Kapitel 4

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Der Montag kam, Draco ging zur Arbeit und Hermine begann mit ihrer. Sie verbrachte große Teile ihrer Zeit in der Bibliothek und las alles, was sie zum Thema Zeitumkehrer finden konnte. Leider war das Feld eine ziemliche Enttäuschung. 

In ihrem Universum hatte sich auch kaum jemand für Zeitreisen interessiert, bis sie ihr Projekt vorgestellt hatte und mal locker 80% aller Publikationen zu dem Thema waren von jemandem aus ihrem Team geschrieben worden. Hier hatte es das Projekt nie gegeben und offenbar hatte das Team ohne sie nicht zueinander gefunden. Ihr gesamtes Forschungsinstitut existierte nicht. Das schmeichelte ihr natürlich ein bisschen, aber vor allem brachte es sie dazu, rastlos auf und ab zu laufen, weil sie keine Ahnung hatte, wie sie mal eben schnell sechs Jahre Forschung eines vierzehn Mann starken Teams ersetzen sollte. 

Das kleine Notizbuch, das sie sich gekauft hatte, füllte sich in rasendem Tempo mit allen Bruchstücken, die ihr noch aus dem Kopf einfielen, Zaubersprüche, Schemata, Gleichungen. Sie zeichnete und rechnete und versuchte, die Lücken zu füllen. 

Nach drei Tagen gab sie auf. Ihr fehlte ein wichtiger Teil der Forschung, den sie dringend brauchte, weil es ihre Grundlage zur Funktion der Zeitumkehrer war und den sie nicht selbst rekonstruieren konnte, weil es nicht ihr Fachgebiet war und sie diese Thesen weder aufgestellt noch bewiesen hatte. 

Sie brauchte Hilfe. Sie brauchte Stibbons. 

Am Donnerstagmorgen, eine Woche, nachdem sie das Universum gewechselt hatte, winkte sie Draco, als er im Kamin verschwand, wartete dann fünf Minuten, bevor sie eilig ins Gästezimmer lief und ihre Sachen zusammensammelte. Es war ihr immer noch unangenehm, ins Schlafzimmer zu gehen, weshalb sie sich einige von Mrs. Malfoys Kleidungsstücken herausgenommen hatte, die sie nur mittelfurchtbar fand. In eine Jeansjacke von ihr hatte sie sich jedoch geradezu verliebt (es war das einzige Kleidungsstück, was nicht entweder Mutter-Mittleren-Alters schrie oder direkt aus einem Zauberer-Modekatalog von 1637 zu kommen schien) und die zog sie sich jetzt über, bevor sie das Haus verließ. 

Mittlerweile hatte sie den Zauberstab einige Male benutzt und er fühlte sich seltsam an, tat aber seinen Zweck. Sie befürchtete nur, dass sie mit einem Stab, der essentiell ein fremder war, auf keinen Fall die hochpräzisen Zauber würde ausführen können, die sie brauchen würde, um irgendwann in ihr eigenes Universum zurückzukehren. Aber für den Alltag reichte es. 

Sie führte einen Suchzauber aus, um sicherzugehen, dass Story ihr nicht auf der anderen Seite der Hecke auflauerte. Vorgestern hatte sie die Wäsche aufgehängt und sie dann in ein einstündiges Gespräch verwickelt, sodass Hermine nur die Hälfte der Dinge geschafft hatte, die sie sich vorgenommen hatte. 

Eine solche Verzögerung wollte sie auf jeden Fall vermeiden und sie wollte auch nicht erklären müssen, wieso sie jeden Tag in die Stadt ging und was sie dort machte. Aber Story war nicht im Garten und so machte sich Hermine eilig auf den Weg zum nächsten öffentlichen Kamin. Sie hoffte und betete, dass Stibbons noch bei seiner Mutter wohnte. Daheim hatte sie ihn vor zwei Jahren überredet, endlich auszuziehen, vielleicht war ihr hier niemand zuvor gekommen. Außerdem hoffte sie, dass er sich hier auch für Zeitumkehrer interessierte. Das hatte er nämlich schon, bevor sie sich kennen gelernt hatten. 

Sie erreichte die Adresse, an die sie sich vermutlich sogar noch erinnern würde, wenn sie tatsächlich ihr Gedächtnis verloren hätte und drückte auf die Türklingel. 

Nichts geschah. Hermine trat nervös von einem Fuß auf den nächsten. War niemand da oder hatte Stibbons nur wieder eine seiner paranoiden Phasen, in denen er die Tür nicht öffnete, weil er fest überzeugt war, dass ein Axtmörder hinter ihm her war? (Zu seiner Verteidigung, er war mal versehentlich ins Jahr 1867 gereist, wo ihn tatsächlich einer verfolgt hatte, zu seiner Anklage, er hatte diese Angst schon vorher gehabt.) Hermine drückte noch einmal auf die Klingel und diesmal war sie sich sicher, dass jemand da war, denn sie hörte es im Haus rascheln. 

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