Das Kind dieser Welt

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~Here we go again~

Einen wunderschönen guten Abend an alle meine Leser,
es ist mal wieder soweit. Dieses Mal handelt es sich jedoch nicht um einen einfachen Schreib-Contest sondern um ein Turnier. In der ersten Runde geht es um Sonne und Mond und die einzige Vorgabe war: mindestens 200 Wörter.

Also hab ich mal losgelegt und hier ist mein Beitrag zum 'Der Kelch der Errungenschaften'
_Kaida

Hiermit wünsche ich euch allen viel Spaß beim Lesen.

Das Kind dieser Welt

Sanft und liebevoll, eine Berührung wie von einer Feder, glitten die Finger über den Bilderrahmen. Ein Lächeln bildete sich auf den Lippen der jungen Frau, die den da drin steckenden Brief voller Liebe betrachtete. Es war schon das ein oder andere Jahr vergangen seit sie diesen Brief bekommen hatte und doch konnte sie nichts anderes tun, als ihn immer und immer wieder zu lesen. Über den Teil, der nur für sie bestimmt war, klebte ein Foto, so dass niemand anderes diese Worte lesen konnte. Sie waren deren Geheimnis und so sollten sie auch bleiben. Sie selbst musste nicht lesen was darunter stand. Sie kannte diesen Brief in und auswendig. Wort für Wort. Als wäre der Brief ein Teil von ihrem Herzen, ganz tief und behütet.

Liebste Guinevere,
die letzten Tage mussten für dich die reinste Hölle gewesen sein. Ein Albtraum aus dem du nicht erwachen konntest. Es tut mir so unendlich leid, dass du dies durchmachen musstest oder vielleicht immer noch musst. Es war nie meine Absicht dich zu verletzten oder dich zu verlassen und doch hatte ich einfach keine Wahl.
Diesen Brief zu schreiben ist in meiner jetzigen Situation sehr gefährlich, vielleicht sogar auch für dich und doch konnte ich nicht anders. So zu gehen und zu wissen du dachtest ich sei tot, wäre das grausamste was ich dir je antun könnte.

Für sie war es wahrlich der grausamste Tag ihres Lebens, obwohl es eigentlich der Schönste ihres ganzen, bisherigen Lebens werden sollte. Seit Jahren hatte sie drauf trainiert eine erfolgreiche Ballett-Tänzerin zu werden und genau an diesem Tag hatte sie endlich ihre Chance. Sie durfte die Hauptrolle tanzen und dies vor all den Leuten. Alles was sie sich je gewünscht hatte, ging in Erfüllung und ihr Name würde in aller Munde sein. Und wer weiß schon, wer alles im Publikum sitzt. Vielleicht hatte sie ja auch endlich die Chance eine Karriere zu starten. Ihre Lehrerin hatte immer gemeint, sie hätte großes Potenzial und eines Tages würde sie es etwas Großes erreichen. Und sie hatte recht. Kaum war das Stück beendet kamen zwei Musical Produzenten zu ihr und wollten sie in ihrem Stück mit drinnen haben.
Voller Freude und Glück, zog sie sich um und traf sich wie immer hinter der Halle mit ihrer Familie. Von weiten schrie sie schon ihr Glück heraus und wollte förmlich in die offene Arme rennen, als sie es bemerkte. Es standen nur zwei Personen dort und nicht wie gewohnt drei.
Sie wurde in ihren Bewegungen immer langsamer bis sie letzten Endes innehielt und ihre Eltern einfach nur anstarrte. Sie konnte sich noch genau erinnern, wie leer sie sich gefühlt hatte, als sie ihre Eltern fragte: „Wo ist Jeremy?" Irgendetwas tief in ihr flüsterte ihr zu, dass etwas nicht stimmte. Er hatte es ihr versprochen und er brach nie ein Versprechen! So war er einfach nicht. In all der Zeit in denen die Beiden nun schon ein Paar waren, hatte er jedes seiner Versprechen gehalten und doch war er jetzt nicht anwesend. Es war ihre Mutter, die ihr antwortete und meinte, dass er nie aufgetaucht war und an sein Handy ging er auch nicht.

Irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht, nur konnte sie noch nicht sagen was es war. Ist ihm vielleicht etwas passiert? Die Sorge muss ihr förmlich im Gesicht gestanden haben, denn ihr Vater bot ihr an, dass sie ja mal bei ihm vorbei fahren können. Er habe bestimmt nur verschlafen. Glaubhaft klang dies nicht und doch stimmte sie ein, immerhin brauchte sie Gewissheit. Sie musste einfach wissen, dass es ihm gut geht. So wusste sie einfach nicht was sie tun sollte, wenn sie ihn wirklich verlieren würde. In der letzten Zeit ist er einfach ihr Leben geworden, ein Teil von ihr. Sie war seins und er ihrs. Sie waren eins und wenn er sie verlassen würde, würde sie nicht nur ihn sondern auch sich selbst verlieren.
Unterwegs redete ihre Mutter auf sie ein, wie wunderbar sie doch getanzt habe. Wie elegant alles gewirkt hatte und mit was für ein Talent ihre Tochter doch gesegnet worden sei und doch wollte sie voll all dem nichts hören. Normalerweise hätte sie sich über solche Worte mehr als nur gefreut. Nicht weil sie Aufmerksamkeit suchte oder Komplimente liebte, sondern freute sie sich einfach nur drüber, dass jemand ihr Talent und somit die harte Arbeit, die dahinter steckte wahrgenommen hat. Doch genau in diesem Moment konnte sie an nichts anderes denken, als an Jeremy. Sie wusste, sie sollte sich nicht so viele negative Gedanken machen, sie wusste es und doch konnte sie nicht anders. Denn umso näher sie dem Haus kamen, in dem er lebte, umso mehr bildete sich ein Knoten in ihrem inneren und mit jedem weiteren Meter wurde er enger und enger und schien ihr förmlich die Luft zum Atmen zu nehmen.

Spiel der WörterWhere stories live. Discover now