6 - schlimmer geht's immer

40 8 6
                                    

Draco schläft in der Nacht nur sehr wenig und unruhig, er wird von Alpträumen heimgesucht und stellt sich immer wieder die Frage, was passiert wäre, wenn er sich anders entschieden hätte

Was wäre passiert wenn er niemals Todesser geworden wäre? Wenn er sich geweigert hätte? Wenn er seinem Vater nicht blind gefolgt wäre, die Ansichten seiner reinblütigen Familie nicht blind akzeptiert und angenommen hätte? Wenn er sich gewehrt hätte? Wenn er damals vor sieben Jahren in der Winkelgasse nicht weggelaufen wäre? Wenn er nicht all die Jahre feige getan hätte, was man von ihm verlangte? Hätte er den Tod von einigen dieser sicherlich wunderbaren Menschen verhindern können? Und wenn er im Alter von gerade einmal elf Jahren nicht davongelaufen wäre, wenn er, die ihm eingetrichterten Vorurteile über Bord geworfen hätte Hätte er dann eine Chance gehabt? Eine Chance mit diesem unglaublichen Mädchen befreundet statt befeindet zu sein?

Wie so oft liegt er jetzt wach und denkt an sie, an ihre Augen, ihre Haare, ihre Gangart, ihren Geruch, ihr Lächeln, ja selbst die Art wie sie jemanden mit einem Todesblick bedenkt vor dem sogar Lord Voldemort höchstpersönlich ängstlich zurückgewichen wäre. Und dieses schlaue, starke, schöne, perfekte Mädchen hatte wegen ihm leiden müssen! Er hatte ihr das Leben erschwert und sie beschimpft wo er nur konnte! Als sie im Malfoy Manor vor Schmerzen schreiend auf dem Boden lag, hatte er nichts unternommen und war nur dagestanden! Er war immer unausstehlich, arrogant und feige gewesen. Sie verdient niemanden wie ihn. Sie verdient jemanden, der mutig und sympathisch wie sie selbst ist, jemanden der sie zum Lachen bringt und nicht zum Weinen.

Sie ist perfekt, und Draco ist eben Draco. Er ist verabscheuungswürdig und schwach, er ist ein Wrack und ein Arschloch! Er verdient alles, was man ihm an den Kopf wirft! Wahrscheinlich haben die Leute Recht und er gehört wirklich nach Askaban! Dem blonden Jungen rollt wahrend diesen Gedanken schon wieder eine Träne über die Wange und im selben Moment hasst er sich dafür, dass er auf seinem Bett liegt und sich selbst bemitleidet, er hasst sich für seine Schwäche, hasst sich für alles, was er früher getan hat, hasst sich dafür, dass er nach allen Ereignissen noch hier liegen und sein Schicksal bedauern kann, hasst sich dafür, dass er überhaupt an diesen Ort zurückgekommen ist und jetzt hier liegt, in diesem wundervollen Schloss, wo er so viel grauenvolles miterlebt und auch in die Wege geleitet hat. Er hat kein Recht, hier zu sein! Die Gedanken zerreißen ihn innerlich und sorgen für einen bitteren Geschmack in seinem Mund. Die Gedanken an all die Toten. Die Gedanken an dieses schöne Schloss, das er immer geliebt hat und in dem er nun irgendwie fehlt am Platz ist. Die Gedanken an das tolle Mädchen, das er von Anfang an geliebt hat und das er verloren hat. Und dann seine Schuld, die, als wäre das nicht alles schon genug, dunkel, kalt und bedrohlich über ihm schwebt und sich in den Vordergrund drängt, die ihn zerfrisst und nah an die Grenze des Wahnsinns treibt. All das senkt sich nun schwer auf ihn herab, erdrückt ihn und schnürt ihm die Luft ab.

Da er in seinen normalen Sachen geschlafen hat, muss er sich nicht mehr umziehen, bevor er aus dem Bett steigt und aus dem Schlafsaal läuft, den Gemeinschaftsraum durchquert und ziellos durch das Schloss hetzt, dabei die sich beschwerenden Gemälde und den grölenden, gackernden Peeves, der durch die Korridore schwebt wahrend er Streiche ausheckt, ignoriert und kommt schließlich in Myrtes Mädchentoilette an. Schon damals, als er Dumbledore töten sollte, war er oft hierher gekommen um zu weinen und mit ihr zu sprechen, sie war verständnisvoll, hat ihm zugehört und hat ihm Beistand geleistet.

Als er den Raum betritt, kommt sie auch schon aus ihrer Kabine gezischt. "WER-" setzt sie in einem lauten, schrillen Tonfall an, doch als sie ihn erkennt, schlägt ihre Stimmung sofort um " oh Draco! Wie schön, dass du mich besuchen kommst!" Sagt sie erfreut und schwebt auf ihn zu. Er bringt zwischen seinen Tränen ein zittriges Lächeln zustande. Wenigstens eine Person, die ihn nicht hasst, sondern sich sogar FREUT, ihn zu sehen. Eine nette Abwechslung. Auch Myrte lächelt, doch als sie erkennt, dass er weint, wechselt ihr Gesichtsausdruck sofort von überglücklich in besorgt "Du weinst ja! Was ist los?" Daraufhin lässt sich Draco an der Wand hinabsinken, vergräbt das Gesicht in seinen Armen und schluchzt heftig, während die Tränen wie Sturzbäche seine Wangen hinunterfließen. Myrte setzt sich neben ihn auf den Boden, wenn man bei einem Geist überhaupt 'sitzen' sagen kann, und wartet ab, bis er anfängt zu reden. Zuerst stockend, dann immer schneller, redet er sich alles von der Seele. Während seines ganzen Redeschwalls, unterbricht sie ihn kein einziges Mal, sondern lässt ihn zu Ende sprechen. Doch als er geendet hat, ruft sie: "Draco, du bist toll und mein einziger Freund! Glaub kein Wort von dem, was die anderen dir sagen!" Unwillkürlich muss Draco leicht lächeln. Doch auch, wenn er sich, nachdem er sich alles von der Seele geredet hat, vielleicht ein bisschen besser fühlt, sind die niederschmetternden Gedanken und Schuldgefühle nicht verschwunden. Es reicht gerade aus, damit er in sein Leben zurückkehren kann, sich aufraffen und ein paar weitere Kommentare ertragen, bis zum nächsten Zusammenbruch.

Nachdem Draco noch eine Weile geweint hat, steht er auf und macht sich auf den Weg zurück zu seinem Schlafsaal. Aber als er gerade in den vorletzten Korridor einbiegt bevor er zu den Treppen nach unten kommt, sieht er sich einem wütenden Professor Gherla gegenüber. "MR. MALFOY!! ES IST DREI UHR NACHTS!! WARUM SIND SIE NICHT IN IHREM SCHLAFSAAL?!" Ruft dieser aufgebracht. Oh mist, jetzt bekommt Draco Ärger, gewaltig Ärger. Aber wie wusste Professor Gherla überhaupt, dass Draco nicht brav in seinem Bett liegt und schläft? Doch dann fällt dem Slytherin mit einem Stöhnen Peeves ein, den er zuvor ignoriert hat. Wie er diesen Poltergeist hasst! "ICH WARTE AUF EINE ANTWORT!!" Kommt es vom Professor. "Ähm ich bin Schlafwandler!" Versucht Draco sich stotternd aus der misslichen Lage zu bringen und könnte sich im nächsten Moment selbst für diese Antwort ohrfeigen. Schlafwandler! Im Ernst?! "SIE DENKEN DOCH NICHT WIRKLICH, DASS ICH IHNEN DAS ABNEHME, ODER?! 60 PUNKTE ABZUG VON SLYTHERIN UND NACHSITZEN FÜR SIE, MR. MALFOY!! KOMMEN SIE DIE NÄCHSTEN DREI WOCHEN LANG JEDEN ABEND NACH DEM UNTERRICHT IN MEIN BÜRO!!"

Draco bekommt langsam das Gefühl, dass das kommende Jahr mit diesem Lehrer das genaue Gegenteil von angenehm werden würde. Auch wenn er sowieso keine tolle Zeit haben würde, braucht Draco nicht noch jemanden wie Professor Gherla, der jetzt auch noch einen schlechten ersten Eindruck von Draco hat ganz toll, wirklich ganz toll! Er wollte doch dieses Jahr all die Vorurteile aus dem Weg räumen und nicht neue erschaffen! Zerknirscht senkt er den Kopf und sagt: "Jawohl Professor, ich verstehe, dass mein Verhalten inakzeptabel war und diese Strafe ist vollkommen gerechtfertigt, ich weiß nicht, was in mich gefahren ist." Dabei schaut er möglichst reumütig drein. Bei den meisten Leuten funktioniert diese Masche, doch Professor Gherla scheint nur noch wütender zu werden. Oh Merlin! "Sie müssen gar nicht versuchen, sich bei mir einzuschleimen, ich habe sie genau durchschaut, Mr. Malfoy!" Zischt der Professor Draco entgegen und legt in  das letzte Wort so viel Verachtung, dass die Luft davon zu triefen scheint. Draco muss sich mit aller Kraft zusammenreißen, um nicht entnervt aufzustöhnen. Auch das noch! Jetzt kann es wirklich kaum noch schlimmer werden!

In dem Moment schüttet Peeves von hinten Farbe über Draco. Ist das sein Ernst?! Zuerst das mit Professor Gherla, dann noch Farbe?! Dummer Poltergeist! Stocksauer zieht Draco seinen Zauberstab und befreit sich mit einem Schlenker von der Farbe. "Zaubern in den Korridoren ist verboten! 30 Punkte Abzug von Slytherin!" Kommt es prompt von Professor Gherla. Jetzt ist Draco wirklich kurz vorm Überkochen. Aber da Gherla mit, wie bei einem Raubtier auf der Lauer, funkelnden Augen nur darauf zu warten scheint, dass Draco die Fassung verliert, beißt sich dieser auf die Zunge und reißt sich gerade so zusammen. Jetzt nur nicht ausrasten. "Darf ich jetzt in meinen Schlafsaal gehen?" Presst er mit zusammengebissenen Zähnen hervor. "Natürlich! Gehen sie schon! Sie stehlen mir kostbare Zeit!" lautet die sofortige Antwort von Gherla. Fast hätte Draco ihm etwas bissiges entgegnet, er hält sich aber zurück und geht nun sehr zügig und wütend in den Slytherin Schlafsaal.

_________________________________________
UwU ich hab auch mal ein neues Kapitel geschrieben, ihr kennt das Prozedere: Hate, Kritik, Verbesserungsvorschläge Rechtschreib- sowie Grammatikfehler und sonstiges Feedback jeglicher Art bitte in die Kommentare, ich freu mich über alles, nur keine falsche Scheu!
Und einmal danki an alle, die das, was ich hier fabriziere tatsächlich lesen! \(^^)/❤
Und noch einen ganz besonderen Dank an meine wundervolle Lektorin Rikkie🤗❤
Und an die Lektoren vom vorigen Kapitel: Wenn ihr in Zukunft wieder wollt, schreibt mir einfach, ich war mir diesbezüglich nicht sicher 👀🥺

Magie, so wundervoll und schrecklich (abgebrochen)Dove le storie prendono vita. Scoprilo ora