Sinnflut

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Das Erste, was ich wahr nehme, ist die Ruhe, die mich umgibt. Noch bevor ich die Augen öffne, rieche ich Desinfektionsmittel und bekomme plötzlich Angst. Wo bin ich? Vorsichtig blinzel ich in das plötzliche Licht und sehe nur weiße Wände.

Ich betrachte meine Hände und stelle fest, dass ich im linken Arm eine Braunüle habe und verfolge den Schlauch mit meinen Augen. Er endet in einem Beutel, der über meinem Bett hängt und beinhaltet eine klare Flüssigkeit. Panik überkommt mich und ich versuche mich aufzusetzen, aber mein Kopf schmerzt fürchterlich und zwingt mich zurück ins Kissen.

"Magnus, ruhig. Ich bin da, es ist alles in Ordnung." Ruckartig reisse ich den Kopf zur Seite und sehe Cat in der Tür stehen. Sie hält einen Kaffeebecher in der Hand und sie sieht müde aus. "Was ist hier los Cat?" frage ich zittrig.

Sie seufzt und kommt näher. Langsam lässt sie sich auf den Stuhl neben dem Bett fallen und greift nach meiner Hand. "Du bist umgekippt Magnus. Mitten auf der Feier und dabei hast du dir böse den Kopf angeschlagen. Überall war Blut. Es war furchtbar. Ich habe noch nie so eine Angst gehabt." Sie bricht in Tränen aus und ich atme tief ein und aus. "Hey, beruhige dich. Es geht mir gut. Nur mein Kopf tut weh. Bald bin ich wieder auf dem Damm, du wirst schon sehen. Pünktlich zur Premiere bin ich fit."

Sie schluchzt laut. "Nein, du verstehst nicht Magnus. Gar nichts ist gut. Du hast dich verletzt und das nur, weil ich in meinem Job als Agentin und als beste Freundin versagt habe. Alle Anzeichen waren da und ich habe sie nicht bemerkt." Ihr Kopf liegt jetzt auf meinen Bett und ich bin verwirrt. "Anzeichen? Wovon zum Teufel redest du denn da?" frage ich barscher, als ich es will und sie hebt den Kopf wieder. Aus geröteten Augen sieht sie mich an.

"Mags, du bist dauernd müde, isst kaum etwas und stehst vollkommen neben dir. Du bekommst Schwächeanfälle und ich konnte nicht helfen. Du hast Glück gehabt, dass diese dumme Kuh Camille dich zumindest etwas auffangen konnte, sonst wäre wer weiß was passiert. Du hast eine Platzwunde und eine Gehirnerschütterung."
Ich schüttel den Kopf, was ich sofort bereue. "Was genau möchtest du mir sagen Cat?" frage ich und sie wischt sich die Tränen weg.

"Du hast einen Burn out Magnus. Du bist ausgebrannt und am Ende. Wir haben viel zu früh nach der Therapie wieder angefangen und das ist alles meine Schuld. Nie hätte ich das erlauben dürfen. Es war noch nicht an der Zeit wieder zu arbeiten." sagt sie heftig und ich zucke zusammen.

"Burn out? Bist du sicher?" flüstere ich und sie nickt. "Ja Magnus. Ich bin sicher. Es war nur eine Frage der Zeit, bis etwas passiert und ehrlich gesagt, können wir mehr als dankbar sein, dass du nicht rückfällig geworden bist. Das bist du doch nicht oder?" Plötzlich klingt sie ängstlich und ich drücke beruhigen ihre Hand.

"Nein, ich habe nichts getrunken. Ich habe geschworen, dir und mir das nie wieder anzutun und ich habe das Versprechen nicht gebrochen." Einen Moment starrt sie mich an, bevor sie schließlich etwas lächelt.
"Okay, ich glaube dir natürlich. Trotzdem kann es so nicht weiter gehen. Das war der dritte Film, innerhalb von zwei Jahren den du abgedreht hast. Es ist Zeit für eine Auszeit."

In mir zieht sich alles zusammen. "Auszeit? Am Höhepunkt meiner Karriere? Das geht nicht Cat. Das nächste Drehbuch liegt schon bereit und die Promotiontour geht auch los. Ich kann jetzt keine Pause machen."
Sie schüttelt den Kopf. "Doch, genau das kannst du. Ich habe schon mit Aline telefoniert. Sie als unsere PR-Managerin lässt sich etwas einfallen, was wir der Presse erzählen. Ich werde solange den Weg frei halten, bis es dir besser geht und du wieder da bist."

Ich runzel die Stirn. "Bis ich wieder da bin? Wo gehe ich denn hin? Muss ich wieder in eine Klinik?" Meine Stimme wird panisch und beruhigend streichelt Cat meine Hand. "Nein, keine Klinik. Urlaub, du wirst Urlaub machen. In einem Ort wo du deine Ruhe haben wirst und Zeit dich wieder selbst zu finden.
Ogunquit liegt in Maine, direkt an der Ostküste. Der Name ist ungewöhnlich, ich weiß, aber er bedeutet wunderschöner Ort am Meer und stell dir vor, dort leben nicht mehr als eintausend Menschen."

Ich versuche diese Informationen zu verarbeiten und sehe sie fragend an. "Und wo wohne ich?" Sie lächelt. "Direkt am Meer Magnus. Eine alte Schulfreundin hat dort das Ferienresort ihrer Eltern übernommen. Sie und ihr Mann betreiben mehrere kleine Häuser, direkt am Strand und sie haben mir versichert, deinen Aufenthalt absolut diskret zu behandeln. Du musst dich um nichts kümmern Mags. Du gehst zum Essen ins Haupthaus und kannst dort auch das Wellnessprogramm in Anspruch nehmen. Massagen, Whirlpool, Sauna, es ist alles da und du hast nur eine einzige Aufgabe. Nämlich dich zu erholen und wenn es dir besser geht, kommst du wieder und ich habe bis dahin einen genauen Plan, wie wir deine Zukunft erfolgreich aber auch ruhiger gestalten können. Wie klingt das?"

Ich seufze. "Als wenn ich keine Wahl hätte." murmel ich und sie lacht. "Richtig erkannt, aber erstmal musst du gesund werden und hier raus kommen." Ich nicke leicht.
"Hast du deiner Freundin von meinem, ähm Problem erzählt?" frage ich zögerlich und sie sieht mich an. "Ja. Ich musste es ihr erzählen, damit keine Schwierigkeiten aufkommen. Sie sorgt dafür, dass alles zu deiner und meiner Zufriedenheit ist. Vertrau mir."

Ergeben nicke ich. "Also gut, ich werde diese Reise antreten. Sag deiner Freundin, ich freue mich." Lächelnd gibt Cat mir einen Kuss auf die Wange. "Das werde ich. Ich bin mir sicher, es wird dir bei den Lightwoods gefallen."

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