Spieglein, Spieglein an der Wand...

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Credits für das Bild gehen an: Dralamy

Hermine:

Ich lief durch die Gänge des Schlosses auf meinem Weg in die Bücherei, als ich ein Schluchzen hörte. Verwundert blieb ich stehen. Plötzlich ertönte ein lautes Klirren, das ebenso abrupt wieder verschwand, wie es ertönte. Danach war wieder nur das Schluchzen zu hören.

Ich folgte dem Geräusch und blieb vor der Tür zur Mädchen Toilette der maulenden Myrte stehen, um sie langsam zu öffnen. Als erstes fiel mir der zerbrochene Spiegel ins Auge. Mit Schrecken musste ich feststellen, dass sich, sowohl an den Scherben als auch auf dem Boden, Blut befand. Bei Merlin, was war denn hier passiert?!
Ich ließ meinen Blick weiter durch den Raum schweifen und blieb an einer blonden, ziemlich groß gewachsenen und muskulösen Gestalt hängen. Diese Person saß zusammengekauert auf dem Boden und weinte vor sich hin.
War das etwa Malfoy?

Ich haderte kurz mit mir, entschied mich aber dann, dass ich selbst Malfoy nicht einfach so sitzen lassen konnte. Ganz zu schweigen von dem Chaos, das er angerichtet hatte. Schließlich waren wir beide Schulsprecher.
Leise schloss ich die Tür hinter mir und ging vorsichtig auf ihn zu.
Wieso saß Malfoy hier auf dem Boden und weinte? Ich war immer davon ausgegangen, dass ein Malfoy nicht weinen kann, was natürlich Schwachsinn ist, doch besonders kein Draco Malfoy.

Wir konnten uns nicht leiden, so viel stand fest, aber ich konnte ihn ja auch nicht einfach weinend hier sitzen lassen, oder?
Nein, das ging auf keinen Fall und wenn ich ehrlich zu mir selbst war, fand ich Malfoy gar nicht mehr so abstoßend wie früher. Dazu war er einfach zu attraktiv. Auch wenn das natürlich nicht seinen Charakter ausgleichen konnte.
Obwohl, in letzter Zeit war er ruhiger und allgemein seltener gemein. Vielleicht ging es ihm schon länger so schlecht.
Ich zögerte, konnte ich einfach so auf ihn zugehen, oder würde er ausrasten, sobald er mich erkennen würde? Wahrscheinlich...
Ach scheiß drauf, ich konnte ihn doch nicht einfach so, alleine und weinend, auf dem kalten Boden, zurücklassen. Arschloch hin oder her. Mein Helfersyndrom ließ sich wohl auch nicht bei Arschlöchern stoppen.

"Malfoy?", hauchte ich leise.
Sofort fuhr sein Kopf hoch, aber anstatt des sonstigen Abscheus, sah ich nur pure Verzweiflung in seinen Augen. Mein Herz zog sich bei diesem Anblick zusammen. Das war nicht der eiskalte Malfoy, den ich kannte. Langsam ging ich zu ihm und sank neben ihm auf die Knie.
Vorsichtig nahm ich seine blutige Hand in meine. In der anderen Hand hielt ich schon meinen Zauberstab bereit. Tiefe Risse durchzogen seine bleiche Haut an seiner Hand, und auch teils in seinem Gesicht und mein Magen überschlug sich. Er hatte offensichtlich auf den Spiegel eingeschlagen und sich dabei selbst verletzt. Es musste ihm wirklich miserabel gehen.

Sofort versuchte er seine Hand zurückzuziehen und mich wegzustoßen, aber ich hielt sie weiterhin fest, meinen Blick fest auf Malfoy gerichtet. Er schien wohl zu bemerken, dass die Stelle, die er erwischt hatte, um mich wegzudrücken, meine Brüste waren. Er zog seine Hand so schnell zurück, als hätte er sich an mir verbrannt.
Dann blickte er mir das erste Mal direkt in die Augen. Mit weit aufgerissenen Augen fixierte er mich. Sein Atem ging hektisch und in seinem Gesicht zeichneten sich deutlich Spuren von Tränen ab.

Plötzlich änderte sich etwas an seinem Gesichtsausdruck, aber ich konnte diesen Ausdruck nicht wirklich deuten. Die Verzweiflung machte etwas Platz, das ich noch nie an Malfoy gesehen hatte und verwundert legte ich den Kopf schief.
Aus dem Augenwinkel nahm ich eine Bewegung wahr, die meine Aufmerksamkeit auf sich zog.
Es war Malfoys Hand, welche mich vorsichtig am Kragen meiner Bluse packte und in seine Richtung zog.
Er wollte doch nicht... doch er wollte... er schloss seine Augen und legte vorsichtig seine Lippen auf meine.
Was bei Merlin tat er da?!

Warum saß er hier mit einer blutenden Hand, weinend, auf dem kalten Boden der Mädchentoilette und küsste mich? Hatte er sich den Kopf gestoßen oder mich verwechselt?
Wir kannten uns nicht mal richtig und wenn wir mal miteinander sprachen, dann schikanierte und beleidigte er mich normalerweise nur. Schockiert hielt ich einfach ganz still und ließ Malfoy seine kalten Lippen gegen meine pressen.
Dann nahm ich erneut sein Schluchzen wahr und seine Hand verkrampfte sich an meinem Kragen. Seine Lippen schmeckten nach purer Verzweiflung und dem Salz seiner Tränen.

 Dramione OSWhere stories live. Discover now