Fußspuren

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Mit einem Ruck hat Alec mich hochgezogen und legt dann einen Arm um mich. Er zieht mich eng an sich und mein Herz beginnt wie verrückt zu hämmern. Einen Arm legt er um meine Taille und ich schlinge meine um seinen Hals. Mit der freien Hand ergreift er meinen Unterarm und ich kann seine Körperwärme spüren. "Sorry, ich bin vom Laufen völlig verschwitzt." murmelt er und sieht mich an. Aus der Nähe kann ich erkennen, dass seine Augen nicht schlicht braun sind, sondern er grüne Flecken darin hat. "Schon gut. Es ist völlig ok." flüstere ich und wir stehen einfach da und starren uns an.

Plötzlich räuspert er sich. "Dann mal los. Wir gehen es langsam an ja?" Verwirrt versuche ich zu verstehen und bevor ich nachdenken kann, habe ich schon geantwortet. "Langsam klingt gut. Ein Schritt nach dem Nächsten Alexander." hauche ich und sein Blick fällt auf meinen Mund. "Los geht's Magnus." antwortet er leise und erst dann verstehe ich, was er meint. "Ja sicher. Gehen wir." Ich merke, wie mir das Blut in den Kopf schiesst und weiche seinem Blick aus.

"Tut es sehr weh?" fragt er schließlich, nachdem wir ein Stück voran gekommen sind. "Es geht so. Hab schon Schlimmeres gehabt." antworte ich. "Die Wunde am Kopf?" fragt er vorsichtig und mir fällt ein, dass man gut erkennen kann, dass ich verletzt war. Auch wenn es über zwei Wochen her ist, befindet sich an meinem Haaransatz noch ein kleiner Bluterguss, der langsam verschwindet. "Zum Beispiel. Einer der Gründe warum ich hier bin." Er nickt. "Wenn du irgendwann darüber reden möchtest, bin ich da." Überrascht sehe ich ihn von der Seite an. "Warum?" frage ich und er weicht meinem Blick aus. "Ich glaube, wir würden uns ganz gut verstehen. Es gibt Dinge im Leben, die manchmal einen Zuhörer brauchen." Wieder beginnt mein Herz an zu rasen. "Danke." murmel ich und sehe, dass er leicht lächelt.

Mittlerweile haben wir das Orka erreicht und ich bedauere, dass er mich gleich los lassen muss. "Oh mein Gott, was ist passiert?" Lydias Stimme durchdringt den Raum und schon kommt sie mit wehendem Kleid auf uns zu gerannt.

Sie wirkt hysterisch und ich merke, wie Alec sich neben mir anspannt. "Ich hab ihn beim Laufen gefunden, er scheint in eine Scherbe getreten zu sein. Irgendein Idiot hat eine Flasche kaputt gemacht und einfach liegen gelassen. Wenn ich den erwische, fliegt er raus." knurrt er. Fragend sehe ich die beiden an. "Das ist ein Privatstrand und nur unsere Gäste dürfen ihn benutzen, es muss also einer von ihnen gewesen sein." erklärt Lydia. "Und ich werde heraus finden, wer verantwortlich ist." sagt Alec und sieht mich besorgt an. "Lydia, holst du bitte Izzy?" Sie nickt und Alec geht mit mir in einen anderen Raum.

Erstaunt sehe ich, dass es ein Krankenzimmer ist. "Wow, ihr habt hier wirklich an alles gedacht." sage ich und lasse mir dabei helfen, mich auf die Liege zu setzen. Alec fährt sich durch seine Haare. "Naja, unsere Ärztin arbeitet nicht nur für uns, sie ist für alle hier zuständig, aber sie und ihr Mann Simon teilen sich den Job und so kann Izzy sich jetzt um dich kümmern. Sie ist sowieso gerade im Haus."

Kaum hat er das ausgesprochen, öffnet sich die Tür und eine dunkelhaarige Schönheit mit langem, weißem Kittel kommt herein.
Mir bleibt der Atem weg, denn sie ist Alec wie aus dem Gesicht geschnitten. "Ich bin Dr. Isabelle Lewis, aber nenn mich ruhig Izzy." sagt sie und mustert mich. "Magnus." antworte ich und sie lächelt, geht zu Alec und drückt ihm einen dicken Kuss auf die Wange. "Hi mein Lieblingsbruder." Liebevoll streicht sie ihm eine Strähne aus der Stirn.

"Geschwister. Hätte ich mir denken können." rutscht es mir heraus und beide sehen mich an und lachen.
"Meine kleine Schwester." grinst Alec und deutet auf die Ärztin.
"Ich sehe mir jetzt deine Verletzung an." sagt Izzy und deutet mir an, das Bein hochzulegen. Dann zieht sie eine Brille und eine kleine Lampe aus dem Kittel. "Alec, Handschuhe." befiehlt sie und bekommt von ihrem Bruder ein Paar gereicht.

"Okay, ich sehe schon. Die Scherbe sitzt tief und sie muss raus. Willst du eine leichte Betäubung?" fragt und ich schüttel den Kopf. "Ich schaffe das schon." Sie nickt und greift zu einer Pinzette. Ich halte die Luft an, aber plötzlich steht Alec neben mir und greift nach meiner Hand. Dankbar lächel ich ihn an und versinke in seinen Augen.

Ein leichter Schmerz durchzuckt mich und ich drücke Alecs Hand fester. "Das war es schon." murmelt Izzy und ihr Blick fällt auf unsere verschränkten Hände. "Du warst sehr tapfer." lobt sie mich. "Ich desinfiziere es noch und dann bekommst du einen schicken Verband. Morgen sehe ich es mir noch mal an. Halte es bitte trocken und sauber."

Ich nicke und klammere mich noch immer an Alecs Hand. "Na? Mehr Angst vor dem desinfizieren als vor dem Ziehen der Scherbe?" lächelt er und erwidert den Druck. Ich nicke verkrampft und sehe, dass seine Schwester uns noch immer beobachtet. Dann greift sie zu einer Flüssigkeit und ich atme scharf ein, als es beginnt zu brennen. Ich kneife die Augen zusammen.

"Du hast es geschafft." sagt Izzy kurze Zeit später und als ich die Augen öffne, sehe ich einen weißen Verband um meinen Fuß. Noch immer halte ich Alecs Hand und ich möchte nicht los lassen. Ihm scheint es ähnlich zu gehen, denn er macht keine Anstalten meine Finger zu entlassen. "Ich bring dich in den Seestern ja?" fragt Alec fürsorglich und ich nicke dankbar.

"Falls es blutet, ruf mich bitte an." sagt Izzy und drückt mir eine Visitenkarte in meine freie Hand. "Mach ich, danke." Dann wendet sie sich an ihren Bruder. "Sieh zu, dass er den Fuß still hält, Alec. Wir sehen uns später." Damit nickt sie mir zu und verlässt den Raum.
"Geht's dir gut?" fragt Alec und ich sehe zu ihm hoch. Wieder einmal kann ich nicht sprechen und so nicke ich nur. Er lächelt. "Ich helfe dir, wenn du möchtest." Wieder nicke ich nur und setze mich langsam auf.

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