07 Hells Ende

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Du wirst verkauft. 

Der Mann ist schon lange fort. Und doch geht mir der Satz wieder und wieder durch den Kopf. 
Was will er mir damit sagen? Schließlich bin ich ein Mensch und kein Objekt, welches man beliebig oft weiterreichen kann. 

Nach einer Zeit, welche sich wie eine Ewigkeit anfühlt treten wieder Menschen an mein Gitter. 
Sie alle sind schwarz gekleidet, offensichtlich gehören sie nicht hier her. 
Haben lange, schwarze Mäntel an und tragen Stiefel. 
Jeder von ihnen hat einen seltsamen Banner an der Brust; ein roter Totenkopf, mit ebenso roten Tentakeln darunter. Ich habe ihn noch nie vorher gesehen. 

"Ist sie das?" will der vordere von einem Wachmann wissen, der die Gruppe begleitet. 
"Das ist sie" nickt er. 
"Hallo Helena" er sieht mich an, als seie ich ein wildes Tier und man müsse vorsichtig mit mir sein, dass ich nicht weglaufe. 
Ich nicke ihm zu. 
"Du kommst von der Straße, nicht?" 
Wieder ein Nicken. 
"Was wenn ich dir sage, dass ich dir die Chance geben kann etwas daraus zu machen? Wenn ich dich stark machen kann?" 
"Ich-"
"Es liegt nicht mehr in deiner Hand ob du einverstanden bist. Aber was du daraus machst ist ganz allein deine Entscheidung" 
"Wer sind sie?" bringe ich heraus. 
"Das wirst du noch früh genug erfahren" sagt er noch an mich gerichtet, bevor er der Wache zunickt, welche mich daraufhin aus der Zelle holt. 

Der normale Prozess: Handschellen an, der Reihe anschließen und gehen. 
Vor mir gehen drei weitere Gefangenen, davor die seltsamen Männer. 
Sie folgen einer riesigen Truppe an Polizisten. 
Sind die etwa alle wegen uns hier? 
Sie tragen Gewehre bei sich. Die selben Gewehre mit denen auf der Demo geschossen wurde. 
Augenblicklich wird mir schlecht und ich bleibe stehen um mich nicht zu übergeben. 
Die Wachen hinter mir stoßen mich weiter, ohne sich wirklich darum zu kümmern dass ich ihnen fast auf den Knastboden gekotzt hätte. 

Ich folge dem Trupp und kneife die Auge zusammen um die Waffen nicht sehen zu müssen. 
Tatsächlich werden wir zum Ausgang geführt, ohne dass  man uns die Augen verbindet. 
Vermutlich rechnen sie nicht damit dass wir jemals zurückkehren werden.
Schon durch die großen Glastüren konnte ich die Sonne scheinen sehen. 
Es ist erst einige Tage her, dass ich sie zum letzten Mal gesehen habe, aber es fühlt sich an wie viele Jahre. 
Und irgendwie gibt sie mir Hoffnung. 
Die Sonne über Sokovia war für mich immer ein Symbol für Freiheit. 
Und jetzt wo ich sie wieder sehen kann habe ich das Gefühl dass vielleicht doch noch alles gut werden wird. 
Die Türen schwingen auf und sofort weht ein warmer, erfrischender Wind hinein. 
Ich recke mich danach, als könne er mich davon tragen und mich zu meiner Familie bringen. 
Ich atme die frische Luft ein, die ich ewig nicht mehr in meinen Lungen gespürt habe.
Sie macht mich gleich ein wenig stärker und gibt mit Mut. 
Die Sonne wieder auf meiner Haut zu spüren tut gut. 
Und wenn ich könnte würde ich mich von den Fesseln losreißen und in die Stadt zurück laufen. 
Wo ich frei bin. 
In Sokovia, wo ich über die endlosen Straßen laufen kann bis meine Lungen stechen und wo meine Freunde sind. 
Wo das Schuhwerk der Straßenkinder auf den Asphalt schlägt wenn ein Polizeiwagen vorfährt und wo die Rufe der Demonstranten noch Meilen weit zu hören sind. 

Der Moment der Freiheit vergeht viel zu schnell, als wir auf einen weiteren schwarzen Bus zu steuern und jeder hinein gezwängt wird. 
Keiner der Häftlinge darf neben einander sitzen und so steigt immer abwechselnd einer von uns und einer der seltsamen schwarzen Männer ein. 

Etwas in mir schreit danach diesen Bus wieder zu verlassen, aber die Türen werden zugeschlagen und der Motor jault auf ehe ich etwas tun kann. 

Und irgendwie weiß ich dass das das Ende von der Hell ist, die ich einmal war. 

wanda II die for youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt