Phillies Geschäfte

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Das Gebäude gegenüber war schon seit Tagen leergeräumt, die Lichter aus, die Türen geschlossen. Nur die Rollläden waren noch halb offen, als würden sie darauf warten, dass auch sie jemand schloss. Es sollte verkauft werden, doch bisher hatte sich noch niemand gefunden; hier, mitten in der Stadt.

Nicole trug das enge, rote Kleid, das sich fürchterlich mit ihren Haaren biss und ihr viel zu kurz war, doch John mochte es und so trug sie es weiterhin. Sie seufzte, drehte den Geldschein zwischen ihren Fingern. Er war echt, da war sie sich sicher. So viel Geld und es war echt, es war alles echt. John sagte, es würde bald mehr geben.

Das Phillies war geschlossen, doch sie beide waren noch da; dann noch der Mann an der anderen Ecke des Tresens und Rob, der hier arbeitete. Rob hatte ein hässliches Gesicht und einen hässlichen Charakter, doch den hatte John auch und sie verstanden sich gut, redeten über die steigenden Preise. Bald würde der Fremde reinkommen, der im Schatten hinter der Straße lauerte und sie beobachtete.

Sie saßen im Phillies, hell erleuchtet unter den künstlichen Lampen, die ihre Schatten riesengroß auf die Straßen warfen. Sie drehte weiterhin den Geldschein.

Johns und ihre Finger berührten sich fast, seine hielten eine Zigarette, an der er weniger zog, als dass er sie verglühen ließ. Sie hatte mit dem Rauchen aufhören wollen, schon lange, doch der Rauch quoll ihr angenehm benebelnd in die Nase. Sie wollte ihre Hand bewegen, sie auf Johns legen, ihm sagen, er solle auch aufhören. John würde sie ansehen, die Zigarette in die Tasse werfen und sich spätestens beim Eintreffen des Fremden eine neue anzünden. Nicole wollte mit dem Rauchen aufhören, doch die Tassen waren leer und der Kaffee getrunken, der Geruch verflogen und so gab es nur den Rauch, der ihr in die Nase kroch.

Sie sah hoch, sah, dass der Mann am Tresen immer noch da war und dass sich der Fremde kein Stück bewegt hatte. Sie sah weg.

Bald würde der andere Mann gehen und der Fremde kommen. John würde die nächste Zigarette anzünden, Rob würde mit der Arbeit aufhören. Der Fremde würde kommen und dann hätten sie das Geld. Dann hätten sie das Geld und wären weg von hier. Gott, wie sehr wollte sie weg von hier.

Rob war ein Fünftel des Geldes versprochen, dafür, dass sie hier waren und hier den Deal machten, dass sie noch eine Nacht hierbleiben würden und dann weg wären. Rob würde mehr haben wollen, John würde es runterhandeln und Rob würde ein Viertel des Geldes bekommen.

Sie drehte den Geldschein nochmal in den Händen, faltete ihn zusammen, steckte ihn ein. Der andere Mann stand auf, ließ ein wenig Geld auf dem Tresen. Der Fremde stand hinten im Schatten, wartete. Die Tür ging auf, fiel zu. Dann setzte er sich in Bewegung.

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Ist im Kunstunterricht entstanden als wir über eines der Bilder von Edward Hopper (1882-1967) einen Text schreiben sollten, das oben heißt Nighthawks. Er hat allgemein sehr viel über zwischenmenschliche Beziehungen gemalt, hoffe es gefällt euch :)

pieces, fragments & morselsWhere stories live. Discover now