|19| der Geschmack von Rebellion | ✓

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☽- ❞Karfunkel Saga❝ - ☾
XIX

Die vier Gefährten durchquerten nun schon seit einigen Tagen die hügelige Graslandschaft, die unter Befehlsgewalt des Lords Osín stand. Erst waren sie froh gewesen den sandigen Stränden der steinigen Klippen den Rücken kehren zu können, doch mittlerweile hatte das Wetter selbst in den südwestlicheren Regionen umgeschlagen. Immer öfter zogen frische Brisen auf, die über die verlassene Landschaft fegten und dabei schaurige Melodien pfiffen.

Weder Ludwin, noch Koralie war in der Verfassung gute Laune zu versprühen. Frierend und auf ihren Pferden kauernd, klammerten sie sich an die Wärme spendenden Samtumhänge, die ihre Körper ganz und gar vermummten. Der moosgrüne Stoff wärmte gut und ließ Regen nicht hindurch sickern. Insbesondere bei Schlechtwetter eigneten sich die Reiseumhänge besonders gut, wie die drei in den letzten Tagen erfahren mussten.

Während die drei Halbstarken den Witterungen ausgeliefert waren, machte es sich der kleine Luchs in Koralies Ledertasche gemütlich. Obwohl er von Tag zu Tag kräftiger wurde, passte Bamuti noch immer problemlos in die Reisetasche. Koralie schaffte es sogar die Tasche mit einer flauschigen Decke zu polstern, unter der sich der Luchs beinahe vollständig vergraben hatte.

Immer wieder sah Koralie in die Tasche vor ihrem Schoß, um sich zu vergewissern, dass es Bamuti auch an nichts fehlte. Sie schmunzelte jedes Mal, wenn sie in das zauberhafte Gesicht des Luchses blickte. Er war ein süßer, kleiner Kerl.

Auch ihr kohlschwarzer Rappe Abraxas trat den mittlerweile recht frostigen Temperaturen mit Standhaftigkeit entgegen und setzte beharrlich ein Bein vor das andere. Während Abraxas nie an Tempo verlor und sehr viel Durchhaltevermögen zeigte, fielen die Pferde von Adelyn und Ludwin langsam zurück. Vor allem Adelyns zart gebaute Fuchsstute Nuri machte immer öfter Anstalten einfach stehen zu bleiben und keinen Schritt mehr vorwärts zu gehen. Doch anstatt ihrer Stute gut zuzureden und ihr Mut zu machen, schwieg Adelyn. Geradezu apathisch saß sie auf ihrem Pferd und hielt die Zügel halbherzig in den Händen.

Nachdem Adelyn am Abend des Lichterfests noch einmal in ihr Gemach gelaufen war, um ihr wertvolles Andenken zu holen, hatte sich Koralie große Sorgen um sie gemacht. Sie hatte damit gerechnet Adelyn nie wieder zu sehen. Als das Mädchen jedoch kurze Zeit später in den Schatten des Tunnels zum Vorschein gekommen war, hatte sich Koralie unheimlich gefreut.

Sie war Adelyn stürmisch um den Hals gefallen und hatte sie gar nicht mehr losgelassen, so sehr war sie von ihren Glückgefühlen übermannt worden. Erst als Ludwin die Mädchen darauf hingewiesen hatte, dass die Nacht nicht ewig dauern würde, hatten die beiden voneinander abgelassen und sich auf die Pferde geschwungen. Im vollen Tempo waren die Drei entlang des Strands galoppiert und hatten sich stets bedeckt von dem Reiseweg gehalten, der oben bei den Klippen entlang verlief.

Um nicht doch noch von Sturmbruchs Rittern geschnappt zu werden, hatten sie sich keine Pausen erlaubt. Sie hatten so schnell wie möglich einen großen Abstand zwischen sich und Sturmbruch gebracht, falls sie verfolgt werden würden. Die letzten Tage war ihr Wille stark gewesen, doch nun war ein jeder von ihnen an sein Äußerstes gelangt. Insbesondere die Pferde hatten eine ausgewogene Rast mehr als nötig.

Schließlich ritt Ludwin zu Koralie. »Wir gelangen immer näher an das Ende des Glasstroms. Wir haben uns schon so weit von Sturmbruch entfernt, ich glaube kaum, dass die Ritter der stürmischen Klippen soweit nach Süden reiten. Und außerdem gibt es hier eine gute Vegetation. Im Schutz der Bäume können wir unbesorgt eine kleine Rast einlegen. Die Pferde brauchen sie«, erklärte Ludwin tüchtig und musterte Koralie mit einem bedenklichen Ausdruck im Gesicht.

Das Mädchen linste erschöpft zu Ludwin und lächelte matt. Ihre Lippen sahen blass und ausgetrocknet von der kalten Luft aus, während ihre Wangen stark gerötet waren. Einige Äderchen gaben sich auf ihrer Haut zu erkennen und auch tiefe Augenringe kamen allmählich auf ihrem Gesicht zum Vorschein. »Ja«, seufzte sie. »Eine Pause würde uns allen gut tun.«

Die Legende der Kronluchse | 1  ✓Where stories live. Discover now