Nur ein Moment

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„Nur noch einen Moment."

Es war unangenehm kalt und klamm und der Regen durchnässte ihr Haar und doch wünschte sie dieser Moment könne ewig andauern.
Sie liebte es Rena Rouge zu sein.
Eine Heldin mit Superkräften. Eine sexy Heldin mit Superkräften.
Jedes Mal fiel es ihr schwer diese Macht wieder aus den Händen zu geben. Doch sie hatte ihre Pflicht erfüllt, der Akuma war besiegt, Paris wieder in Sicherheit und Ladybug und Cat Noir warteten nur noch auf sie, um mit ihrem Miraculous zu verschwinden. Und weil den beiden großen Helden Paris' nicht mehr viel Zeit blieb ehe sie sich zurückverwandeln würden, hatte sie nur noch einen winzigen Moment als Rena Rouge.

„Ich kann mir vorstellen, wie schwer dir das fallen muss", riss sie die überraschend sanfte Stimme von Cat Noir aus ihren Gedanken und sie setzte ein schiefes Lächeln auf.

„Ach, ist das so? Du wirst von deiner Lady schließlich nicht an der kurzen Leine gehalten", warf sie ihm amüsiert vor und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Ist nur zu deinem Besten", meinte Cat mit einem hilflosen Lächeln und beschwichtigend gehobenen Händen.

„So etwas müsst ihr wohl sagen um mich bei der Stange zu halten, falls ihr mich doch nochmal brauchen solltet", zuckte sie bloß die Achseln.

Darauf wusste der Kater nichts mehr zu sagen und folgte stattdessen etwas verloren ihrem Blick über die Seine, die in der nächtlichen Dunkelheit kaum auszumachen war. Das schlechte Gewissen war ihm deutlich anzusehen, als er auf seiner Lippe herumkaute. Unruhig verlagerte er sein Gewicht von einem aufs andere Bein und rang sichtlich mit den nächsten Worten. „Soll ich dir etwas verraten?", schien er diese schließlich gefunden zu haben. „Anfangs dachte ich, ich wäre etwas Besonderes, weil ich Cat Noir bin. Aber dann hab ich begriffen, dass ich nicht mehr als das Kostüm ablege. Gewissermaßen bleibe ich Cat Noir. Und ein Held. Und..."

„...und verliebt in Ladybug?", ergänzte Rena mit einem wissenden Grinsen, das ihren Kollegen kurzzeitig aus dem Konzept brachte. Verlegen kratzte er sich am Hinterkopf.

„Du bist wirklich ein schlauer Fuchs."

Ihr Lächeln wurde sanfter. „Danke, Cat Noir. Ich weiß deinen Trost zu schätzen. Die Macht des Miraculous...fühlt sich einfach unglaublich an. Nicht nur, dass wir diese unglaublichen Kräfte haben und Paris und die Menschen beschützen. Wir können einfach ganz wir selbst sein. Ich glaube schon, dass wir einen Teil von uns mit dem Kostüm ablegen."

„Nein, also das kann ich nicht bestätigen", winkte er großzügig ab. „Ich bin immer zu einhundert Prozent Cat Noir! Mit oder ohne spitzen Ohren!" Doch Rena wusste es besser und dieses Wissen erfüllte sie mit zwiegespaltenen Gefühlen. Sie konnte nicht Rena Rouge und gleichzeitig Marinettes beste Freundin sein.

„Tja...ich fürchte, es wird jetzt wirklich Zeit...", durchbrach Cat schließlich widerwillig die unangenehme, einsetzende Stille.

„Ist schon okay."
Verwundert hob er die Brauen, als sie sich schwungvoll zu ihm umdrehte und ihm wieder ein breites Lächeln schenkte. Schneller als er reagieren konnte hatte sie den wenigen Abstand zwischen ihnen überwunden, legte ihm eine Hand auf die Brust und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Ihre Lippen berührten fast sein Ohr, als sie noch leise hinzufügte: „Vielleicht ist es besser das alles abzulegen."

„Wie meinst du...?"

Sie unterbrach ihn mit einem frechen Zwinkern und schritt lässig zum Häuserblock, in dem sie sich verwandeln und ihr Miraculous zurücklassen würde. Eine Antwort blieb sie ihm schuldig, aber sie war sich ziemlich sicher, dass es nicht ihre letzte Gelegenheit für ein Pläuschchen sein würde.
Wenn auch nur zeitweise – sie war Rena Rouge.
Rena Rouge war Alya Césaire.

Miraculous one shotsOù les histoires vivent. Découvrez maintenant