twelve

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Mit zittrigen Knien stieg ich Montag früh in den Zug, nachdem ich das Wochenenden damit verbracht hatte, wie ein aufgescheuchtes Huhn durch die Wohnung zu tigern, da das Wetter draußen alles andere als einladend war. Ich hatte meine Zweifel über Bord geworfen und meine Tasche gepackt - natürlich nicht ohne vorher Rücksprache mit Fin gehalten zu haben. Er sah mein ganzes Vorhaben aus einem anderen Blickwinkel, er wusste wie sehr ich damals zu kämpfen hatte, und wie oft ich überlegt hatte einfach zurück zu fliegen und das ganze einfach abzubrechen.

Letztendlich zog ich es damals durch und war insgesamt eineinhalb Jahre für das Magazin tätig. Meine Artikel kamen gut an und es dauerte nicht lange, bis sie mir eine Stelle anboten. Nebenbei machte ich meinen Abschluss - dank des Internets kein Ding der Unmöglichkeit. Es machte mir Spaß und für einen kurzen Moment, war ich auch glücklich. Allerdings fühlte ich mich mit der Zeit einsam. Ich lernte zwar überall neue Leute kennen, doch sobald ich eine Bindung zu ihnen aufgebaut hatte, musste ich weiter. So hielt auch keine Beziehung dem Druck einer Fernbeziehung stand. Nach acht Jahren beschloss ich also erstmal eine Pause einzulegen, was das Reisen anging und zog hinaus in mein kleines Dorf. Von da aus schrieb ich unabhängig kleinere Artikel und seit einiger Zeit auch an einem Buch, das war schon immer mein Traum gewesen.

Automatisch fiel mein Blick auf das dunkelgrüne Buch vor mir und damit rückte Kate wieder in den Mittelpunkt meiner Gedanken. Kate und ich hatten anfangs noch regelmäßig Kontakt - doch irgendwann wurde es immer weniger. Schuld daran war nicht nur der ständige Zeitunterschied - sondern auch die Ungewissheit. Wir hatten uns nie definiert. Es tat weh, weil ich wusste, dass ich nichts tun konnte. Nach den anderthalb Jahren damals bin ich tatsächlich zurückgekehrt. Ich folgte meinem inneren Drang, Kate wiederzusehen und glaubte doch tatsächlich, sie hätte gewartet. Doch ich sollte eines besseren belehrt werden.

Eine Ansage holte mich aus meinen Gedanken, ich war da - in London. Nachdem ich den Zug verlassen hatte, nahm ich mir ein Taxi und fuhr direkt ins Hotel. Es war gerade mal 13:30 Uhr als ich dort ankam, somit hatte ich noch über fünf Stunden Zeit bis die Buchvorstellung losgehen würde. Ich entschied mich dazu, eins meiner liebsten Cafés aufzusuchen und mir dort die Zeit mit Schreiben zu vertreiben.

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Aus dem Autofenster konnte ich schon von weitem die vielen Lichter erkennen. Sofort musste ich an meine Buchvorstellung mit Kate denken, in dem extravaganten Haus. Auch jetzt sah das Gebäude, in welches ich gleich gehen würde, sehr edel aus. Gott sei Dank trug ich diesmal passende Kleidung. Eine lange schwarze Stoffhose und eine marineblaue Bluse, welche sehr locker fiel und dennoch mein Dekolleté betonte. Meine Dr Martens ließ ich zu Hause - dafür trug ich einfache, schwarze Absatzschuhe.

Nachdem ich ausgestiegen war, beobachtete ich die Leute um mich herum für einen Augenblick. Wie erwartet waren alle in Schale geschmissen und die Frauen stützen sich bei ihren Männern ab, um sich kein Bein auf dem Weg nach innen zu brechen. Das Haus lag nämlich auf einem kleinen Hügel. Ein mit Fackeln beleuchteter Weg führte nach oben. Langsam setzte auch ich mich in Bewegung. Mein Herz schlug mir bis zum Hals - ich war sichtlich nervös und spielte an den Ringen an meinen Fingern. Wie sollte ich reagieren, wenn ich sie sehe und viel wichtiger - wie würde sie reagieren? Oben angekommen staunte ich nicht schlecht, auch hier standen überall Fackeln und verliehen dem ganzen einen romantischen Touch.

Ich zeigte dem Mann am Eingang mein Ticket, mit einem Lächeln wünschte er mir viel Spaß und ich ging hinein. Es waren wirklich viele Menschen da und ich musste aufpassen, gegen niemanden zu laufen. Ich verschaffte mir zuerst einen Überblick: die Halle war groß und sehr hell, überall standen Kerzen und an den Wänden hingen einige Gemälde. In der Mitte waren mehrere Stuhlreihen und am Ende eine kleine Bühne, auf der zwei Sessel standen. Es gab einen Wintergarten, in welchem sich die meisten Menschen aufhielten, was vermutlich am Buffet und der Bar lag, die dort platziert worden waren.

Olivia & KateWo Geschichten leben. Entdecke jetzt