die Antwort. Drei Jungs in seinem Alter tauchten neben ihm auf und zerrten ihn in eine kleinere Straße. Ich verfolgte das Schauspiel mit gerunzelter Stirn, lehnte mein Fahrrad an eine Hausmauer und folgte ihnen.

„Du Schwuchtel dachtest, dass du uns wieder davon laufen könntest." Es folgte ein hämisches Lachen und ich spürte, wie ich langsam aber sicher Gänsehaut bekam. Diese Typen waren bestimmt nicht auf einen Plausch aus. Ich lugte um die Ecke und erkannte Yoongi, wie er zusammengekauert an der Hauswand lehnte und einfach nur vor sich hinstarrte. „Hat es dir die Sprache verschlagen?" Ein weiterer Junge lachte und schlug Yoongi auf die Schulter, wie als würden sie Witze machen. Der dritte legte den Kopf schief und starrte Yoongi an. „Wie ist es eigentlich von Schwänzen gefickt zu werden?" Er zog Yoongis T-Shirt herunter, sodass man seine Brust sehen konnte. „Knutschflecken hast du ja genug." Als ich Yoongis entblößte Brust erblickte, erstarrte ich. Das, was der eine als Knutschflecken bezeichnete, waren ganz bestimmt keine. Es waren viele kleine Blutergüsse, von lila bis blau war alles dabei. Teilweise hatte es sogar geblutet. Manche waren schon fast nicht mehr sichtbar, aber andere sahen noch relativ frisch aus.

Ohne Vorwarnung holte der Schwarzhaarige von vorhin aus und schlug Yoongi in die Magengrube. Er ging unter Stöhnen zu Boden, was seine Mobber zum Lachen brachte. „Es tut mir leid Yoongi, aber die Prüfung zu Mann hast du leider nicht bestanden." Ein anderer zerrte ihn wieder hoch und schlug mit geballter Faust auf seinen Rücken. Er schrie auf, wehrte sich aber nicht. Er starrte einfach nur ausdruckslos ins Leere und in seinen Augen bildeten sich langsam aber sicher Tränen. „Jetzt weint die Memme auch noch! Heilige Scheiße, dir muss man noch viel beibringen."

Er bekam einen Schlag auf den Hinterkopf und jetzt schossen die Tränen aus ihm hervor und tropften auf den Boden. Jetzt reichte es mir. Ich hatte lange genug dabei zu gehen, wie sie ihn quälten.

„Hey! Habt ihr nichts Besseres zu tun, als wehrlose Kinder zu verprügeln?" Ich straffte die Schultern und trat hinter der Ecke hervor. Kurz weiteten sich die Augen der drei, aber sie alle gewannen schnell die Fassung wieder. Yoongi dagegen saß inzwischen auf dem Boden und sah mich mit offenem Mund an.

„Wer bist du, dass dich das Schicksal von dem Schwuchtel interessiert?" Der offensichtliche Anführer spuckte mir vor die Füße. Kurz überlegte ich in welcher Beziehung ich am besten zu Yoongi stehen sollte, damit sie mich ernst nahmen.

Hope World | YoonseokWhere stories live. Discover now