Zwischenspiel III - ein Herz so groß wie das Meer | ✓

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☽- ❞Karfunkel Saga❝ - ☾
Zwischenspiel
III

Einige Wochen zuvor...

Verehrter Freund,

es ist lange her, doch ich könnte die Hilfe eines alten Freundes gebrauchen. In Yasien geht so einiges nicht mit rechten Dingen zu. Ein Schatten hat sich über die weiße Marmorstadt gelegt, der die Bürger in Angst und Schrecken versetzt. Diese Skurrilitäten ereignen sich nun schon viel zu lange. Es ist nun an der Zeit, dass sich jemand dieser höchst prekären Angelegenheit annimmt. Ich weiß, du hast die Welt ihrem Schicksal überlassen, doch wir brauchen dich hier. Die kalten Winde bringen uns Schnee, welcher nachts, so wahr ich hier sitze, in Form grauenhafter Kreaturen durch die Stadt fegt und zahlreiche Tote hinlässt. Die Leichen sind derartig eingefroren, dass uns keine Autopsie möglich ist. Bei dem kleinsten Einschnitt zersplittern die vereisten Körper in tausend Einzelteile. Alles habe ich versucht, überall habe ich mich informiert, doch dieses Mirakel geht über die Fähigkeiten jeglicher Lehrmeister hinaus. Die Anzahl der Toten steigt täglich und es ist kein Ende in Sicht. Obwohl ich wünschte es wäre nicht so, befürchte ich, dass uns nur noch die Magie eines Hexenmeisters mit deinem nötigen Wissen helfen kann.

In Liebe und Verzweiflung,
Egnatos Vergill

***

Die Welt lag im Erwachen, als ein Reisender von einem Hügel aus über die Landschaft und die Stadt im Tal blickte. Hinter den weißen Bauten der renommierten Stadt ging bereits die Sonne auf. Ein atemberaubendes Licht aus roten und orangenen Funken flimmerte am Horizont. Es war schön anzusehen wie die ersten Sonnenstrahlen die Stadt in ein unwirkliches Licht tauchten, so als stammte die gesamte Landschaft aus einem Bilderbuch.

Mit Gehstock, altem Filzhut, einem langen Umhang und einem voll beladenen Esel an seiner Seite war der bärtige Mann nur mit dem Nötigsten ausgestattet. Er schien keine Person von großem Reichtum zu sein.

Der Reisende zog eine ernste Miene. Für einige Augenblicke ließ er seine Augen misstrauisch über die Bauten der Stadt wandern. Die Stadt sah friedlich aus, sowie ein Kind, das tief und fest in seinem warmen Bettchen schlief. Auch der an die Stadt angrenzende Wald, wirkte so friedlich, das der Gedanke an eine verfluchte Stadt nicht ferner hätte liegen können.

Von einem strömenden Fluss geschützt, war es so gut wie unmöglich die Stadt ungesehen zu betreten, oder sie gar einzunehmen. Es gab lediglich zwei Zugänge, die schwer bewacht wurden. Eine Brücke, die über ein tief gelegenes Tal im Norden verlief und eine, die Reisende über den Fluss im Süden vor die Stadttore führte. Yasien war ein sicherer Hafen für all jene, die sich ein neues Leben aufbauen wollten. Ein besseres Leben.

Kaum war der Mann vor den silbernen Pforten der Stadt angelangt, gewährte man ihm Zutritt, ohne sich ausweisen zu müssen. Dieser einfache Wanderer hatte mehr zu bieten, als man auf den ersten Blick sah. Er hatte Geheimnisse. Geheimnisse, die ihn schon sein ganzes Leben verfolgten. Und ja, er wünschte sich bestimmt nichts sehnlicher, als dass man ihn und seine Geheimnisse endlich vergessen würde. Doch auch, wenn die Vergangenheit von so manchen gerne in Vergessenheit gerät, die von Pontuz Niomär von Elmador würde ihn ewig verfolgen. Erst nach seinem letzten Atemzug würde er Frieden finden. Denn solange es ihn auf dieser Welt gab, würde es auch immer solche geben, die sich an ihn erinnerten. Und zwar als den größten Hexenmeister seiner Zeit.

Pontuz hatte einen ganz bestimmten Ort im Kopf, den er aufsuchte. Er musste weit in die inneren Bezirke vordringen, bis er die Akademie für Heilkunde und Alchemie neben dem städtischen Krankenhaus erreicht hatte.

Der Hexenmeister wurde bereits erwartet. Ein erwachsener, gut gebauter Mann, der sicher 30 Jahre jünger als Pontuz war, kam auf ihn zugeeilt. Mit den Händen voller Akten blieb er vor Pontuz stehen und nickte ihm mit einem verunsicherten Lächeln zu.

Die Legende der Kronluchse | 1  ✓Where stories live. Discover now