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Forever Young/YOUTH GROUP

Der Mond leuchtete auf uns herunter, in seinem gelben Licht. Der Wind kräuselte uns um die Nasen und die Lichter Berlins strahlten uns entgegen. Ihre Augen funkelten hell vom Dach des Hochhauses hinab auf die Straßen.

Hell schimmerte jedes Ausatmen im trüben Licht der Nacht, bis es sich mit dem Sternenhimmel vermischte und zum Rest der Welt wurde. Vereinzelt spannten Wolken über das Himmelzelt und deckten Sterne zu, vermutlich um sie vor der Kälte des endenden Herbstes zu schützen.

„Ich will für immer so jung bleiben", meinte Kara, als sie ihre Arme ausbreitete und ihre offene Jacke nun leicht im Wind wedeln konnte. Kurz blitze Angst in ihrem Gesicht auf, zumindest glaube ich, dass es Angst war.

Doch der Ausdruck war schnell weggewischt und wich einem ausgelassenen Lachen, welches an den Ecken und Winkeln der Stadtbauten widerhallte. Strahlend drehte sie sich zu mir um und betrachte mich eine Zeit lang einfach. Ruhig tat ich es ihr gleich, so als könnte jedes Wort, was wir auch nur wagten auszusprechen, den Moment zerstören.

„Du bist so schön gerade", perlten Kara die Worte über die Lippen. Wäre es hell genug gewesen, so hätte ich sicherlich den roten Schimmer auf ihren Wangen sehen können. Müde grinste ich sie an und nahm ihren Kopf zwischen meine Hände, bevor ich sie vorsichtig küsste.

Lächelnd löste sie sich von mir und schaute mich noch kurz an, bevor sie sich schließlich wieder umdrehte und sich an das kühle Geländer legte, um unten auf die Straße zu schauen. Von oben schienen die Autos doch ziemlich langsam zu sein, es ist komisch, wie sehr der Standpunkt deine Sicht auf die Dinge verändern konnte.

Nach einiger Zeit entschied ich mich dazu, mich neben sie zu stellen und mit ihr die Autos zu beobachten. Ihren Körper direkt neben meinem zu spüren gab mir - wie ich feststellen musste - die nötige Sicherheit, um das auch tatsächlich zu tun.

Früher hatte ich es gehasst, selbst aus ein paar Metern Höhe nach unten schauen zu müssen, aber sie nahm mir diese Angst, auf unerklärliche Weise. Es fasziniert mich jedes Mal aufs Neue, wie Höhe oder Weite dem Menschen das Gefühl von Freiheit verschaffen konnten.

Wahrscheinlich weil einen die ganzen Betonwände nicht mehr einengen konnten und man vergaß, das etwas in dieser Art überhaupt existierte.

„In Momenten wie diesen wünschte ich, fliegen zu können. Stell dir nur vor, wie frei man sich fühlen muss, wenn man fast nach den Sternen greifen kann", schwelgte sie in Gedanken vor sich hin. Ich ließ nur ein zustimmendes Brummen von mir verhören und starrte weiter auf die Autospuren unter mir.

„Wir sollten für immer hier stehen bleiben und nichts tun", meinte ich nach einiger Zeit und drehte mich zu Kara um. Diese nickte nur abwesend und drehte daraufhin langsam ihren Kopf zu mir.

Erst schien sie immer noch ihrer eigenen Welt nachzuhängen, bis sie voll und ganz in unser beider angekommen war und mich einfach musterte. Der Stress der letzten Prüfungen hing mir immer noch etwas nach und Kara wohl auch. Doch mit jedem Atemzug, den wir tätigten, verließ auch ein Stück des Stresses unseren Körper.

„Ich hasse es, immer so zweigespalten zu sein. Auf der einen Seite will ich endlich mein Abitur haben, auf der anderen will ich einfach nicht jetzt schon erwachsen sein müssen. Es zerfrisst mich", meinte Kara, ihren Kopf hatte sie gen Himmel gerichtet, als suche sie die Antwort gewissermaßen in der Vergangenheit.

Ich griff bloß nach ihrer Hand und drückte diese einmal kurz fest um ihr zu vermitteln, dass sie nicht alleine war. Ich war gerade einfach nicht in der Lage dazu, vernünftige Sätze zu bilden. Und manchmal, da konnten Worte eh nicht das ausdrücken, was du eigentlich sagen wolltest.

Ihrem nachdenklichen Gesicht wich ein Lächeln, was meinen Körper mit Erleichterung füllte. Ich quittierte es mit einem Grinsen und schaute dann wieder auf die winzigen Menschen unter uns. „Hier oben könnte ich wirklich gut meinen Gottkomplex ausleben", meinte ich lachend.

Kichernd boxte das Mädchen neben mir auf meinen Arm und schüttelt bloß den Kopf. „Wo du recht hast", meinte sie danach kurz angebunden und versuchte sich das Lachen zu unterdrücken. Doch nachdem wir uns kurz angeschaut hatten, konnten wir es beide nicht mehr zurückhalten.

Als wir uns dann endlich wieder beruhigt hatten, beschlossen wir, uns langsam auf den Heimweg zu machen. Desto länger die Nacht auf der Erde verweilte, desto kälter wurde diese und wir wollten uns keine Erkältung am Anfang der Ferien einfangen.

Ich half Kara also dabei, von der Erhebung runter zu kommen und hielt ihr schließlich die Tür ins Innere auf, bis wir beide im dunklen Schwarz des Treppenhauses versanken, als die Tür sich hinter uns schloss und somit das letzte Bisschen Licht verschwinden ließ.

I want and need this right now, pls. Wie auch immer, ich mag das Kapitel, ich hoffe ihr auch. See you.

[29.09.2019]

The Sun and his MoonOnde histórias criam vida. Descubra agora