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- 28. AUGUST 1990 -

[Jungkook]

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„Was ist das? Was passiert hier gerade?", fragte ich mein Gegenüber, aber eigentlich war es auch eine Frage, die einfach so aus mir herauskam, als ich sah, was gerade draußen, außerhalb des kleinen Cafés in dem ich saß, passierte. Jimin stand, genauso wie ich, augenblicklich auf, als der Boden plötzlich anfing zu beben und lange zögerten wir nicht, dachte es sei ein Erdbeben oder Ähnliches, weshalb wir uns sofort schon unter den Tisch versteckten wie auch die paar anderen, die hier mit uns in dem Café waren, taten, schreiend und nach Hilfe rufen, instinktiv, denn keine wusste, was gerade geschah.

Vereinzelt bröckelte die Decke auf uns herab, ein wenig Staub der zu Boden fiel und einige, kleine Teile des Betons, aus dem das Gebäude gebaut war. Dann wurde es ruhig, es war erst die Ruhe vor dem Sturm, nur dachte ich, es sei schon die Ruhe nach dem Sturm, weswegen ich, sobald der Boden nicht mehr wackelte, die Gläser nicht mehr klimperten und auch die Tische sich nicht mehr verschoben, anfing aus meinem kleinen, eigentlich sicheren, Versteck herauszukrabbeln. Auch Jimin tat dies, folgte mir ganz dicht, denn was es auch war, durfte uns, zwei auf Lebenszeit beste Freunde, niemals trennen, wieder dachte ich so, aber die Realität war anders.

Der Bis eben noch so sonnige Tag verwandelte sich, es wurde dunkler, draußen sah es nach Nebel aus, aber ich erkannte, dass es Staub und dreck sein mussten, die sich zusammengetan hatten und durch die Luft flogen, dafür sorgten, dass kaum an Sonnenlicht zu uns durchdrang. Somit hatten wir nur das Licht der Lampen hier in dem Café, welche angepasst an die restliche Ausstattung hier, eine türkise Farbe trugen und sich in den eigentlich klaren Gläsern spiegelten, aus denen man kaum noch etwas sehen konnten, so dicht wie der Staub in der Luft war. So blieb es, es schien nicht zu vergehen und keiner konnte es sich erklären, niemand verstanden es, nicht eine einzige Person von all den Leuten, die sich mit meinem besten Freund, der für mich war wie ein Bruder, und mir hier befanden. Allesamt schauten wir nur zu diesen Fenstern und warteten darauf, dass die Luft wieder klar werden würde, keiner auch nur einen Mucks von sich geben, wahrscheinlich gerade alle die Luft anhaltend, denn man hörte wirklich nichts.

Dann aber passierte doch endlich etwas, ja, es wurde ein wenig heller, es kam schwaches Licht durch diese dichte Wolke aus Staub hindurch, aber es war auf keinen Fall das Licht der Sonne, die uns an dem heutigen Spätsommertag eigentlich noch so viel Wärme gegeben hatte, nein. Es war künstliches Licht, vielleicht das Licht eines Fahrzeuges, welches hier gerade vorbeizog, aber nicht blieb, uns nicht sah, also wohl auch nichts besonderes. Es war aber doch nicht so unwichtig, wie ich noch zu denken pflegte, und es sah uns wohl auch, wie auch immer das passieren konnte, durch diesen dichten Staub, der aussah wie Nebel. Das nicht zeigte nun nämlich zu uns, das erkannte ich ganz genau, und dann sah ich auch einzelne Schatten, nur Silhouetten von Männern, denn es waren breite, große Schatten, die auf uns zukamen, mithilfe des Lichtes. Von draußen sah mal wohl mehr, schließlich hatten wir hier das Licht des Cafés.

„Glaubst du es war ein Erdbeben und die kommen, um uns zu retten?", fragte Jimin leise, welcher nun etwas näher an mich heran trat. Die Luft war heiß und stickig, der junge Mann redete nur ganz leise mit mir, fast schon zu leise, als dass ich ihn richtig, verstehen konnte. „Jungkook ich habe dich was gefragt", meinte der Blondhaarige nun und tippte mich leicht an, aber ich war viel zu fokussiert und neugierig darauf, was draußen gerade passierte, als dass ich meinem besten Freund eine angemessene Antwort geben konnte. Nur ein leises „Halt den Mund" entkam mir.

Und dann war es zu spät.

Innerhalb eines Wimpernschlags und eines nur kurzen Atemzuges passierte vieles, einfach alles, wovor man sich nur überhaupt fürchten konnte. Es war so laut, das Glas zersprang, Sachen flogen umher und ich hörte wieder Geschrei, das Licht ging aus, ich konnte mich nicht noch länger auf den Beinen halten, denn mit traf etwas am Arm, dass mich verletzte und dafür sorgte, dass ich zu Boden fiel, aus dem Unterbewusstsein handelte und einfach wieder unter den Tisch krabbelte. Der Staub von draußen bahnte sich seinen Weg durch die zerbrochenen Fenster hinein in das Café, machte die Luft schwerer zum Atmen, verschlechterte meine Sicht, aber noch konnte ich genug sehen, um zu erkennen, wie Jimin dort stand, wie eingefroren, in einer Starre und keinen Zentimeter bewegend, hinder ihm an der Wand, welche hinter dem Tresen stand, schwarze Löcher, wie Schusslöcher, aber ich glaubte nicht daran, dass es welche hätten sein können, bis Jimin sich dann aber doch bewegte. Immer und immer wieder, wie in einem wirklich merkwürdigem Tanz zog er erst die eine Schulter zurück, dann die andere wieder, eher er sich zusammen krampfte und einfach zu Boden fiel, ohne sich mit seinen Händen abzustützen oder weiteres, gerade Wegs, umfallend wie ein Objekt, aufprallend und dabei ein wenig von dem Staub und Schmutz aufwühlend, der sich bereits auf dem Boden abgesetzt hatte.

life so changed ᵛᵏᵒᵒᵏ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt