Mixtape Side A - [Seesaw]

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Vielen Dank liebe @MinNishinoya für deine Empfehlung heute <3 

Der Upload heute ist für dich. 


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Kapitel 5 - Mixtape Side A - [Seesaw]


Der KTX 238 aus Busan fährt nun auf Gleis 3 ein. Bitte treten Sie zurück. Weiterfahrt Richtung Seoul.

Yoongi zündet sich eine weitere Zigarette an. Aber diesmal ist es nicht aus Nervosität, sondern eher aus freudiger Erwartung, um das Kribbeln zumindest etwas zu unterdrücken, was sich auch in der letzten Nervenzelle seines Körpers penetrant festgesetzt hat.
Jimin besucht ihn heute zum dritten Mal innerhalb eines Monats, was letztendlich nur bedeutet, dass sie jede freie und auch die nichtfreien Minuten miteinander verbringen, seit sich ihre Münder zum ersten Mal berührt haben. Denn irgendwie war es nicht nur die körperliche Berührung, die letztendlich zur Verbundenheit geführt hat, weil sich dazwischen auch ihre Herzen berührt haben und man kommt doch recht schlecht von dem Gefühl los, was sich in einem ausbreitet, wenn Park Jimins Blick von roher Verletztheit spricht und sich in aller Offenheit vor ihm ausbreitet. Yoongi ist beinah physisch abhängig davon. 


Trotz der zahlreichen Intimitäten, die sie zwischenzeitlich ausgetauscht haben (und die nicht nur rein körperlicher Natur waren, aber natürlich auch, denn Jimins Körper zu erkunden ist beinah ein sakrales Ereignis), haben sie noch nicht darüber gesprochen, wie ihr Verhältnis zueinander zu bewerten ist. Ob sie sich zu einer festen Bindung haben hinreißen lassen oder lediglich eine lockere Affäre (dieses Wort wirkt plötzlich so lächerlich, wenn es dazu dienen soll, eine Form tiefer emotionaler Verbundenheit zu beschreiben) miteinander führen, erscheint wie ein unbedeutendes Detail angesichts des überwältigenden Hochgefühls, was von Yoongi Besitz ergreift, wenn er an den perfekten Jungen mit den plumpen Lippen und dem schiefen Schneidezahn denkt. Seit er Jimin kennengelernt hat, schlägt sein Herz einen schnelleren Takt und selbst der kalte Novemberwind kann die warmen Gedanken nicht mehr aus seinem Körper vertreiben. 


Yoongi hat sich nie für einen besonders optimistischen, lebensbejahenden Typen gehalten. Doch mit Park Jimins Präsenz in seiner Seele, sind die Arbeitsstunden weniger lang (denn manchmal tarnt sich Jimin als Zuhörer und sie nutzen die musikalische Debatte als Vorwand, um gegenseitig im Klang ihrer Stimmen zu vergehen), die Farben bunter (Yoongi hat sogar ein rotes Shirt in seinem ansonst so schwarzen Kleiderschrank gefunden. Er trägt es nun öfter. Jimin mag rot. Es macht ihn an) und die nagende Traurigkeit (diese genuine Charaktereigenschaft wird der Musiker niemals in ihrer Gesamtheit loslassen können) weniger belastend.
Und er würde auch gerade gänzlich in seiner Gedankenwelt versinken, wenn ihm da nicht aus der grauen Masse von identitätslosen Individuen ein bekanntes (und schmerzlich herbeigesehntes) Gesicht entgegenblitzen würde. Park Jimin trägt seine Haare nun rosa (beim ihrem zweiten Treffen waren sie noch orange gefärbt, aber langsam gewöhnt sich Yoongi an den immer wechselnden Regenbogen). Und anstatt dazu eine gedeckte Farbwahl der Kleidung zu kombinieren, erstrahlt seine Jacke in einem hellen Babyblau. Der Art des Stoffes nach zu beurteilen, wurde die Jacke wohl aus Wolken gefertigt, denn anders kann sich Yoongi die fluffige Beschaffenheit nicht erklären.
Das Babyblau steht im krassen Kontrast zu den rosanen Haaren und wäre Yoongi dem Jüngeren nicht jetzt schon so maßlos verfallen, dann hätte er die Kombination sicherlich als fragwürdig bewertet und mit einer hochgezogenen Augenbraue stumm verurteilt. So erinnert ihn Park Jimins Erscheinungsbild nur an einen warmen Sonnenuntergang im Juni. Denn so ist das mit dem Jungen, mit den plumpen Lippen und dem schiefen Schneidezahn, er bringt den Sonnenschein auch an dunklen Tagen. Yoongi friert auf diesem tristen Bahnhofsplatz Ende November bis in die Tiefen seines Knochenmarks, schwere graue Wolken bedecken den Himmel und lassen die gesamte Szenerie noch trostloser erscheinen und trotzdem fühlt er die wärmenden Strahlen der Junisonnen. Sie blitzen in jedem schüchternen Lächeln funkelnd auf, welches ihm Park Jimin widmet.

ZwischentonWhere stories live. Discover now