Paddy, ist Liebe berechenbar?

Der Plan

„Hey Carlos, wie geht's dir?", frage ich meinen Anrufer.

„Du solltest sofort herkommen", bittet er mich.

Carlos ist mein Onkel und hat eine kleine Lagerhalle, die er zu einem Trainingsraum umfunktioniert hat. Früher war ich oft dort, doch er hat schon immer darauf bestanden, dass ich in einem normalen Boxclub trainiere.

„Na schön, ich mach mich auf den Weg", gebe ich mich geschlagen, auch wenn ich keine Lust habe.

Ich schnappe mir meine Schlüssel und fahre zu seiner Lagerhalle. Dort begrüße ich erst einmal Dyan und Lukas, beide trainieren.

„Hey, was machst du denn hier? Ich dachte, du wolltest eine Pause", fragt mich ein überraschter Dyan und schlägt mit mir ein.

„Mein Onkel hat mich angerufen, scheint wichtig zu sein", antworte ich ihm.

Ich muss zugeben, ich hab die Jungs vermisst. Seit dem schrecklichen Ereignis in den Sommerferien war ich nicht mehr hier, ich bin einfach in die Berge geflüchtet.

„Wir kommen mit", bestimmt nun Lukas, der ebenfalls mit mir einschlägt.

Beide sind ernster geworden, es scheint sich also wirklich um etwas Gravierendes zu handeln.

„Carlos, was ist los?", frage ich direkt, als wir das Büro betreten.

„Hör zu, ich hätte dich nicht angerufen, wenn es nicht ernst wäre, aber das ist es. Erinnerst du dich an Jackson?"

Als ob ich mich nicht an ihn erinnern könnte, er hat mir mein Leben zur Hölle gemacht.

„Wir wissen, wo und wann es wieder zu einer Auktion kommen wird", fährt Carlos fort. „Hier kommen wir ins Spiel. Wir werden ihnen die Party gründlich vermasseln."

„Warum brauchst du mich?"

„Du bist die einzige Frau in unserer Gang, die verdammt gut kickboxt, und ich weiß, was du kannst. Die Frauen wären wahrscheinlich nur noch verängstigter, wenn ich einen von den Jungs reinschicken würde", erklärt er mir.

„Ok, wie viele Frauen? Habe ich einen Partner?"

„Zwanzig Frauen, Dyan wird dich begleiten. Ist das ok für dich?"

Ich denke kurz nach, komme dann aber zu dem Entschluss: „Habe ich eine Wahl?"

„Na ja, Dyan ließe sich durch Lukas ersetzen, du kennst selbst die Stärken und vor allem die Schwächen der Anderen", meint Carlos zu meiner ironischen Frage. Auf ein Nicken von mir hin fährt er fort: „Ich möchte, dass ihr das möglichst ohne Aufsehen zu erregen erledigt. Durch den Hintereingang geht ihr rein, befreit die Mädchen, kommt wieder raus und wir hauen hab. Verstanden?"

Wir nicken. „Wer kommt mit?", frage ich nach.

„Neben den Anwesenden noch Fabian und Tom. Ok?"

„Ok. Wann?", frage ich meinen Onkel.

„Am Sonntagnacht."

Damit haben wir alle nötigen Details besprochen. Als wir wieder die umfunktionierte Lagerhalle betreten, kommen Fabian und Tom und begrüßen mich ebenfalls überrascht. Anschließend bitte ich Dyan nochmal miteinander zu trainieren. Neben Lukas und Carlos ist er der einzige in unserer Gang, der mir Paroli bieten kann. Nach zwei Stunden Training sind wir ausgepowert. Ich weiß, dass ich mich auf ihn im Notfall verlassen kann. Dasselbe weiß er auch von mir, wir sind ein gutes Team, haben schon öfters solche Aktionen zusammen gemeistert.

„Wie kommst du klar?", fragt mich Dyan, als wir uns fertig geduscht in der Halle wiedersehen.

Ich zucke mit den Schultern. „So lala, geht schon."

„Ich werde immer für dich da sein, wenn du reden möchtest, hörst du? Alle Anderen auch, wir werden immer zusammenhalten."

„Ich bin so froh, euch zu haben", bedanke ich mich bei ihm. Als ich dann an meine Eltern denke, lache ich hol auf. „Wie gut, dass meine Eltern immer auf Geschäftsreise sind und von mir nichts mitbekommen. Sie haben mir schließlich den Umgang mit Carlos und damit auch mit euch verboten."

„Als ob du dir je etwas verbieten lassen würdest", grinst er nun. „Ist es wirklich für dich ok, dort wieder rein zu gehen?"

Entschlossen nicke ich. „Ja, es ist eine Genugtuung für mich, Jackson eins auszuwischen."

„Ich werde dich am Sonntag abholen, ok? Zu viele Autos sind nicht gut", schlägt Dyan vor.

Ich willige ein. Er ist ein Jahr älter als ich und für mich so etwas wie der große Bruder, den ich nie hatte. Nach unserem Gespräch drückt er mich nochmal und wir verabschieden uns.