Is our history part of the past or present?

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Hailey

Streitend sitze ich mit meiner Mum im Auto. Es ist ein regnerischer Sommerabend und sie hat mich gerade von einer Party abgeholt. Wir sind so in unseren Streit vertieft, dass keiner von uns auf die Straße achtet und wir auf die Gegenfahrbahn geraten. Dies wird uns erst bewusst, als die monströsen Scheinwerfer eines LKW's uns blenden und meine Mum reißt das Lenkrad nach rechts, doch der hintere Teil unseres Wagens wird noch erfasst. Der Regen verhindert, dass unser Auto Halt auf der Straße findet und wir schlittern ungebremst auf die Leitplanke einer Brücke zu, unter der sich ein reißender Fluss befindet. Der Wagen prallt gegen die Leitplanke, die unter der Wucht auch sofort nachgibt und so stürzen wir in dem Wissen gleich zu sterben in den schwarzen Fluss. Als ich meine Augen das nächste Mal öffne, steht mir das Wasser schon bis zum Bauchnabel. Ich schaue zu meiner Linken um meine Mum zu sehen, doch stattdessen sitzt dort Jo mit einem ängstlichen und gebrochenen Ausdruck im Gesicht. In innerhalb einer Sekunde ist ihr Gesichtsausdruck eiskalt, unnatürlich blass und ausdruckslos. "Du hast mich im Stich gelassen..." sagt sie während das Wasser in ihren Mund läuft, sie jedoch nicht im Geringsten davon abhält weiter zu reden oder den Gesichtsausdruck der Situation entsprechend zu ändern. Um mich herum wird es schwarz und das nächste Bild das sich bildet ist im Gerichtssaal. Ich bin auf den Knien gehockt vor dem Richter und sehe auf meinen orangenen Overall hinab, während zwei Wachen mich an Ort und Stelle halten und mir beinah die Arme auskugeln. "Hiermit verurteile ich sie zu lebenslanger Haft, wegen dem Mord an Josephine Samantha Harding," verkündet der Richter und die blanke Panik steigt in mir auf. "Endlich bekommst du das, was du verdient hast!" faucht eine weibliche Stimme in mein Ohr. Als ich mich nach links drehe erkenne ich Talia in der Wache wieder, die nun hässlich zu lachen beginnt.
 
Schweißgebadet und Tränen überströmt werde ich wach und habe zunächst die größten Orientierungsprobleme, da ich nichts sehe. Ich ziehe meinen Kopf zurück und erkenne, dass ich mich in Jo's Arm befunden habe, die besorgt auf mich hinab sieht. Sie will mich gerade loslassen und öffnet den Mund um etwas zu sagen, da schmeiße ich mich mit voller Wucht gegen ihren Brustkorb und schlinge meine Arme um sie. Mein Herzrasen reguliert sich langsam und mir wird klar, dass ich einfach nur einen Riesen Albtraum hatte. Reicht ja nicht den Tod meiner Mum wieder zu träumen, nein verwandeln wir diese Erinnerung gleich in einen Mord an meiner Ex-Verlobten. "Ich dachte ich hätte dich getötet!" murmle ich in ihr T-Shirt während ich versuche das Zittern zu unterdrücken. Schlagartig wird mir klar, wie nah ich ihr gerade bin, viel zu nah. Zumal es sich verboten gut und doch so falsch anfühlt. Wie von der Tarantel gestochen springe ich zurück und stoße mit dem Rücken gegen die Lehne des Kopfendes vom Bett. Panisch sehe ich in Jo's vor Schock weit aufgerissene Augen, doch diesem Blick kann ich keine Sekunde standhalten und drehe somit meinen Kopf von ihr weg. "Wie war das?" höre ich sie schwammig und unrealistisch weit weg fragen, doch ich bin gar nicht in der Lage zu antworten. Etwas in meinem Brustkorb zieht sich schmerzhaft zusammen und ich habe das Gefühl keine Luft zu bekommen. Alles beginnt sich zu drehen, zu verschwimmen und dunkel zu werden. Ich beginne unkontrolliert zu zittern und in meinem Kopf spielen sich in Dauerschleife 3 Szenarien ab, der Tod meiner Mutter vor ca.6 Jahren, die Tage im Knast und die Trennung von Jo. Zwar war die Trennung einvernehmlich, doch wir beide wussten, dass letztendlich ich die Entscheidung getroffen hatte. Sie sah so gebrochen hinter ihrer Wut aus, so verletzlich, dass es mir das Herz rausgerissen hat, doch ich war nicht weniger gebrochen. Wir hatten uns gegenseitig gebrochen, oder von der Außenwelt brechen lassen.
 
In diesem Moment packt mich die Erkenntnis, dass ich schuld an allem bin, zumindest an vielem. Ich war so versessen darauf endlich eine Familie zu haben, dass ich meine bereits entstehende Familie vernachlässigte, enttäuschte, als Selbstverständlichkeit sah. Mir waren 2 Kriminelle wichtiger, als die Person, die um meine Hand angehalten hatte. Die mich so liebte wie ich bin, die mich so wollte wie ich bin, die alles für mich getan hätte um mich zu schützen. Sie konnte mich vor allem und jedem schützen, außer vor mir selbst. Die Personen, die ich für meine Familie hielt, haben dafür gesorgt, bzw. sind das Risiko eingegangen, dass ich einen großen Teil meines Leben im Knast verbringe. Die Person die WIRKLICH meine Familie war, ist jetzt die Person die mich dort rauskämpft, obwohl sie das gute Recht hätte mich dort verrotten zu lassen. Ich war so naiv, ich BIN so naiv. Ich hab alles zerstört, sie, mich, uns und meine Zukunft. Du hast mich im Stich gelassen…
 
Taumelnd begebe ich mich ins angrenzende WC, in das mich Jo, mich an der Hüfte haltend, bringen will. "Fass mich nicht an, bitte," gebe ich keuchend von mir und stütze mich am Waschbecken ab. Ich betätige das Wasser und spritze mir mit diesem das Gesicht voll. Langsam hört die Welt auf, sich unnatürlich zu drehen und ich werde wieder Herr über meinen Körper. "Du musst atmen Hailey!" drängt mich Jo, die unschlüssig, ob sie mich anfassen soll, im Raum steht. Die Panikattacke lässt nach, genauso wie die Flashbacks, doch dafür bleibt die Wut übrig. Wut die unaufhaltsam wächst. Wut die gegen mich selbst gerichtet ist, unterstützt von Selbsthass und Enttäuschung. Mein Griff um das Porzellan Waschbecken verstärkt sich und meine Atmung beginnt erneut unkontrolliert zu werden, während ich mein verheultes Gesicht im Spiegel anfunkle. Im nächsten Moment donnre ich meine Faust nur noch gegen die Wand links von mir. Immer und immer wieder, bis mich jemand mit einem Ruck rumreißt. "Jetzt beruhig dich verdammt noch mal!" brüllt Jo mich an, während sie mich an den Schultern hält. "Fass mich nicht an," versuche ich sie erneut von mir fernzuhalten, bewirke damit aber das genau Gegenteil. Sie zieht mich in ihre Arme und umschlingt mich ganz fest, dass ich kaum die Möglichkeit habe mich zu befreien ohne ihr wehzutun. "Lass es zu!" knurrt Jo bestimmend. "Du bist nicht allein, okay?" Nach diesen Worten lasse ich die Umarmung zu, erwidere sie sogar und beginne bitterlich zu weinen. Wir stehen so bestimmt 20 Minuten, bis ich mich genug beruhigt habe. Mein Brustkorb fühlt sich immer leichter an und ich habe das Gefühl, als würde mir mein Herz rausspringen und versuchen in den Brustkorb, der eng an meinem gepresst ist, zu springen. Das ist der Moment wo ich verwirrt die Umarmung unterbreche. "Du solltest schlafen gehen..." schlägt Jo vor und verlässt rückwärtsgehend den Raum. "Ja das sollte ich..."
 
Als ich am nächsten Morgen wach werde, könnte ich vor Scham im Erdboden versinken. Gestern Nacht hab ich vor ihr förmlich einen emotionalen Striptease gemacht, ohne Worte dafür zu benutzen. Ich will ihr nicht so viel von mir preisgeben und ich will erstrecht nicht, dass sie mich verletzlich sieht. Ja Jo hilft mir aus meinem Mist gerade raus, doch ich hab sie verletzt und sie hätte jedes Recht mich fallen zu lassen, oder mir eins reinzuwürgen. Also warum genau sollte ich darauf vertrauen, dass sie diese Schwäche nicht ausnutzt. "Okay jetzt spinnst du komplett!" rufe ich mich selbst zur Vernunft und steige kopfschüttelnd in die Dusche. Ich lasse das beinah kochend heiße Wasser über mein Kopf laufen und genieße die Geräuschkulisse, die sich dabei bietet. Ich schalte meinen Kopf für einen Moment aus und lausche einfach dem Wasser. Eine Ewigkeit später beginne ich mich gründlich zu waschen und zu rasieren, den Rasierer hat Jo mir gestern im Laufe des Abends zusammen mit einigen anderen Alltagsdingen gegeben. Nachdem ich fertig bin ziehe ich mir Unterhose, Hose und Socken an und creme meine Rippen mit Schmerzgel ein. Mit meinen Händen halte ich mich obenrum bedeckt und laufe ins Wohnzimmer, wo Jo auf der Couch sitzt und auf ihr Handy starrt. Als sie meine Schritte hört dreht sie sich zu mir, reißt die Augen erschrocken auf und hält sich diese dann schnell mit den Händen zu. "Fuck Hailey was soll das?!" flucht sie auch schon direkt los. "Entspann dich mal. Du musst mir lediglich beim Druckverband helfen," lach ich laut los und sehe zu wie sie sich sichtlich entspannt. "Den hatte ich ganz vergessen. Ich dachte schon..." "Dass ich dir meine Brüste präsentieren will? Träum weiter.." beende ich neckend ihren Satz, während sie auf mich zuläuft, mir den Verband aus der Hand nimmt und sich hinter mich stellt. "Wäre nicht das erste Mal," rechtfertigt sie sich und legt den Verband an. Bei der Berührung ihrer Finger auf meinem nackten Rücken zucke ich leicht zusammen und ich bete, dass sich keine Gänsehaut bildet. "Das ist lange her...außerdem haben die letzten Jahre der Pubertät noch gute Arbeit geleistet." Darauf gibt sie keine Antwort, lediglich ein lautes Schlucken ist zu hören. Als sie fertig mit dem Verband ist, bleiben wir stumm an Ort und Stelle stehen und plötzlich spüre ich ihre Finger mein Schulterblatt hochgleiten. Auf meiner Schulter angekommen fährt sie dann meinen Oberarm runter. Ich weiß, dass sie gerade mein Tattoo mit den Fingern nachzeichnet und ihre Berührungen daher nicht grundlos sind, allerdings ist die Gänsehaut nun keineswegs mehr aufzuhalten und ich spüre förmlich, wie sie sich auf meinem ganzen Körper ausbreitet. "Jo..." gebe ich fast flüsternd von mir und setze zum Reden an, doch dann räuspert sie sich und tritt einen Schritt nach hinten. "Zieh dir was an, wir haben nichts zum Frühstücken da und holen uns was unterwegs. Übrigens…wir sind für heute Abend zum Abendessen bei meiner Mum eingeladen.“ Ich nicke nur und verschwinde dann im Gästezimmer. Wir sind zum Essen eingeladen, klingt ja schon fast so als während wir noch ein Paar.
 
"Ich hätte gerne einen Café Latte und einen Schokodonut." gebe ich meine Bestellung nach der von Jo auf. Ich will gerade mein Geld hervorkramen, da legt Jo ihre Hand auf meine, sieht mich eindringlich an und bezahlt dann anstelle von mir. Das schlechte Gewissen breitet sich in mir aus wie eine Welle, eine Welle die immer und immer wieder auftaucht. Als wir uns in ihr Auto setzen, gebe ich einen langen Seufzer von mir. Fragend sieht Jo mich an. "I-ich möchte mir einen Job suchen." "Dir ist bewusst, dass du vielleicht in paar Wochen im Knast sitzt oder? Du hattest die letzten Jahre auch nie wirklich einen legalen Job, warum jetzt?" stichelt sie mich, was mich genervt aus dem Fenster schauen lässt. "Weil ich mich schlecht dabei fühle, dir so auf der Tasche zu liegen. Ich will nicht, dass du das ganze Geld für mich ausgibst. Ich will...mich revanchieren und dir wenigstens einen Teil zur Miete und für das Essen dazu geben solange ich bei dir bin. Außerdem....vertraue ich dir, ich weiß...dass du mich aus den Knast boxen wirst," gebe ich fast schüchtern von mir und stelle mich auf die wüstesten Beschuldigungen ein, wie ´dass ich mich damals auch nicht dafür interessiert habe, dass ich ihr Geld benutze´, oder ´dass ich einen Minijob nicht mit einer Kaution von einer halben Million vergleichen kann´, außerdem bin ich mir insgeheim unsicher ob sie es wirklich schafft, schaffen will mich aus dem Knast zu holen. Geschockt und sprachlos sieht sie mich an. "Was? Hab ich was falsches gesagt?" giftige ich sie in Verteidigungshaltung an. "Nein hast du nicht. Ich hab nur mit allem anderen gerechnet, aber nicht damit, dass DU dich mal schuldig fühlst und was gut machen willst." "Und da ist der Kommentar auf den ich gewartet habe," gebe ich genervt von mir und werfe theatralisch meine Arme in die Luft. Lachend startet Jo das Auto und fährt los Richtung Kanzlei. Ihre skeptischen oder verwunderten Seitenblicke auf der stummen Fahrt entgehen mir nicht, auch wenn sie das vielleicht denkt.
 
Nachdem wir auf dem Parkplatz der Kanzlei unser Frühstück gegessen und unseren Kaffee getrunken haben, fahren wir mit dem Fahrstuhl in hoch in die Etage in der sich Jo´s Büro befindet und betreten dieses. Jo hat sich gerade auf ihren Stuhl fallen lassen, als die Sekretärin hereinplatzt. „Miss Harding ihr Termin ist bereits da, soll ich Mrs. Miller bitten zu warten?“ sagt diese. „Nein schon gut, holen Sie sie bitte.“ Beim Verlassen des Raumes wirft die Sekretärin mir einen verlegenen Blick zu den ich schmunzelnd erwidere. „Hailey! Lass die Finger von meiner Sekretärin, sonst muss ich sie noch feuern.“ „Ist da jemand eifersüchtig?“ stichel ich Jo kichernd und laufe Richtung Schreibtisch. „Auf wen? Was soll ich mit einer 8 von 10, wenn ich eine 9 von 10 als Freundin habe,“ kontert Jo mit hochgezogener Augenbraue und verschränkten Armen, während sie sich nach hinten lehnt. Das sehe ich mal als Provokation. „Wir wissen beide ganz genau das ich eine 10 von 10 bin!“ gebe ich mit rauer Stimme von mir um sie zu ärgern und setze mich vor sie auf ihren Schreibtisch. Einen Moment entgleiten ihr sämtliche Gesichtszüge, doch dann ertönt ein Klopfen und die Tür geht auf. Im selben Moment fegt Jo mich mit ihrem Arm von ihrem Tisch und versucht so seriös wie möglich drein zuschauen. „Guten Morgen Mrs. Miller. Das hier ist meine…Praktikantin Miss Evans, ich hoffe es stellt kein Problem für Sie da, wenn sie bei dem Gespräch dabei ist. Man…muss sie ständig im Auge behalten.“ Bei den letzten Worten sieht sie mich leicht verärgert an. „Nein nein, dass stellt kein Problem dar.“ Gibt die Mitte 40 Jährige Frau von sich und setzt sich auf die andere Seite des Schreibtischs. Ich greife nach einem Stuhl, den ich auf Jo´s Seite des Schreibtischs ziehe, diese sieht mich mit hochgezogener Augenbraue an. „Was? Ich bin deine Praktikantin, ich muss doch alles mitbekommen!“ haue ich sie mit ihrer eigenen Lüge in die Pfanne und setze mich hin.
 
Während des Gesprächs stellt sich heraus, dass der Mann von Mrs. Miller letzte Woche ermordet in ihrer Wochenend-Villa aufgefunden wurde und nun wird ihr vorgeworfen, dass sie die Täterin ist, Mrs. Miller behauptet jedoch, dass ganze Wochenende nicht in der Stadt gewesen und somit unschuldig zu sein. Auf Jo´s Bitte hin erzählt die Frau detailliert, was sich in den letzten Tagen zugetragen hat und dass man sie und ihren Mann beim Streiten auf der Straße einige Tage vor der Tat gesehen hätte. Bei der Erzählung beginnt die Frau um ihren verstorbenen Mann zu weinen. „Haben sie denn eine Ahnung wer der Täter gewesen sein könnte?“ „Das hab ich ihnen doch schon letztes Mal gesagt, ich hab keine Ahnung,“ giftet diese direkt. Nach ein paar weiteren Fragen ist die Unterhaltung beendet und Jo begleitet die immer noch weinende Frau zur Tür. Nachdenklich starre ich in die Luft. „Sie lügt…“ stelle ich leise fest. „Was?“ fragt Jo verwirrt nachdem sie die Tür hinter Mrs. Miller geschlossen hat. „Sie lügt!“ gebe ich nun fest von mir, springe auf und schnappe mir ihre Akte. „Hey spinnst du? Die darfst du nicht einsehen!“ faucht Jo und will sie mir aus der Hand reißen doch ich drehe mich weg. „Zieh den Stock aus dem Arsch, dass erfährt doch niemand.“ „Hailey gib sie mir wieder!“ knurrt sie und so kommt es das zwei erwachsene Frauen ringend wie zwei Kinder um eine Akte streiten. Als sie die Akte gerade zu greifen bekommt stemme ich mich mit meinem Hintern gegen sie, damit sie loslässt. Womit ich nicht gerechnet, bzw. worauf ich nicht geachtet habe, ist das mein Hintern so frontal vor ihrer Hüfte ist und ich somit eine Art von Körperkontakt hergestellt habe, die alles andere als Jugendfrei aussieht. Wie vom Blitz getroffen lässt Jo los, springt einen Schritt nach hinten und  dreht ihren Kopf weg. Auch ich zucke erschrocken einen Schritt zur Seite, doch dann gebe ich der Akte wieder meine Aufmerksamkeit und beginne sie durch zu blättern. „Also Sherlock Holmes, wie kommst du darauf das sie lügt?“ fragt mich Jo genervt, als sie mir die Akte aus der Hand reißt. „Ihre Körpersprache! Ich hab mein Psychologiestudium zwar abgebrochen doch etwas ist in den zwei ein halb Jahren hängengeblieben. Als du sie fragtest, ob sie eine Ahnung hat, wer der Täter sein könnte, verkrampfte sie sich sofort. Ihre Stimmung schlug von traurig für einen kurzen Moment in ertappt oder wütend um,“ erkläre ich Jo, während ich im Büro auf und ab laufe. „Sie hat ein wasserdichtes Alibi du Schlauberger!“ „ Das hab ich gerade selbst gesehen. Wenn sie sich also nicht selbst schützt, dann schützt sie jemanden den sie liebt. Hat sie Geschwister, vielleicht eine alte Flamme oder die beste Freundin?“ „ Warte mal…eine alte Flamme!“ unterbricht Jo meinen Redefluss, schlägt die Akte auf dem Schreibtisch auf und blättert wild drin rum. „Bzw. eine neue. Sie hat ihren Mann mit ihrer alten Flamme betrogen und eine Affäre über mehrere Monate gehabt. Die Zeugen, die den Streit von Mrs. und Mr. Miller beobachtet haben, hatten Gesprächsfetzen wie ´Sex, Schlampe und Scheidung' herausgehört. Du könntest recht haben…“ gibt Jo zu und gemeinsam gehen wir die Akte durch. Nervenaufreibendes Brainstormen und Stunden später lass ich mich auf das Sofa fallen, so wie Jo sich in ihrem Stuhl zurück lehnt. „Und was genau bringt dir das Wissen über den wahren Mörder jetzt?“ frage ich irgendwann. „Erstens weiß ich jetzt, dass ich den Worten meiner Klientin nicht trauen kann und deswegen nur auf Beweise und Fakten zurückgreifen kann und zum anderen ist es nicht mein Job Mutter Theresa zu spielen und alle zu retten, sondern meine Klientin vor den Knast zu bewahren und wenn ich berechtigte Zweifel an ihrer Schuld darlegen kann,  ist sie raus aus dem Schneider. Na ja solange nicht rauskommt, dass sie die ganze Zeit wusste wer der Mörder ist,“ erklärt mir Jo und nun fällt auch der Groschen bei mir.
 
„Welchen Fall nehmen wir uns jetzt vor?“ frage ich voller Euphorie und gehe auf sie zu, doch sie legt schon schützend eine Hand auf ihre Akten. „WIR nehmen uns Garnichts zusammen vor. Das war eine Ausnahme. Ich könnte meine Zulassung deswegen verlieren Hailey.“ Genervt rolle ich mit den Augen und begebe mich Richtung Tür. „Wohin gedenkst du zu gehen?“ fragt Jo streng und mit verschränkten Armen. „Die Sekretärin flachlegen…Beruhig dich ich geh aufs Klo. Aber wenn du mir nicht glaubst kannst du gerne zugucken…“stichel ich, schenke ihr ein selbstgefälliges Grinsen und verschwinde dann durch die Tür.
 
„Okay jetzt bist du diejenige die sich entspannen sollte. Du triffst meine Mutter, deine sozusagen Patentante und nicht den Präsidenten der Vereinigten Staaten.“ zieht mich Jo auf während wir mit dem Aufzug hoch zum Apartment fahren. „Ich weiß, aber…das ist das erste Mal, dass ich sie seit…unserer Trennung sehe, mit Ausnahme der 10 Minuten im Krankenhaus,“ gestehe ich nervös, rufe mich dann jedoch gleich wieder zur Vernunft. Evans du zeigst dem Feind schon wieder Schwäche! Um mich von meiner Nervosität abzulenken, schaue ich mich im Aufzug um und plötzlich habe ich Bilder vor Augen. Bilder von einer Party die vor einigen Jahren im Apartment stattfand. Eine Party an der Jo und ich wie so oft aneinander gerieten. Eine Party bei der sich etwas geändert hatte, denn als Jo aus dem Apartment rannte, rannte ich ihr nach und küsste sie in diesem Aufzug das erste Mal von meiner Seite aus. Hier hatte unsere Geschichte begonnen. Eine Geschichte bei der sich Tränen in meinen Augen bilden wenn ich an sie denke, so wie in diesem Moment…

You left my hearth alone! (GxG)Hikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin