Sturm

8 1 2
                                    

Sturm.
Schwere Regentropfen prasseln auf die matschige Erde, verwandeln sie in eine Woge braunen Schlammes.
Sturm.
Der Wind weht, zerrt an den kargen Bäumen, an den toten Blättern, die sich verzweifelt an die Spitzen der Äste klammern und sich doch nicht halten können, abgerissen werden. Der Wind trägt sie fort, einem ungewissen Ziel entgegen.
Ich laufe, folge den Blättern.
Sturm.
Die grauen Wolken ziehen sich bedrohlich zusammen, schirmen mich vor der Sonne ab.
Ich weiß nicht, wo sie ist.
Ich weiß nicht, wo ich bin.
Blitze zucken, und alles wird in Licht getaucht. Es spiegelt sich in den Blättern, im Boden, überall. Dann wieder Dunkelheit.
Sturm.
Ich habe keine Angst. Der Donner ist ohrenbetäubend, der Wind schneidend.
Ich habe keine Angst. Der Regen drückt die Blätter zu Boden, die Grashalme, nichts lebt, alles versteckt sich. Ich laufe weiter.
Der Regen ist nur Wasser, der Wind nur Luft, die Blitze nur Licht.
Ich stolpere über eine Wurzel, rutsche aus, falle hin, bleibe liegen. Die Erde sinkt in meine nasse Kleidung, meine Haare. Ich zittere, aber mir ist nicht kalt.
Von hier unten sieht es noch schöner aus, es ist nicht so laut und ich rieche die Erde.
Sturm.
Ich stehe auf, stütze mich an der Rinde eines Baumes ab, der Schlamm an meinen Fingern gräbt sich in die Rillen. Ich laufe weiter.
Der Regen kann mich mal. Ich will auflachen, aber der Ton bleibt mir im Hals stecken. 
Wenn der Himmel mich zur Strecke bringen will, braucht es schon mehr als Tropfen, Luft, Licht.
Sturm.
Und so schleppe ich mich weiter. Weg vom Unwetter oder mitten hinein. Ich weiß es nicht. Ich laufe, folge den Blättern.

Wörter: 275

pieces, fragments & morselsWhere stories live. Discover now