2. Kapitel

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Wir fahren jetzt schon mindestens eine Stunde. Die ganze Zeit über starre ich aus dem Fenster und beobachte die vorbei sausende Landschaft.

Baum. Schild. Baum. Baum. Baum. Busch. Laterne. Haus.

Uh ein Haus. Etwas neues. Wir fahren mittlerweile tatsächlich in einer Stadt umher.
Ich beobachte die Menschen, die an den Gehwegen umher laufen. Sehr interessant. Ich beobachte gerne andere Menschen. An deren Verhalten kann man schon vieles über den Charakter aussagen. Und verschafft einem oftmals einen Vorteil.
Zwar bringt mir das nichts, da ich nur ein 20 jähriges Mädchen bin, das Online Medizin studiert, weil sie ihre Stiefmutter nicht in eine Uni gehen lässt. Deswegen ist das Menschen Beobachten ein guter Zeitvertreib für mich geworden.

"Wieso bist du so abweisend?", Cole blickt mich ehrlich interessiert an. Beinahe wäre mir ein ironisches Lachen entwichen, aber ich konnte mich gerade noch zurück halten.
Mit einer neutralen Miene blicke ich ihm in seine grünen Auge. "Bin ich denn abweisend?", stelle ich ihm eine Gegenfrage. In meiner Stimme erkennt man keinerlei Emotionen.

Das habe ich mir vor einigen Jahren selbst angeeignet. Da ich es Leid war, dass jeder Mensch mir meine Trauer vom Gesicht ablesen konnte. Ich wollte nie Mitleid, will ich immer noch nicht. Deshalb bin ich froh, dass ich ein gutes Poker Face besitze.

"Ja, ich finde schon, dass du abweisend bist."

"Und wieso denkst du, dass ich so bin?"

"Ich weiß nicht, deshalb frage ich doch. Beantwortest du eigentlich jede Frage mit einer Gegenfrage?"

Darauf erwidere ich nichts mehr, da ich bemerkt habe, dass die Limousine gerade eingeparkt hat. Bevor irgendwer die Chance hat mir die Tür zu öffnen, habe ich es schon selbst getan.

Ich stehe vor einem großen luxiorösen Hotel. Wahrscheinlich will Cole, dass ich ihm da hinein folge, da er schon etwas voraus gegangen ist. Aber wer bin ich, das ich ihm folge.

Ich wende mich einfach nach links und gehe den Bürgersteig hinunter. Da ich mir nichts vor mache, das man mich finden würde, setze ich mich kurzer Hand in ein gemütliches Café. Ich suche mir einen Fensterplatz aus, damit man später nicht sagen kann, ich hätte mich versteckt. Bei der Bedienung bestelle ich mir eine Heiße Schokolade und einen Schoko Muffin, dazu noch ein Glas Wasser. Das Wasser ist zwar nicht für mich, aber für die Person, die mich findet. Es dauert nicht lange, da kommt die Bedienung schon mit meiner Bestellung. Zum Glück gehe ich nie ohne Geld aus dem Haus und da ich immer noch meine Tasche über meiner Schulter habe, kann ich auch bezahlen.

Der Muffin schmeckt einfach grandios und auch mein Heißgetränk lässt keine Wünsche übrig. Während ich mein Getränk genieße schaue ich aus den Fenster neben mir und es dauert nicht lange, da entdecke ich auch schon Cole, der gestresst neben einem anderen Mann umherrennt und versucht den Unbekannten zu beruhigen. Da ihm die Wut direkt ins Gesicht geschrieben steht.

Da ich nicht will, dass Cole wegen mir Ärger bekommt, klopfe ich einmal laut an die Fensterscheibe und ernte somit die Aufmerksamkeit aller Passanten, auch die der beiden Männer.
Im Coles Gesicht erkennt man die Erleichterung, aber bei dem anderen Mann ändert sich nichts.

Während die beiden das Café betreten habe ich genug Zeit, den fremden Mann zu mustern. Er ist groß, muskulös und besitzt ein schönes Gesicht mit markanten Gesichtszügen. Vollen Lippen und graue Augen, die sich in meine bohren. Er hat schwarze Haare, die ungestylt auf seinem Kopf ruhen.

Innerhalb weniger Sekunden kommen beide Männer an meinem Tisch an. Mit einer Handbewegung bedeute ich ihnen sich zu setzen. Der fremde Mann kommt dem nach, aber Cole verlässt das Café wieder.

Ich schiebe das Wasserglas über den Tisch zu dem fremden Mann, der mich wie hypnotisiert anstarrt. Langsam wird es mir unangenehm, da ihn eine dominante Aura umgibt.

"Das habe ich für denjenigen mit bestellt, der mich findet. Also lass es dir schmecken."
Danach wende ich meinen Blick wieder dem Fenster zu und schlürfe an meiner heißen Schokolade.

"Wieso bist du abgehauen? Warum bist du nicht mit meinem Cousin mitgegangen?", seine tiefe Stimme jagt wohlige Schauer über meinen Körper. Verwirrt über meine Reaktion ihm gegenüber trinke ich noch einen Schluck und blicke erst dann auf.

"Wenn ich abgehauen wäre, hättet ihr mich nicht so schnell gefunden, dann würde ich auch nicht in einen Café sitzen und euch auf mich aufmerksam machen.", meine ich neutral.

Bevor er weiter sprechen kann, fällt mir etwas entscheidendes ein. "Du bist also Alec, der Idiot, der mich wie einen Gegenstand behandelt." Meine Stimme klingt immer noch neutral, obwohl ich ihn am liebsten anschreien möchte.

Wieder unterbreche ich ihn, bevor er anfängt zu reden, indem ich aufstehe, ihm noch schnell mitteile, dass ich schon bezahlt habe und dann das Café verlasse.

Mit schnellen Schritten gehe ich erneut den Bürgersteig entlang und drücke mich zwischen den Passanten durch. Aber ich komme nicht weit, denn nach nicht einmal einer Minute werden meine Beine vom Boden gerissen und mein Körper über eine Schulter gehievt. Es bringt nichts sich zu wehren, denn entweder würde ich mich nur selbst verletzen oder es passiert überhaupt nichts.

Also genieße ich stillschweigend die Aussicht auf einen wohlgeformten Knackarsch, der in einer schwarzen Anzugshose steckt.

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