Promise

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"Du fragst ihn!"

"Nein, du!"

"Klappe jetzt, ich frag ihn!"

Eine schlanke, ziemlich dreckige Hand streckte sich bereits nach der Türklingel aus und kaum das die Tür aufgezogen wurde stürmte ein halbes Dutzend Straßenjungs in die Eingangshalle wie eine Menge aufgeregter Ratten. Ein Mann stand vor ihnen, hochgewachsen und dürr, eine Pfeife in der einen Hand und die andere war tief in die Tasche seines Morgenmantels vergraben. " 'nen Tag, Mr Holmes." Der Mann nickte ihnen zu. "Wiggins. Wie ich sehe hast du wieder deine ganze Bande mitgebracht..." "Ja, sie wollten alle mal einen Blick auf die kleine Scarlet werfen", erwiderte der Junge mit den Sommersprossen sobald sein Blick auf das junge, rostrote Kätzchen fiel, welches sich an Holmes Beine schmiegte. "Sind Mrs Hudson und Doktor Watson außer Haus?", fragte ein anderer Junge neugierig. "Ja..." Der Detektiv lächelte ein wenig. "Klein Scarlet und ich sind die einzigen im Haus... Was auch gut ist. Mrs Hudson hätte dir was anderes erzählt wenn sie dir aufgemacht und gesehen hätte das du wieder deine ganze Bande angeschleppt hast...aber uns soll uns das jetzt nicht kümmern. Ich hoffe, ihr habt Neuigkeiten für mich?" "Oh ja", erwiderte Wiggins eifrig, während seine jüngeren Kollegen bevorzugten das kleine Kätzchen zu streicheln. "Miss Smith wird heute Nacht nicht zu gegen sein, wir haben sie bei einem Gespräch am Markt belauschen können..." "Vortreffliche Arbeit, ihr alle ", erwiderte der Mann mit der Pfeife lächelnd und zog aus der Tasche seines Morgenmantels sechs glänzende Münzen und legte jedem Jungen davon eine in die Hand, während das Kätzchen selig schnurrte. "Mister Holmes, das muss ein Fehler sein... Sie haben uns mehr als sonst gegeben...", meinte Wiggins und hob seine Münze in die Höhe, worauf der Detektiv mit einem leisen Grinsen antwortete. "Ich finde deine Aufrichtigkeit bewundernswert, aber das hat schon seine Richtigkeit so...seht es einfach als vorläufiges Weihnachtsgeschenk von mir..." "Haben wir das dem guten Doktor zu verdanken?", fragte Wiggins unverblümt, der nun seinerseits zu grinsen begann. "Was meinst du?", fragte Holmes nach, doch der helle Rosaton welcher sich in seine Wangen schlich, zeigte ihnen, dass er sehr wohl verstanden hatte. "Vor uns brauchen sie nicht so zu tun", sagte Wiggins mit einem kleinen Zwinkern. "Bei uns ist ihr und Dr Watsons Geheimnis so sicher wie nirgendwo sonst in London!" "Sind wir eingeladen wenn sie und Dr Watson mal heiraten?", fragte der Jüngste der Runde mit großen Augen und kassierte von seinem großen Bruder, der Anführer ihrer kleinen Meute, einen warnenden Blick. Auf Holmes' Lippen jedoch zeichnete sich ein Lächeln ab. "Nun werden mir meine Reden, dass ihr genauer beobachten sollt wohl zum Verhängnis, was? Nagut, was hat uns verraten?" "Die Blicke", rief Klein Wiggins prompt. "Sie sehen Doktor Watson an wie Daddy Mommy wenn er ihr sagt das er sie liebt!" "Dann müssen wir in nächster Zeit wohl besser in der Öffentlichkeit aufpassen, hm?" "Wenn es nach uns ginge müssten sie das nicht", erwiderte Wiggins und seine Kollegen antworteten mit einem heftigen Nicken. "Ginge es nach uns und nicht nach diesen sturen Erwachsenen, könnten sie mit Dr Watson genauso rumturteln wie andere Paare. Es ist nicht fair das sie sich verstecken müssen..." "Ja, Liebe is für jeden da!" "Genau!", stimmte der Rest zu und ganz plötzlich regte sich etwas Warmes in der Brust des Detektivs. Es stimmte wohl. Das Herz eines Kindes war das Aufrichtigste das zu finden war... "Sie könnten ihren Bruder doch dazu bringen, die Gesetze ein wenig zu ändern..." Dem Detektiv entfuhr ein leises Lachen. "Ach, macht euch keine Sorgen um den guten Doktor und mich! Irgendwann wird die Welt das alles anders sehen..." "Und wenn sie es tut..." "...seit ihr eingeladen, keine Sorge! Wäre doch unverschämt von mir wenn ich meine besten Arbeiter nicht einlade! Aber jetzt ab mit euch, bevor Mrs Hudson wieder kommt! Sie kriegt immer halbe Tobsuchtsanfälle wenn du mit deiner ganzen Bande hier aufkreuzt..." "Natürlich, Mr Holmes, wir waren nie hier!" Sie verschwanden wie sie gekommen waren und ließen einen kopfschüttelnden Detektiv zurück. Unterwegs stießen sie mit einem jungen Arzt zusammen, der eine lädierte alte Tasche bei sich trug. Wiggins schenkte dem Mann ein breites Grinsen und meinte "Herzlichen Glückwünsch, Dr Watson!" wobei er ihm bedeutend zuzwinkerte und mit den anderen Straßenjungen davonsauste. Sichtlich irritiert verwirrt schritt der Mann auf die Tür zu, hinter der sich sein trautes Heim befand. Die goldenen Zahlen, welche dies als Nummer 221b der Bakerstreet betitelten, lächelten ihm entgegen als er die Tür aufschloss und schwungvoll öffnete. "Sherlock?" Angesprochener fand er in ihrem gemeinsamen Wohnzimmer, eingerollt auf seinem Sessel, die kleine Scarlet auf seinem Schoß und wirkte so, als wäre er bis eben tief in Gedanken versunken gewesen. "John?" "War die Bakerstreet Kriminalpolizei wieder mal hier?" Der Detektiv lächelte, während Watson sich aus Mantel und Hut schälte. "Dir entgeht aber auch gar nichts! Worauf baust du deine Deduktionen auf?" "Auf die dreckigen Fußspuren im Flur und die Tatsache, dass sie auf der Straße in mich reingerannt sind..." "Sie haben also doch Spuren hinterlassen? Mrs Hudson wird sich freuen..." "Gewiss..." Eine Hand hinter dem Rücken verschränkt trat Watson auf den Ohrensessel seines Partners zu. "Wiggins hat mich zu irgendetwas beglückwünscht..." Holmes lachte leise. "Ja, er und seine kleine Gruppe haben Lunte gerochen, sie wissen über uns Bescheid. Kinder sollte man in dieser Beziehung nie unterschätzen..." Ein Lächeln trat auf Watsons Gesicht. "Gewiss nicht. Werden sie diese Info jetzt dafür benutzen um mehr Lohn zu erpressen?" "Nein, ich glaube die können schweigen." Er blinzelte. "Was is das eigentlich hinter deinem Rücken? Ein zweites Kätzchen? Hast du diesmal verstanden, dass dein Mantel nicht das beste Versteck ist?" Der junge Arzt gluckste als er sich auf die Armlehne von Holmes' Stuhl hockte. "Ich glaube, Scarlet reicht erstmal. Nein, eine Blumenhändlerin hat sie mir geschenkt weil ich ihr kurz ausgeholfen habe... und ich dachte, sie würde dir bestimmt gefallen..." Hinter seinem Rücken hervor holte er eine makellose, rote Rose und reichte sie dem Detektiv, dessen bleiche Wangen sich erneut rosa verfärbten und seinen Hautton gesünder erscheinen ließ. "Danke, John, die ist wunderschön..." "Gut das du das sagst! Die Verkäuferin meinte, ich würde meiner Frau oder Freundin damit bestimmt eine Freude machen..." Holmes gluckste und schnupperte an der frischen Blume. "Hattest du das Bedürfnis, sie aufzuklären?" "Nicht wirklich...ich habe ihr gesagt, dass sie vermutlich Recht hat, weil meine Angebetete  Blumen und Natur liebt, aber nur zu stur ist, es zuzugeben..." Schmale Lippen formten einen Schmollmund. "Soooo stur bin ich gar nicht..." "Natürlich nicht, dear..." Holmes schloss die Augen als er die Lippen des anderen an seiner Schläfe spürte, und für eine Weile verfielen sie in ein angenehmes Schweigen; der Detektiv drehte nachdenklich die Rose in seiner Hand und Watson kraulte die schlafende Scarlet hinter den Ohren. "John?", durchbrach er plötzlich die Stille. "Hm?" Verträumte blaue Augen. "Was...was denkst du über Hochzeiten?" Gerunzelte Stirn und dann ein Lachen. Holmes wusste nicht ganz, welche Reaktion ihm unangenehmer war... "Machst du mir etwa grade einen Antrag?" "Ich..nun...uhm..." Verlegen fuhr er mit dem Finger über die Blätter und den Stiel der Rose und der kurze, stechende Schmerz ließ ihn vermuten, dass er sich an dessen Dornen gestochen hatte. "Ich wollte nur deine Meinung hören über...ach, vergiss es...is sowieso doof..." Der junge Arzt lächelte als Antwort lediglich und nahm eine von Holmes' schlanken Händen in seine und küsste seine bleichen Fingerspitzen, dort, wo die Rose ihn verletzt hatte. "Wären die Gesetze ein wenig anders...glaube mir, ich würde dich ohne den ganzen Tam Tam direkt in die nächste Kirche schleppen um jeden zu zeigen, dass du mir gehörst..." Die letzten Worte schnurrte er spielerisch in das Ohr des Anderen und strich über dessen Wange. "Das ich gänzlich dein bin, Sherlock... Und ich plane, nie wieder jemanden so sehr zu lieben wie ich dich liebe..." "Versprichst du es?", hauchte der Detektiv, dem die Berührung von Watsons warmen Fingern an seiner Wange eine Gänsehaut verpasste. "Ich schwöre es..." Er stand auf, stellte sich vor den Detektiv, dessen graue Augen den Schein des Kaminfeuers gefangen hielten und zog etwas aus seiner Jackettasche. "Und bis ich dir einen richtigen Ring kaufen kann... Nimm einfach das als Erinnerung an mein Versprechen..." Etwas Schweres, Metallenes glitt in Holmes' Hand und als er es näher betrachtete, erkannte er... "Deine   Erkennungsmarken?" "Ja...ich weiß ja wie sehr du auf das ganze Zeug aus meiner Zeit beim Militär abfährst. Schon gut, hör auf dieses Gesicht zu ziehen, war nur ein Spaß! In Wahrheit wollte ich sie dir schon länger geben, aber irgendwie war nie der richtige Moment für so eine schnulzige Rede wie jetzt...bis sich das ganze Selbst in die Hand genommen hat...zu danken haben wir wohl unserer Bakerstreet Gang..." "Scheint fast so...", erwiderte Holmes mit einem leisen Lächeln, legte den Arm um den ehemaligen Militärarzt und zog ihn auf seinen Schoß, die Erkennungsmarke in der einen Hand haltend. "Ein Hoch auf die Bakerstreet Kriminalpolizei!"

Holmes/Watson OneShotsWhere stories live. Discover now