12. Mina

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Stöhnend schalte ich den Wecker aus, der mich viel zu früh aus dem Schlaf reißt. Es ist grade einmal 5°°Uhr morgens, eine ziemlich unchristliche Zeit zum Aufstehen. Ich schleppe mich unter die Dusche, stürze den ersten Kaffee des Tages hinunter und mache mich dann im Dunkeln auf den Weg zur Buchhandlung. Renate, unsere Perle aus dem Büro, hat diese Woche noch Urlaub, so dass ich mich um die Vorbestellungen und neuen Lieferungen kümmern muss. Im kleinen Büro im Hinterzimmer herrscht noch himmlische Ruhe, kein Telefon das klingelt, niemand der mich stört. Ich stelle die Kaffeemaschine an, fahre den PC hoch und wuchte die erste Kiste mit Bestellungen auf das kleine Tischchen. Die ausgedruckten Abholzettel liegen schon bereit und ich muss lächeln, Renate hat alles so weit wie möglich vorbereitet bevor sie in den Urlaub gegangen ist. Ich sortiere die Bestellungen alphabetisch, mache mir Notizen wen ich anrufen soll und wer per Mail benachrichtigt werden möchte. Kurz überlege ich mich bei Paddy zu melden, allerdings klang er gestern Abend so müde, er wird jetzt bestimmt noch nicht wach sein. Um kurz vor acht kommt Alex zu mir in den Laden. Er lässt sich auf den zweiten Bürostuhl fallen und sieht mich neugierig an.

„Guten Morgen Schwesterherz! Wie geht es dir?", will er wissen.

„Gut, danke! Und selbst? Die Ostertage gut überstanden?", ich schiebe ihm einen Becher Kaffee rüber und widme mich dann wieder den Emails. Ein Vertreter hat sich für heute angekündigt, er will die die neuen Jugendbücher im Bereich Fantasy vorstellen, Mist, dann ist das mein Termin. Ich werfe einen Blick in meinen Kalender und verabschiede mich seufzend von meiner Mittagspause. „Hallo? Mina?", werde ich aus meinen Gedanken geholt, Alex fuchtelt mit der Hand vor meinem Gesicht herum.

„Sorry, ich war in Gedanken, ich habe einen Termin für heute reinbekommen."

„Ich wollte wissen, wie es im Kloster war.", wiederholt er seine Frage.

„Gut, ja gut! Es hat gut getan, danke dass ihr mir das ermöglicht habt.", ich lächele etwas, als ich Alex Strahlen sehe.

„Ich fasse es nicht, meine kleine Schwester kann lächeln, ich hätte drauf gewettet, dass sie es verlernt hat."

Ich werfe meinen Bleistift nach ihm und widme mich wieder den Mails. Gegen halb neun klingelt mein Handy, Paddy. So früh? Ich runzele die Stirn, werfe einen kurzen Blick zu Alex und drehe mich dann etwas zur Seite.

„Guten Morgen! Gut geschlafen?", flöte ich fröhlich ins Telefon.

„Zu kurz! Viel zu kurz!", nuschelt er. „Ich habe die halbe Nacht wach gelegen und gegrübelt, aber du hast ja schon ekelhaft gute Laune am frühen Morgen.", lacht er.

„Na, ich bin ja auch schon seit um fünf Uhr wach und seit zweieinhalb Stunden im Büro und arbeite, ich bin wach. Aber warum bist du es?" Ich registriere Alex irritierten Blick und die Augenbraue die sich fragend in die Höhe schiebt.

„Pino hat mich grade angerufen, er hat eine Wohnung für mich, in Berlin. Ich werde also nachher schnell nach Hau... Also... Zu Joelle und Bowie abholen und dann Richtung Berlin starten."

„Oh, das ging ja schnell! Ist Berlin okay?", will ich wissen und wende meinen Blick wieder auf den Bildschirm vom PC.

„Ist schon okay. Es ist ja auch nur für den Übergang so lange bis ich was Eigenes habe. Außerdem bin ich in nächster Zeit eh viel in Berlin, da ist das schon ganz praktisch. Außerdem bin ich von Berlin aus in knappen vier Stunden bei dir in Flensburg, das sind 4,5 Stunden weniger als von München aus."

Erschrocken verschlucke ich mich an meinem Kaffee, was hat er da gesagt? Außer einem Husten bekomme ich nichts heraus, ich muss mich verhört haben. „Was?", frage ich, immer noch hustend.

„Na, falls ich dich besuchen will, also nur wenn ich darf.", sagt er nun etwas kleinlaut.

„Ähm... Klar... Ja... Natürlich... Du darfst jederzeit vorbeikommen.", stammele ich und werfe einen vorsichtigen Blick zu Alex der mittlerweile so tut als wäre er in irgendetwas vertieft. „Du, sei mir nicht böse, aber ich muss jetzt den Laden aufmachen, wir telefonieren heute Abend nochmal?"

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