Umringt von Flammen und Dunkelheit wusste Jungkook nicht mehr, wohin er flüchten konnte und es war egal, wohin er seinen Blick warf, es gab kein Entkommen vor dem, das ihn jagte. Sie wollten ihn verschlucken und vernichten, die Knie des Braunhaarigen zitterten und er hatte seine Arme schützend vor seinen Oberkörper gerichtet.
"Das ist nicht wahr, das passiert alles nicht", redete er sich immer wieder ein und versuchte sich davon zu überzeugen, lediglich zu halluzinieren. Doch egal wie oft er sich selbst sagte, dass dies nur ein Traum war und er endlich aufwachen wollte, verblassten die Flammen nicht und die Finsternis blieb genauso dunkel wie zuvor. Es war so aussichtslos, wie als würde man in eine endlos tiefe Grube fallen, in die weder ein Funke Licht traf, noch es einen Weg nach draußen gab. Er fühlte sich... bodenlos.
Der Rauch erschwerte ihm das Atmen und schon bald begann er zu husten, seinen Arm presste er auf seinen Mund und entschied sich einfach dazu zu rennen. Er hatte kein Ziel, er wollte einfach nur weg. Er wollte entkommen, denn er wusste, dass etwas oder jemand es auf ihn abgesehen hatte. Denn es waren nicht nur die Flammen, die ihn bedrohten, sondern auch das ihn beobachtende Augenpaar, dessen verfolgenden Blick er nicht los wurde.
Die Flammen waren nicht heiß und seine Klamotten fingen kein Feuer, er konnte einfach rennen und fühlte sich für einen Moment befreit, als sei das die Chance zu entkommen. Aber dann erloschen die Flammen wie durch Zauberhand und die Finsternis um ihn herum begann sich aufzulösen. Stattdessen hörte er klägliche Schreie und schloss für einen kurzen Moment die Augen. Als er sie wieder öffnete, fand er sich an einem ihm fremden Ort wieder und blickte irritiert umher, um sich irgendwie eine Art Orientierung zu verschaffen.
Er sah Menschen - das erste Mal seit er auf Taehyung und seine Bekannten traf.
Es freute ihn zu sehen, dass es außerorts auch Menschen gab, aber ihre Gesichtsausdrücke sagten ihm, dass etwas nicht stimmte. Sie strahlten Angst und pure Verzweiflung aus, fixierten mit ihrem Blick alle genau einen Punkt an und genau diesen erfasste Jungkook ebenso nach kurzer Zeit.
Und da erkannte er wieder diesen Schatten, der dafür sorgte, dass ein Schauer über den Rücken des jungen Mannes rieselten, denn je näher diese Schatten kamen, desto bekannter kam ihm dieses Szenario vor.
Er war schon einmal geflüchtet.
Schnell machte er kehrt und rannte in die genau andere Richtung, er wollte noch nicht einmal wissen, wer sich hinter diesen skurrilen Gestalten verbarg, er wollte sich einfach nur in Sicherheit bringen und die anderen gleich mit dazu.
"Na los, kommt schon", rief er laut und symbolisierte den anderen mit seiner Hand ihm zu folgen. Auch wenn sie alle vor Schock gar wie erstarrt wirkten, befolgten sie seine hektische Aufforderung und begannen zu rennen. Kreuz und quer, niemand achtete auf die anderen, sie alle wollten nur sich selbst retten.Ganz recht, Menschen waren schon immer eine egoistisches Volk gewesen. In dem Moment, in dem sie ihr Leben in Gefahr sahen, zeigte sich diese von Natur aus in ihnen lebende Eigenschaft und begann ihren Körper zu steuern. Beinahe wie ein Instinkt, der ihnen befahl zu überleben, ganz gleich der Konsequenzen.
Es war nicht einmal verwerflich, natürlich würde jeder zunächst an sich denken, aber Jungkook war kein Mensch wie jeder andere. Ihm war die Sicherheit der anderen viel wichtiger als seine eigene und das obwohl er selbst womöglich die größte Angst verspürte. Als würde sie an ihm nagen, dennoch blieb er an Ort und Stelle stehen und beschloss nicht mehr davon zu rennen. Er wollte sich seinen Feinden stellen und endlich Frieden herstellen, denn wer immer nur davonläuft, kann auch nichts bewirken.
Nur weil man das eigene Leben rettet, erzielt man damit keine permanente Besserung; vielleicht eine Temporäre, aber die wird bei der nächsten Gelegenheit wieder zerschlagen und dessen war Jungkook sich bewusst. Seine Hand ballte sich zur Faust, er spürte sein Herz klopfen und trotzdem fasste er all seinen Mut zusammen und wartete auf die finsteren Schatten, die langsam aber sicher Formen annahmen.
"Ich bin bereit", murmelte er und versuchte sich damit selbst von einer Sache zu überzeugen, die er nicht glauben konnte. Er wollte es sich einreden, genauso wie er das mit der Furchtlosigkeit versuchte, doch der Körper sprach mehr als Worte den Mund verlassen oder Gedanken durch den Kopf kreisen konnten. Sein Zittern war Beweis genug dafür, dass er kein furchtloser Krieger war, auch wenn er sich das nur allzu gerne wünschte.
Aber noch bevor er sich den Feinden nähern konnte, spürte er auf einmal einen Arm um sein Handgelenk und konnte sich nicht einmal umdrehen, da wurde er schon gewaltsam mitgerissen und vom Ort des Geschehens weggebracht. "W-Was?", entwich es den Lippen des Braunhaarigen überrascht, als er die Kapuze erblickte, die das Gesicht seines Retters verdeckte.
Die beiden rannten durch die zerstörte Stadt und der Unbekannte wählte den Weg durch verengte Gassen, weil damit die Chancen niedriger waren, dass man sie entdecken würde.
Und nach einer kurzen Weile hielten sie inne und blieben erneut stehen, um sie herum war keine Menschenseele zu sehen, kein Mucks zu hören und kein Schatten auszumachen - demnach fühlten sie sich sicher und der Unbekannte zog die Kapuze von seinem Gesicht. "Wer bist du?", fragte Jungkook, der erst in das Gesicht seines Begleiters schaute, als er die Frage bereits ausgesprochen hatte.
Aber als er in das Gesicht seines Gegenübers blickte, gefror ihm beinahe das Blut in den Adern und sein Körper verfiel in eine Art Trance. "Du?", kam es lauter als gewollt aus seinen Lippen, seine Augen weiteten sich und er presste seine Hand schlagartig auf seinen Mund, taumelte dabei ein paar wenige Schritte nach hinten.
"Jungkook, vertrau mir. Erinnere dich", sagte der Typ, dessen Gesicht Jungkook nun schon oft gesehen hatte. Er schüttelte seinen Kopf, "Nein, ich kann nicht. Ich kann es einfach nicht."
"Streng dich an, du kannst es. Tu es. Erinnere dich, für dich und für uns alle. Verstehst du nicht, welche wichtige Rolle du in alldem hier spielst?", warf sein Gegenüber ihm an den Kopf, Jungkook schossen verschiedene Bilder und Szenarien in den Kopf und er begann sich zu erinnern.Sein Kopf dröhnte wie wild, ein kleiner Teil seiner Erinnerungen kehrte wieder zurück.
Jungkook verzog sein Gesicht vor Schmerzen und biss sich auf die Unterlippe, er erinnerte sich zwar langsam wieder an ein paar Dinge, doch wollte sie nicht wahrhaben.
"Jungkook, bitte!", rief sein Gegenüber, doch Jungkook schüttelte erneut seinen Kopf.
"Nein... das kann nicht sein! Nein!""Nein!", rief er erneut und war wieder umgeben von Finsternis. Er blickte sich hektisch um und nahm das ruhige Atmen neben ihm zunächst gar nicht wahr, erst als er wieder zur Ruhe kam realisierte er, dass er nur geträumt hatte und nach wie vor neben Taehyung im Bett lag. Seine Hand fand Platz auf Taehyungs entblößtem Oberkörper, der diese beruhigende Wärme ausstrahlte, die Jungkook gerade benötigte.
Es war nur ein Traum, das versuchte er sich immer wieder einzureden.
Und trotzdem waren seine neu gewonnen Erinnerungen frisch und fest in seinem Kopf verankert.
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Time Rift メ Vkook
Fanfiction❝Die Zeit ist eine paradoxe Illusion, von den Göttern erschaffen und von den Menschen ruiniert.❞ Kim Taehyung ist für die Sicherheit seines Dorfes zuständig. Als er eines Tages einen entspannenden Spaziergang macht, findet er an der nahe gelegenen S...