Ein Schwätzchen danach

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Immer noch schwer atmend lag ich splitterfasernackt in dem Bett, das tatsächlich sehr gemütlich war. Blake stand in Unterhose und einem Glas Wein in der Hand am Fenster und blickte in die Stadt hinaus. In mir hatte sich ein schönes Gefühl der Entspannung ausgebreitet und ein Dauer-Lächeln lag auf meinen Lippen. Ich war Maze dankbar, dass sie mich hierher gebracht hatte. Es war eine Schande, wie lange ich schon lebte, ohne auch nur ein einziges Mal zuvor Sex gehabt zu haben. Diese Erfahrung heute war es echt wert gewesen.

Ich setzte mich auf und suchte meine Klamotten zusammen. Es war wohl langsam an der Zeit zu gehen. Ich wollte Blake ja nicht von seiner Arbeit abhalten.

"Gehst du schon?", fragte er und das dreckige und verspielte war komplett aus seiner Stimme verschwunden.

Ich zog mir das Oberteil über und antwortete schlicht: "Ja."

"Maze hat mich für die ganze Nacht bezahlt." Er hatte sich immer noch nicht zu mir umgedreht.

"Oh. Ich dachte... äh… wir wären fertig." Ich fuhr mir durch die zerzausten Haare.

"Ja", meinte er langsam. "Aber wenn du willst kannst du noch bleiben." Er drehte sich um und fuhr sich nervös grinsend durch die dunklen Haare. "Ehrlich gesagt, hab ich keine Lust da wieder rauszugehen."

"Und ich wäre dann deine Ausrede?" Skeptisch hob ich eine Augenbraue.

"Genau! Also bleibst du?"

Ich blickte zur Tür und dann wieder zurück zu Blake. Warum eigentlich nicht, fragte ich mich. Er war ja ganz nett und so…

"Na gut", gab ich nach und ließ mich wieder aufs Bett fallen. "Und was machen wir jetzt?"

Er zuckte mit den Schultern und kam zu mir rüber. "Erzähl doch was von dir!"

"Da gibt's nicht viel zu erzählen", lachte ich. Jedenfalls nichts, was ich ihm erzählen könnte. Er war ein Mensch und somit war das Himmlische Tabu. Wenn man das Zeug jedoch ausließ, blieb nicht mehr viel übrig, was ich erzählen könnte.

"Wo kommst du her?", fragte er und streckte sich auf dem Bett aus, die Hände am Hinterkopf verschränkt.

Aus dem Himmel. "Ich bin vor wenigen Tagen nach LA gekommen."

"Und davor warst du...?"

"Ist nicht wichtig."

Er musterte mich von oben bis unten. "Warum ausgerechnet LA?"

"Mein Vater wohnt hier", antwortete ich wahrheitsgemäß.

"Hm." Er starrte nachdenklich die Decke an und sagte nichts weiter.

Ich beobachtete ihn eine Weile. Jetzt wo er aus seiner Stripper-Rolle draußen war, kam er mir wie ein netter, normaler Kerl vor. Warum er unbedingt wollte, dass ich blieb, war mir jedoch immer noch schleierhaft. Ich war doch nur eine ganz normale, junge Frau in seinen Gedanken. Nur eine weitere, mit der er sich vergnügt hatte. Und ich war mir sicher, dass er die anderen alle weggeschickt hatte.

Dass er einfach nur keine Lust hatte, weiterzuarbeiten, glaubte ich ihm auch nicht. Er hatte das Geld von Maze doch schon; er könnte heute Nacht sogar noch mehr verdienen. Und Menschen wollten doch alle nur immer mehr Geld.

"Ich bin auch erst vor kurzer Zeit hierher gekommen", fing Blake plötzlich wieder an, zu reden. "Ich wollte aus dem Drecksloch entkommen, das gezwungenermaßen mein zu Hause war. Auf der Suche nach einem Job, bin ich an meinen jetzigen Boss geraten, der meinte, dass ich einen ziemlich guten Stripper abgeben würde. Hat er nicht ganz unrecht, oder?" Er drehte den Kopf zu mir und grinste schelmisch. Ich verdrehte schmunzelnd die Augen.

"Mein Boss hat mir den Job gegeben und die Jungs hier haben mit gezeigt, wie ich möglichst viel Trinkgeld bekomme. Mittlerweile sind sie alle angepisst, weil ich ihnen alle Frauen stehle." Er grinste noch breiter. "Jetzt du! Was hast du vor, hier zu machen?"

Darüber hatte ich mir noch keine Gedanken gemacht. Der einzige Grund, warum ich hergekommen war, war mein Dad gewesen, aber Blake hatte Recht. Ich sollte mir hier auch etwas aufbauen, denn zurück in den Himmel wollte ich ganz sicher nicht. Und mir gefiel die Stadt.

"Weiß ich noch nicht so genau", gab ich zu und legte mich nach langem Hadern endlich neben ihn auf das Bett. "Vielleicht fang ich auch einfach in dem Nachtclub von meinem Dad an."

"Kennt man den Club?"

"Das LUX."

"Dein Dad ist Lucifer Morningstar?!" Er fuhr hoch und starrte mich mit großen Augen an. "Aber... wow... Das hätte ich nicht gedacht."

Ich lächelte schief und zuckte mit den Schultern. "Als Kind wurde ich von ihm getrennt. Ich glaube, er hätte nie gedacht, dass wir uns wiedersehen." Ein Kloß bildete sich in meinem Hals, als ich zurück an die ersten, schmerzhaften Tage ohne Dad dachte. Obwohl er mir versprochen hatte, dass wir uns wiedersahen, hatte ich das Gefühl gehabt, dass es nicht passieren würde.

"Das tut mir leid." Er schien es ehrlich zu meinen, weshalb ich ihm ein schwaches Lächeln schenkte.

"Schon gut..."

"Falls es dich tröstet... Ich hab meine Eltern nie kennengelernt." Das hatte nichts mit dem zu tun, was ich durchgemacht hatte. Was man nicht kannte, konnte man auch nicht vermissen. Ich hatte meinen Dad gekannt, als ich in den Himmel entführt wurde, er nicht. Trotzdem hörte ich ihm mitfühlend zu: "Ich bin in einer Art Waisenhaus aufgewachsen, aber wir mussten rund um die Uhr arbeiten. Es war die Hölle!"

Ich zog eine Augenbraue hoch. "Das glaub ich kaum", warf ich, ohne zu überlegen, ein und er sah mich verwirrt an.

"Dass es die Hölle war", erklärte ich. "Die Hölle ist schlimmer, als es sich die Menschen vorstellen können."

"Klingt als wärst du da gewesen", meinte er und lachte über seinen eigenen Witz. Ich sah ihm schweigend dabei zu. Wenn der wüsste...

"Naja, irgendwann, viele lange Jahre später, bin ich dann weggerannt und hier gelandet."

"Warte!", sagte ich verwirrt. "Wie alt bist du?"

"24?"

"Wie lange warst du dann bitte in diesem Waisenhaus, wenn du erst kurze Zeit hier bist?"

"Was?" Jetzt war auch er verwirrt.

"Du hast selbst gesagt, dass du erst vor kurzer Zeit hierher gekommen bist. Sind sechs Jahre für dich kurze Zeit?"

"Ich- äh- was?", stotterte er nervös.

Ich musterte ihn durch zusammen gekniffene Augen. "In einem Waisenhaus ist man nur bis man 18 ist – jedenfalls normalerweise."

"Sie haben uns da gefangen gehalten." Ich glaubte ihm nicht, aber wollte auch nicht länger nachfragen. Wahrscheinlich hatte er diese Geschichte nur erfunden, um Mitleidssex zu kriegen. Ich tat ihm diesen Gefallen allerdings nicht und erhob mich.

"Ich geh jetzt. War ein... gutes Gespräch." Ich strich mir die Klamotten und Haare glatt, bevor ich zur Tür ging. Die ganze Zeit über spürte ich seinen Blick auf mir, drehte mich aber nicht nochmal um.

Tochter des Teufels (Lucifer ff)Nơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ