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Jungkook

"Jungkook? Bist du es wirklich?"

Mit geweiteten Augen sah ich Taemin, der direkt gegenüber von mir stand und mich mit verwirrtem und zugleich schockiertem Blick anschaute, an, während mir mein Herz im rasenden Tempo gegen die Brust schlug.

Ich schluckte, als ich ihn betrachtete.

Er hatte sich in dem Jahr, in dem wir uns nicht gesehen hatten, kein Stück verändert. Er hatte immer noch die gleichen weichen Gesichtszüge, die gleichen vollen Lippen, die gleichen sanft funkelnden Augen, die gleichen platinblond gefärbten Haare, die gleiche zierliche und trotzdem so männliche Körperstatur.

Mein Inneres zog sich zusammen. Ich wusste nicht, aus welchem Grund. Ob aus Angst oder Freude oder Nervosität, vielleicht ja auch wegen allen drei Empfindungen.

"Ja", antwortete ich ihm dann schüchtern, so wie ich es immer war, wenn ich mich in seiner Gegenwart befand. "Ich bin es wirklich, Taemin."

Dieser schaute mich noch einen Moment lang entgeistert an, ehe er mich in eine feste Umarmung schloss, woraufhin ich sofort meine Arme um ihn schlang und mich an ihn drückte.

Tränen der Erleichterung benetzten meine Augen. Erst jetzt, wo ich hier stand und Taemin mich in seinen starken Armen hielt und ich seinen süßen Duft einatmete, merkte ich, wie sehr ich mich nach ihm gesehnt hatte. Das Jahr ohne ihn war schwer gewesen, auch wenn ich mir von Anfang an bewusst gemacht hatte, dass der Ältere eines Tages nicht mehr bei mir sein würde und ich demnach hätte vorbereitet sein müssen.

Doch die Realität glich niemals der Vorstellungen und so war ich in diesem Augenblick unbeschreiblich glücklich darüber, Taemin endlich wieder, nach den ganzen Monaten der Qual, bei mir haben zu können.

Wir standen hier einige Sekunden, vermutlich sogar Minuten in den Armen des anderen, bis Taemin sich vorsichtig von mir löste und mich mit sanfter Miene betrachtete.

"Du siehst gut aus, Jungkook", stellte er fest. Dann wich sein freudiges Lächeln jedoch plötzlich einem ernsten Blick. "Aber du würdest wohl kaum wie aus dem Nichts hier auftauchen, wenn du mir bloß einen Besuch abstatten wollen würdest, oder?"

Ertappt senkte ich den Kopf.

Taemin hatte recht. Wir hatten uns seit einem Jahr nicht mehr gesehen, nicht mehr miteinander geschrieben, nicht mehr miteinander telefoniert, und nun stand ich hier, vor seiner Haustür, nur mit den Sachen, die ich trug, meinem Handy und meinem nun leeren Portmonee bei mir, an einem Dienstagabend während der Schulzeit.

Bei seinem Abschied vor einem Jahr hatte mir Taemin seine neue Adresse gegeben, für alle Fälle. Ich hatte mich nie bei ihm gemeldet, da ich ihm nicht zur Last fallen wollte, besonders nicht, nachdem er sein altes Leben in Seoul zurückgelassen hatte, um ein neues hier in Busan beginnen zu können. Aber der "für alle Fälle"-Fall war heute eingetreten und so hatte ich keine andere Wahl gehabt, als ohne jegliche Ankündigung bei Taemin aufzukreuzen.

Ich hatte aus Seoul verschwinden müssen. Und da ich abgesehen von dem Blonden niemanden außerhalb von Seoul hatte, den ich kannte, war meine Wahl auf ihn gefallen. Nun, nicht nur deswegen. Eigentlich vor allem weil ich Taemin wie keinem anderen Menschen dieser Welt vertraute. Denn er würde mich verstehen und mir helfen, das wusste ich.

So hatte ich ihn schließlich kennen gelernt. Wenn man davon absah, dass er letztendlich derjenige gewesen war, der mich ins Libido gebracht hatte. Doch, auch wenn ich ihn für all das und was darauf folgte, vermutlich hassen sollte - ich tat es nicht. Er bedeutete mir einfach zu viel dafür. Wie unerklärlich das für die meisten auch sein durfte.

𝐂𝐎𝐋𝐎𝐔𝐑𝐅𝐔𝐋 | TAEKOOKDonde viven las historias. Descúbrelo ahora