𝕂𝕒𝕡𝕚𝕥𝕖𝕝 𝟚𝟙-𝕃𝕪𝕣𝕒

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Wie in Zeitlupe stürzten die identischen Madges aufeinander zu. Meine reale Schwester versuchte sich zu wehren, aber sie hatte keine Chance, denn sie lag am Boden,die Augen weit aufgerissen, der Körper versteift.

Mit einem Schrei machte ich einen großen Schritt vorwärts, um sie zu retten, genau so wie Gale und Rory. Die beiden prügelten auf die falsche Madge ein, die plötzlich unmenschliche Kräfte entwickelt hatte. Als ich zusammen mit Gale versuchte,sie von Madge wegzuzerren, schlug sie wild um sich, jeder Schlag so kraftvoll und gezielt ausgeführt wie der eines Tigers.

Binnen weniger Millisekunden warf sie sich herum, mit dem rechten Fuß trat sie nach Rory, mit dem linken nach mir und Gale bekam einen Faustschlag ab. Eine wahre Kampfmaschine.

Als sie mir in den Unterleib kickte, blieb mir die Luft weg. Ich röchelte und drehte mich schnell zur Seite, um den wütenden Fußtritten, die nun folgten, zu entkommen. Vergeblich. Nach und nach schienen mein Rückenmark, meine Unterschenkeln und auch meine Leiste von Madge zerstört zu werden. Mein Körper brannte wie Feuer.. Schweratmend sank ich auf die Knie. Würde sie endlich von mir ablassen, wenn ich mich tot stellen würde?

Ein paar mehr Tritte und sie ließ mich endlich in Ruhe. Ich lag am Boden, meinen unsagbaren Schmerzen am Erliegen.

War es nun vorbei?

So schnell?

Mein Körper pochte. Ich wusste nicht, wie lange ich so dalag, vielleicht drei Minuten, vielleicht zehn. Ich konnte mich nur noch an das sanfte Beben des Bodens unter mir erinnern, bevor ich in die einpackende Dunkelheit glitt, die ich nun so gut kannte.


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Ich stöhnte, als mir jemand ins Gesicht schlug. »Wach auf, wir brauchen dich.« Die drängende Stimme gehörte Rory. Ich öffnete die schweren Lieder und versuchte, mich zurechtzufinden. Ich lag immer noch am Boden, alles an mir schmerzte. Jemand packte mich gewaltsam und riss mich auf die Beine. Ich musste mich bemühen, nicht wieder umzukippen.

Ich hob den Kopf und sah mich um. Der selbe Boden, die selbe Lichtung. Ich musste kurz ohnmächtig geworden sein.

»Wo... « Mein Hals kratzte beim Sprechen. Ich wandte mich Rory und Gale zu, die neben mir standen. »Es gab ein Erdbeben. Das erkennt man an den umgestürzten Bäumen da drüben.« Gale deutete in die Ferne. »Du bist ohnmächtig geworden. Madge und die Mutation sind verschwunden.« Ich fragte mich, wie er zwei kämpfende Tribute aus den Augen verloren hatte, sagte aber nichts, zumal ich auch nicht mehr geschafft hatte als in Ohnmacht zu fallen.

»Und jetzt?« Ich blickte Rory und Gale nacheinander an.

Rory zuckte mit den Schultern. Gale reagierte nicht mal. Er hatte sich schon abgewandt, um den Boden nach was auch immer abzusuchen.

»Das kann doch nicht euer Ernst sein! Wir haben Madge verloren!« Ich packte Gale am rechten Arm,es war das erste Mal, dass ich ihn freiwillig berührte. Er machte mir Angst. »Bitte. Madge ist vielleicht noch am Leben. Wir müssen sie zumindest suchen.« Ich sah ihn flehend an. Er hatte Madge und mich nie sonderlich gemocht, das wusste ich, weil meine Schwester mir von ihm erzählt hatte. Er fand es ungerecht, dass ich und Madge in Wohlstand lebten, während er und Rory sich oft sorgen mussten, ob sie und ihre Familie den nächsten Tag überhaupt überlebten. Madge und ich lebten als Kinder des Bürgermeisters in einem Haus in dem Teil Distrikts 12, der noch einigermaßen erträglich war. Die Hawthrones lebten im Saum, im Armenviertel, und obwohl ich noch nie dort gewesen war, wusste ich, dass einer der wohl schlimmsten Teile Panems war. Ich hatte keine Ahnung vom Jagen, oder mir je viel Gedanken über unser Essen gemacht, und das verabscheute er. Ich lebte im Wohlstand, obwohl ich es gar nicht verdient hatte.

Die Tribute von Panem-Der Gesang der NachtigallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt