|20| Wasserschlacht | ✓*

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☽- ❞Karfunkel Saga❝ - ☾
XX

Die leuchtenden Schiffslaternen schaukelten ächzend im Wind. Die Sonne war bereits hinter dem Horizont verschwunden. Am dunklen Nachthimmel verteilten sich zahlreiche Sterne. Schaurig rauschte das pechschwarze Meerwasser gegen das Schiff und schlug mit schäumenden Wogen um sich. Es war keiner jener ruhigen Abende auf See, die man hätte genießen können.

Adelyn war sich sicher, dass es heute noch blitzen und donnern würde. Ihr gesamter Leib zitterte. Während sich die Piraten in der Kajüte aufwärmten, waren sie noch immer an den Mast gebunden und kauerten am feucht nassen Boden eng zusammen.

»Wir müssen uns einen Fluchtplan überlegen«, brach es urplötzlich nach stundenlangem Schweigen aus Ludwin heraus. Adelyn saß zwischen Koralie und Ludwin. Sie blähte ihre Nase und sah augenrollend zu dem Jungen.

»Wir sind gefesselt, solltest du's vergessen haben.« Ludwin nahm ihr den bissigen Tonfall nicht übel. Sie waren schließlich wirklich in einer verzwickten Situation. Bamuti wurde in der Kajüte festgehalten, die Pferde befanden sich in den Kerkern und sie saßen gefesselt unter freiem Himmel, während jeden Augenblick der Weltuntergang über sie hereinbrechen könnte.

Das hohle Grollen, das den Himmel schlottern ließ, hatte nichts Gutes zu verheißen. Adelyn atmete schwer, als sie plötzlich ein Sägen neben sich wahrnahm und erneut zu Ludwin sah. »Was machst du da?«, fragte sie verächtlich und runzelte die Stirn.

Ludwin schnitt den Strick, der um seine Hände gebunden war, mit einem kleinen Taschenmesser durch und streckte Adelyn die Hände demonstrativ entgegen. »Wonach sieht's denn aus? Ich befreie uns.«

Nun wurde auch Koralie auf der anderen Seite des Masts hellhörig und setzte sich auf. »Befreien? Uns?«, wiederholte sie die Worte des Jungen überrascht und reckte ihren Hals in Ludwins Richtung.

»Ich hatte das Messer die ganze Zeit über versteckt«, murmelte er, während er Adelyns Handstrick losschnitt. Entsetzt öffnete das Mädchen den Mund und verengte die Augen zu Schlitzen.

Auch Koralie konnte ihre Gefühle nicht verbergen. »Was?«, zog sie das Wort fragend in die Länge.

»Du hättest uns schon vor Stunden befreien können.« Adelyn zog ihre Hände aus dem Strick und griff sich an ihre aufgeschundenen Handgelenke.

Ludwin rutschte im Sitzen zu Kora, um auch sie loszubinden. »Zu risikoreich. Ich wollte warten, bis es dunkel ist und sich alle in die Kajüte verzogen haben.« Mit einem kräftigen Schnitt trennte er das Seil und Koralie atmete erleichtert auf.

»Abraxas«, hauchte sie und stierte mit gläsernen Augen auf die sternenbeleuchtete Wasseroberfläche. »Ich kann nicht ohne ihn gehen.«

Ludwin schob den breiten Strick, der sich um ihre Oberkörper legten nach oben und schlüpfte unten durch. Das gespannte Seil lockerte sich und fiel zu Boden.

»Na gut, du holst die Pferde, während Adelyn und ich Bamuti suchen.« Koralie und Ludwin nickten sich zu, ehe Kora unter Deck verschwand und Ludwin auf die Kapitänskajüte zusteuerte. Durch das Glasfenster an der Tür konnte er erkennen, dass die Piraten bereits volltrunken waren und besinnungslos hin und her geigelten oder schliefen.

Adelyn sah beunruhigt zu Ludwin. »Wie wollen wir eigentlich vom Schiff kommen?« Ludwin neigte sich zu dem Mädchen und zeigte zum hinteren Backbord. »Dort sind Boote. Wenn wir die ins Wasser lassen, können wir zum Ufer rudern.«

»Mit den Pferden?« Adelyn war nicht besonders überzeugt. Sie hatte Angst, dass etwas schief ging. »Komm«, flüsterte Ludwin, woraufhin sich das Mädchen wieder umdrehte. »Gib mir mal eine deiner Haarspangen«, meinte er leise und deutete auf das Türschloss.

Die Legende der Kronluchse | 1  ✓Opowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz