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Der Wind war so stark, dass er Luke und mir die Haare ins Gesicht blies und uns damit die Sicht nahm. Neben mir stand mein Freund und hielt sich an dem kühlen Stahlgeländer fest, welches sich wie ein Gitter um den Aussichtsturm zog.

Vor uns streckte sich das Meer empor. Zu dem leicht ergrauten Himmel hatten sich Wolken gesellt, welche die Sonne verdeckt hielten. Der salzige Geruch des Wassers kroch mir in die Nase und ließ mich wieder fühlen, wie ein Kind.

„Kommt ihr runter?", hörte ich Lukes Mutter von unten rufen. Ich ließ meinen Blick noch einmal schwenken, bevor ich es Luke gleichtat und die Wendeltreppe wieder hinabstieg. Über die letzten beiden Stufen sprang ich hinweg, was mein Freund nur mit einem Kopfschütteln quittierte.

„Wir würden erst einmal ins Hotel fahren, danach könnt ihr euch die Gegend immer noch anschauen", meinte Lukes Vater, während er schon vor zu dem schwarzen Audi lief. Ich griff freudig nach Lukes Hand und folgte seinen Eltern zum Auto.

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Erschöpft stellte ich meinen zu schweren Koffer vor meinen Füßen ab und schaute mir das leuchtende Zimmer an. Die Wände waren in einem hellen, freundlichen gelb gestrichen und in der Mitte prangte ein Doppelbett an der Wand, über ihm hing ein Bild von der Küste, welche nicht unweit von hier sein konnte.

In der einen Ecke stand ein klobiger Schrank aus Eichenholz und unter dem Fenster war außerdem ein kleiner Schreibtisch untergebracht.

Ich trat weiter in den Raum hinein, um mich rücklings auf das Bett fallen zu lassen, bedacht, dass meine Schuhe nicht auf dieses kommen würden. Weich gab es unter meinem Gewicht nach und ließ mir den Raum für einen kurzen Moment durch zu atmen.

„Würdest du deinen Koffer vielleicht beim nächsten Mal nicht mitten in der Tür stehen lassen?", fragte Luke mich belustigt, doch mit genervtem Unterton. „Upsi, tut mir leid", entgegnete ich ihm und lächelte ihn entschuldigend an, während ich meinen Kopf leicht anhob.

„Gehn' wir?", fragte er und nickte mit seinem Kopf in Richtung Tür. Sofort sprang ich auf und sprintete vor ihm aus dem Zimmer. Hinter mir vernahm ich nur ein leises Lachen und das Schließen der Zimmertür.

Warm spürte ich schließlich Lukes Hand an meinem Rücken, während wir uns zusammen durch den engen Gang nach draußen quetschten. Bevor wir die Treppe nach unter gingen, klopfte Luke noch am Zimmer seiner Eltern an und sagte ihnen Bescheid, dass wir rausgehen würden.

Nachdem ich die Glastür des Hotels aufdrückte stieß mir die salzige Meeresluft direkt wieder entgegen. Ich griff nach der Hand meines Freundes und ließ mich von ihm leiten, immerhin kannte er sich hier besser aus als ich.

Ich liebte das Meer, aber ich war nie oft auf Rügen gewesen, er hingegen schon. Er führte uns zu einem zu gewucherten Trampelpfad und ging vor, jedoch ohne meine Hand loszulassen. Lächelnd schaute ich auf die verschränkten Finger und folgte ihm.

Vorsichtig hielt er mir den letzten Zweig aus dem Gesicht, an welchem ich schnell vorbeiging, bevor ich endlich freie Sicht hatte.

Staunend wanderten meine Lippen auseinander. Neben uns ragte die Steilküste hoch in den Himmel und kitzelte dabei fast schon die Wolken. Wir standen auf einer kleinen, verlassenen Anhebung, welche von Hagebutten und anderen Sträuchern eingerahmt war. Direkt vor uns peitschte das Meer wild auf den hellen Sand.

Wind fand wieder seinen Weg in meine Haare und kitzelte meine Nase. Überwältigt von dem wunderbaren Schauspiel der Natur setzte ich mich in den klammen Sand unter mir. Luke tat es mir gleich, worauf ich meinen Kopf direkt auf seiner Schulter platzierte.

„Ich hab' das hier vor einiger Zeit gefunden, als ich Streit mit meinen Eltern hatte und 'bisschen Freiraum brauchte, seitdem komme ich hier immer her", meinte Luke ruhig. Ich verstand definitiv, wieso er hier hinkam. Es war unglaublich ruhig hier, doch das leise Rauschen des Wassers nahm einem das Denken ab.

„Ich bin froh, dass du mir den Ort hier zeigst", antwortete ich ihm wahrheitsgemäß. An solchen Ort klebte immer irgendwo ein Stück von einem Selbst, das machte sie so besonders.

„Es ist so verdammt ruhig hier", brach ich nach einiger Zeit die Stille. „Deshalb hat mich der Platz immer so angezogen. Alles ist immer unglaublich laut, wenn du ein ruhiges Plätzchen findest, dann solltest du das auskosten", raunte er, wohl seinen Gedanken nachhängend.

„Um schwimmen zu gehen ist es wohl zu kalt, oder?", fragte ich Luke, derweil hob ich meinen Kopf an. „Ich gehe stark davon aus", grinste er. „Egal, ich will selbst nachschauen", entgegnete ich enthusiastisch.

Ich stand rasch auf und klopfte mir den Sand von meinen Sachen, danach wartete ich auf Luke und ging den fast schon zu gewaschenen Trampelpfad, welcher die Anhöhe mit dem Strand verband, hinab.

Unten angekommen entledigte ich mich meiner Schuhe und Socken und drückte beides meinem schmunzelnden Freund in die Hand, bevor ich auf die Wellen zu rannte.

Willkommen heißend kam auch das blaue Nass mir rauschend entgegen, bis es schließlich eiskalt meine Füße in sich einschloss. Ein heller Schrei entfuhr mir und ich rannte direkt wieder hinauf zu Luke.

„Hab' ich's nicht gesagt?", meinte dieser nur spöttisch, woraufhin ich ihm nur die Zunge rausstreckte. „Dir kann man kein Vertrauen schenken", entgegnete ich ihm spitz.

„Oh, ich glaube wir wissen spätestens jetzt beide, dass man das kann", antworte er mir fast schon arrogant und hielt mir die Schuhe unter die Nase. Dankend nahm ich diese an und schlüpfte hinein, natürlich nicht ohne mir vorher meine Socken überzustreifen.

Sanft blickte er mir entgegen und hielt mir seine Hand hin, um mir aufzuhelfen, nachdem ich für das Anziehen in die Hocke gegangen war. Dankend nahm ich diese entgegen und ließ mir von Luke aufhelfen.

Schließlich trampelten wir den Pfad wieder hinauf und ließen uns wieder auf den zuvor verlassenen Plätzen nieder, um zu beobachten, wie das Meer die Sonne verschlingt. 

Ich bin im Urlaub, wir sehen uns trotzdem nächste Woche. Hope you liked it tho!

[14.07.2019]

The Sun and his MoonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt