„Er ist in meinen Armen gestorben."

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Samstag: 23. März 2019

Ganze drei Tage ist es jetzt her, dass Samet unseren gemeinsamen Abend vermasselt und Beyza ihren Bruder angeschrien hat. Zwischen Beyza und ihrem Bruder herrscht noch immer Funkstille. Beyza sperrt sich zu Hause in ihrem Zimmer ein, wenn sie keine Uni hat und Samet geht wieder lange arbeiten. Sogar solange, dass ich schon im Bett liege, wenn er Heim kommt. Natürlich schlafe ich nicht, wenn er sich neben mich legt, sondern warte immer bis er mich auf die Stirn küsst, als wolle er sich entschuldigen, denn ich auch ich rede nicht wirklich mit ihm. Eymen und meine Schwiegermutter haben nur die Augen verdreht, weil die beiden Samet wohl nicht anders kennen, aber bei Beyza habe sie die Augen weit aufgerissen. Bei ihr waren sie es nicht gewöhnt. Beide waren aber einverstanden, dass sich keiner zwischen Bruder und Schwester einmischt.

Gähnend gehe ich die Treppen herunter, wo ich auf dem halbem Weg Beyza begegne, die aus ihrem Zimmer kommt. Betrübt folgt sie mir die Treppen herunter. Den ganzen Tag ist sie in ihrem Zimmer und lernt wie verrückt für die Uni, weil sie so viel aufholen muss. Jetzt erst um 20 Uhr kommt sie aus ihrem Loch gekrochen. Ich war den ganzen Tag ebenfalls zu Hause und habe mir die Zeit vertrieben. Wir beide betreten das Wohnzimmer, bleiben aber verwundert stehen, als wir Samet vor der Balkontür stehen sehen, mit dem Rücken zu uns gedreht, beide Hände hinter seinem Rücken verschränkt. Ungewöhnlich ihn schon um diese Uhrzeit hier zu sehen, auch wenn heute Samstag ist. Eymen und meine Schwiegermutter sitzen auf dem Sofa und schiene ebenfalls verwirrt zu sein.

„Abi, geht es dir gut?", fragt Eymen ihn, doch gibt er keine Antwort. Beyza verdreht ihre Augen und wollte schon die Treppen wieder hochsteigen.

„Bleib stehen, Beyza!", hören wir doch noch von Samet, laut und deutlich, weil es zu still hier im Wohnzimmer ist. Genervt dreht sie sich wieder zu ihm um. Gespannt sehen wir alle zu Samet, der sich langsam umdreht. Wie immer erkennt man keine Regung in seinem Gesicht, doch seine Augen dagegen sprechen viel zu viel. Sie strahlen eine Trauer aus, die mir das Herz bricht. Der Streit geht ihm doch sehr nahe, als von uns gedacht. Dass seine Schwester ihm gesagt hat, dass sie ihn hasst, hat ihm gar nicht gefallen und sogar verletzt. Mit ernster Miene betrachtet er seine kleine Schwester, die seinen Blick erwidert. Die Spannung zwischen den beiden kann man förmlich spüren.

„Seit du ein kleines Mädchen warst, wollte ich nur, dass du glücklich wirst, Beyza. Ich habe lange über deine Worte nachgedacht und auch über die von diesem Bastard.", genervt holt er selber Luft und spannt seinen Körper an. „Ich wollte dir immer einen Mann aussuchen, der passend für dich ist, aber..."

„Aber was?", hakt Beyza erwartungsvoll nach und schaut ihn auffordernd an.

„Aber wenn du nur mit ihm glücklich werden kannst, dann soll er kommen und um deine Hand anhalten."

Ein paar Minuten herrscht eisige Stille um uns herum. Wir alle versuchen Samets Worte zu verstehen, als hätte er chinesisch gesprochen. Die Erste, die sich regt, ist Beyza. Ein breites Lächeln erscheint auf ihren Lippen.

„Danke."

Auch ich lächele leicht und sehe auf einmal in Samets Gesicht so etwas wie Unsicherheit aufblitzen. Es war nur ein kurzer Moment gewesen, aber ich habe ganz genau gesehen, wie er Beyza angeschaut hat. Leicht stupse ich Beyza an und deute leicht auf Samet, damit sie irgendetwas macht. Traurig schaut sie ihren Bruder an und geht etwas unsicher zu ihm. Betrete schaut sie vor ihm auf den Boden.

„Abi, es tut mir leid, was ich zu dir gesagt habe. Ich war nur so sauer auf dich und...", weiter kommt sie nicht, denn Samet zieht sie einfach in seine Arme und drückt sie fest gegen seine Brust. Schluchzend krallt sich Beyza an sein Hemd, während Samet ihr sanft durch die Haare fährt.

Blue DiamondsWhere stories live. Discover now